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Aufgrund einer fehlerhaften Software zum Insassen-Management müssen im US-Bundesstaat Arizona offenbar hunderte Häftlinge länger in Haft bleiben als eigentlich vorgesehen. Obwohl das Problem intern bereits seit einem Jahr bekannt sein soll, habe es noch immer keinen Versuch gegeben, es zu beheben. Aufgrund desselben Fehlers befänden sich derzeit zudem eine Million Dollar in Besitz des Gefängnisses, die auf Treuhandkonten von Insassen überwiesen werden sollten, berichtete der Radiosender KJZZ unter Berufung auf mehrere Whistleblower.

Die Software namens Arizona Correctional Information System (ACIS) wurde von der IT-Firma Business & Decision North America im Auftrag der Strafvollzugsbehörde installiert. Erstmals zum Einsatz kam sie 2019. Unter anderem ist das System dafür verantwortlich, die Entlassungsdaten aller Insassen zu berechnen. Allerdings soll die Software nicht in der Lage sein, eine Gesetzesänderung aus demselben Jahr zu berücksichtigen. Laut dieser können nämlich Häftlinge, die für nichtgewalttätige Straftaten verurteilt wurden, an Programmen zur frühzeitigen Entlassung teilnehmen.

Händische Berechnungen

ACIS sei jedoch weder in der Lage, qualifizierte Häftlinge zu erkennen, noch deren Entlassungsdatum zu errechnen. "Wir wussten von Anfang an, dass das nicht funktionieren wird", soll ein Informant gegenüber KJZZ gesagt haben. Derzeit sind Mitarbeiter deshalb dazu gezwungen, Überprüfungen händisch durchführen. Laut Bill Lamoreaux, Sprecher der Strafvollzugsbehörde, gibt es derzeit 733 Insassen, die ein Anrecht auf entsprechende Programme hätten, aber an keinem teilnehmen. Ein weiteres Problem sei jedoch, dass die Software selbst bei teilnehmenden Insassen verhindere, dass die verdiente Zeit von der Strafe abgezogen wird, berichtet der Radiosender.

Update in Entwicklung

An einer Lösung werde allerdings schon gearbeitet, so Lamoreaux. Die Landesbehörde soll derzeit gemeinsam mit der verantwortlichen IT-Firma ein Update der Software entwickeln, mit dem auch die 2019 hinzugekommenen Entlassungskriterien mitbedacht werden können. In der Zwischenzeit müssen die Daten händisch berechnet und in das System eingetragen werden.

Die fehlerhafte Berechnung von Entlassungsdaten soll jedoch nur die Spitze des Eisbergs sein. Denn auch die Systeme zur Verfolgung des Gesundheitszustands, des Besitzes und von Gang-Zugehörigkeiten sollen fehlerhaft sein. "Wir haben Leute zusammen in eine Zelle gesperrt, obwohl sie in verfeindeten Gangs waren, weil wir es nicht wussten", soll ein Informant diesbezüglich gesagt haben.

Ungerechtfertigte Disziplinarmaßnahmen

Ein andermal soll fälschlicherweise eine Disziplinarmaßnahme in der Akte eines Häftlings eingetragen worden sein. Allerdings gab es keinerlei Möglichkeit, dies wieder rückgängig zu machen. Der Betroffene wurde also bestraft, obwohl er sich gar nichts hatte zuschulden kommen lassen.

Bei einer 2020 durchgeführten Überprüfung soll zudem festgestellt worden sein, dass die Behörden derzeit fast eine Million Dollar verwalten, die sich eigentlich auf Treuhandkonten von Häftlingen befinden sollten. Damals machten die Behörden den Umstieg auf die neuen Softwaresysteme dafür verantwortlich. Die Strafvollzugsbehörde streitet in einer Stellungnahme gegenüber KJZZ die Vorwürfe ab, dass Insassen zu lange festgehalten werden. Dass es Probleme mit der automatisierten Berechnung gebe, wurde hingegen bestätigt. (mick, 23.2.2021)