Kann ich mir aussuchen, welchen Impfstoff ich gerne hätte? Auch wenn Impfstoff in der EU noch länger ein knappes Gut bleiben wird, treibt diese Frage derzeit viele Menschen um. Erst Mitte Jänner betonte der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober, dass eine individuelle Wahl derzeit nicht möglich sei.

Anders war das kürzlich bei einer Online-Terminvergabe für Impfungen der Wiener Ärztekammer für ihre Mitglieder. Bei dieser konnten Ärzte am vergangenen Samstag sich selbst und ihre Mitarbeiter online für eine der zur Verfügung stehenden 2.000 Biontech- und 6.200 Astra-Zeneca-Teilimpfungen anmelden. Eine Auswahl zwischen Biontech und Astra Zeneca wurde jedoch nur für die Ärzte in der Anmeldemaske angegeben. Für die Mitarbeiter war nur der als weniger wirksam eingestufte und deutlich günstigere Impfstoff Astra Zeneca vorgesehen.

Zwar wurde Astra Zeneca mit einer Wirksamkeit von 60 Prozent durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen, da es allerdings in der Studie nicht genügend belastbare Daten für über 65-Jährige gab, gilt die Einschränkung, den Impfstoff bis auf weiteres nur jüngeren Menschen zu verabreichen.

"Nur Ärzte kriegen den Biontech"

Weil manche Ärzte die Zugangsdaten für die Onlineanmeldung zum Teil an ihre Mitarbeiter weitergegeben haben, damit diese sich selbst anmelden können, war für sie einsehbar, dass für sie – im Gegensatz zu den Ärzten – keine Impfstoffe zur Auswahl standen. Bei einigen Mitarbeitern sorgte das für Unmut. "Nur Ärzte kriegen den Biontech, und der Rest darf den Astra Zeneca bekommen … fast etwas diskriminierend", heißt es dazu im Chat in einer Whatsapp-Gruppe von verärgerten Mitarbeitern eines Physikalischen Instituts, der dem STANDARD vorliegt.

Thomas Szekeres, Präsident der Ärztekammer, kann diesen Unmut nicht nachvollziehen. Er bestätigt, dass sich Wiener Ärzte bei der Onlineanmeldung den Impfstoff aussuchen können, zumindest solange der Vorrat reicht. Ihre Mitarbeiter sind laut Szekeres in der Regel jünger und könnten daher bedenkenlos den Astra-Zeneca-Impfstoff nehmen.

Am Samstag bot die Wiener Ärztekammer ihren Mitgliedern die Wahl zwischen den zwei verfügbaren Impfstoffen – deren Mitarbeiter allerdings bekamen automatisch nur Termine für den als weniger wirksam eingestuften Astra-Zeneca-Stoff angeboten. Inzwischen ist wegen hohen Ansturms der Server unerreichbar.
Screenshot: Anmeldemaske Ärztekammer Wien

Warum die Wahlmöglichkeit dennoch nicht nur für Ärzte ab 65 Jahren gilt, sondern auch für die jüngeren unter ihnen, sei ihm unklar. Die Gefahr, dass so der Anschein einer Zweiklassenimpfung entstehen könnte, sieht er nicht gegeben, schließlich müsse sich niemand impfen lassen.

Anschein einer Zweiklassenimpfung

Aus dem Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) heißt es, man könne die Intention der Ärztekammer grundsätzlich nachvollziehen. Schließlich sei das Gesundheitspersonal ASVG-versichert und mit 65 Jahren ohnehin in Pension. Alle darunter würden Astra Zeneca verabreicht bekommen. Ärzte hingegen würden zu einem nicht unerheblichen Teil auch über 65 Jahren noch praktizieren. Für diese Gruppe komme nur der Impfstoff von Biontech infrage.

Das Vorgehen der Ärztekammer, allen Ärzten den Impfstoff zur Wahl zu stellen, widerspricht allerdings der Wiener Impfstrategie. Demnach will man so viele Astra-Zeneca-Dosen wie möglich im Gesundheitsbereich verimpfen. Ziel sei es, so viele Biontech-Dosen wie möglich für ältere und damit gefährdete Menschen freizumachen. Generell vertrete man im Büro des Gesundheitsstadtrats die Meinung, dass sich niemand den Impfstoff aussuchen dürfe.

Die erste Phase des nationalen Impfplans ist im Gange. Demnach sollen Personen, die besonders gefährdet sind, als Erste an die Reihe kommen – wie auch Heim- und Pflegepersonal und Mitarbeiter des Gesundheitsbereichs.
Foto: Gustavo Fring

Es ist nicht die erste Debatte, die sich um das Aussuchen von Impfstoff dreht: Erst vor wenigen Tagen forderten rund 50 niedergelassene Ärzte in Salzburg eine Impfung mit dem Impfstoff von Biontech, weil sie diesen für wirksamer halten. Die Landesregierung lehnte diesen Wunsch jedoch ab.

"Es gibt keine Gruppe, die sich den Impfstoff aussuchen kann", hieß es dazu von Landeshauptmann-Stellvertreter und Landesgesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) in der ORF-Sendung "Salzburg heute". Salzburgs Ärztekammerpräsident Karl Forstner hingegen äußerte Verständnis für seine Kollegen. "Es ist das Gefühl hier, nicht die Wertschätzung zu erhalten, die man verdient. Es ist auch nachvollziehbar, dass eine Ärzteschaft hier wirklich sauer ist", wird er dazu auf orf.at zitiert.

In Österreich verwendete und nach Altersgruppen zugelassene Impfstoffe.
Grafik: APA

(Maria von Usslar, 7.2.2021)