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Foto: AP/Jin-Man
London/Göttingen - Wie schnell breitet sich eine Seuche in unserer durch moderne Verkehrsmittel stark vernetzten Welt aus? Diese Frage treibt Forscher wegen der möglicherweise bevorstehenden weltweiten Vogelgrippen-Epidemie um. In der britischen Wisssenschaftszeitung "Nature" veröffentlichten Forscher aus Deutschland und den USA nun ein Modell, das menschliches Reiseverhalten - und damit die Verbreitung von Viren und Bakterien - auf Basis der "Wanderungsbewegungen" von Dollar-Noten vorhersagen soll. Sie sehen einen Durchbruch bei der mathematischen Vorhersage einer Seuchenverbreitung.

Beschleunigte Verbreitung

Infektionskrankheiten verbreiten sich durch die Bewegung von Menschen von Ort zu Ort. Historische Epidemien entwickelten sich nur langsam über weite Gebiete: So dauerte es während der großen Pest im 14. Jahrhundert etwa drei Jahre, bis der europäische Kontinent von Süden nach Norden erfasst wurde. Im Schnitt verbreitete sich die Krankheit damals mit einer Geschwindigkeit von zwei Kilometer pro Tag. Angesichts moderner Verkehrsmittel wie Auto, Bahn oder Flugzeug können sich Menschen heute viel schneller und mal über kurze, dann wieder über extrem lange Strecken fortbewegen.

Bisher sei es wegen dieser unterschiedlich schnellen und weiten Fortbewegung schwierig gewesen, Gesetzmäßigkeiten des Reiseverhaltens zu finden, schreiben die an der Studie beteiligten Forscher des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation, der Universität Göttingen und der Universität von Kalifornien. Als Ausweg verfolgten sie die Wanderung von Geld, das sich wie Viren oder Bakterien mit dem Menschen fortbewegt.

Hilfreiches Spiel

Dazu griffen die Forscher auf Daten des populären Internet-Spiels www.wheresgeorge.com zurück, bei dem Teilnehmer Seriennummern von Dollar-Noten eingetragen können. Dort sind laut Website inzwischen rund 76 Millionen Geldscheine registriert. Für einen Teil davon lassen sich die genauen Wanderwege nachvollziehen.

Darin erkannten die Forscher neue Gesetzmäßigkeiten, die dem menschlichen Reiseverhalten zugrunde liegen. Sie ähneln demnach Gesetzen für turbulente Strömungen und chaotische Systeme. Aus dieser Erkenntnis entwickelten die Forscher eine neue Theorie, "die erstaunlich genau Reisebewegungen auf Entfernungen von einigen wenigen bis einigen tausend Kilometern beschreibt". Sie seien "optimistisch, dass dies die Vorhersage der geografischen Ausbreitung von Epidemien entscheidend verbessern wird", sagt Theo Geisel, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. (APA)