Islamabad - Vergewaltigung soll in Pakistan künftig nach dem weltlichen Strafrecht statt des islamischen Rechts geahndet werden. Das Unterhaus des Parlaments stimmte am Mittwoch einer innenpolitisch umstrittenen Gesetzesänderung zu, die allerdings noch vom Oberhaus gebilligt werden muss. Demnach können Gerichte ihre Urteile künftig auf Basis von Indizien und Beweisen fällen.

"Historisches Gesetz"

Die nach islamischen Recht erforderliche Nennung von vier männlichen Zeugen soll entfallen. Pakistans Ministerpräsident Shaukat Aziz sprach vor dem Unterhaus von einem historischen Gesetz, das den Frauen Rechte zugestehe und dabei helfe, Exzesse gegen sie zu verhindern.

Ermunterung zu freiem Sex

Das so genannte Gesetz zum Schutz der Frau war heftig zwischen konservativen Muslimen und progressiveren Kräften Pakistans umstritten. Die Initiative galt als Gradmesser für eine von Präsident Pervez Musharraf ausgerufene, gemäßigt aufgeklärte Politik in dem überwiegend muslimischen Land. Islamistische Abgeordnete boykottierten die Parlamentsabstimmung und sprachen von einer Ermunterung zu freiem Sex. Mit der Gesetzesänderung würde die Geltung der so genannten Hudood-Gesetze deutlich eingeschränkt. Nach diesem islamischen Recht droht Vergewaltigungsopfern die Strafverfolgung wegen Ehebruchs, wenn nicht vier männliche Zeugen den Übergriff bezeugen können.

Zusatzantrag: Außerehelicher Sex unter Strafe

In einem offenkundigen Zugeständnis an die Konservativen wurde kurz vor der Abstimmung ein Zusatzantrag eingebracht, nach dem Sex außerhalb der Ehe mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft wird. Außerehelicher Geschlechtsverkehr war allerdings auch schon zuvor unter einem Gesetz gegen den Ehebruch ein Straftatbestand. (APA/Reuters)