Ich will ja kein "Impfvordrängler" sein, aber über diesen Eingang im Postfach ist man dann doch froh: Die frohe Botschaft einer "Covid Pfizer/BionTech Impfstoffnosode" gelangt via Newsletter der Metatron-Apotheke in Wien Meidling zu mir. Das Mittelchen ist ab der Potenz C 30 erhältlich. Das beste aus zwei Welten. Hier die Welt der smarten Impfstoffhersteller Pfizer und Biontech und dort die natürliche Welt der homöopathischen Verdünnung. Kompetenz und Sanftheit, vereint und als zarter Hauch auf Zuckerkügelchen aufgetragen. 

Nur ein Schelm denkt Böses

Nosoden sind eine Spielart der Homöopathie. Dabei wird pathologisches Material aus Blut, Eiter, Krankheitserregern oder Krebszellen verdünnt - und zwar so weit, dass von der Substanz nichts mehr vorhanden ist. Die  Verdünnung ist - denkt man an die Ausgangsstoffe - das beruhigende an der Sache mit den Nosoden. Das beunruhigende: Die wirkstofffreien und wirkungslosen Mittel werden als Arznei angeboten. Die Apotheke stellt mit der Bezeichnung "Impstoffnosode" und mit Verweis auf die Impfstoffhersteller Pfizer und BionTech eine Alternative für eine Impfung zumindest in den Raum, denkt sich der Schelm. Der Pharmazeut Martin Sommergut von der Metatron-Apotheke denkt aber nicht wie ein Schelm. Der Newsletter sei nur für Ärzte und medizinisches Personal gedacht und die wüssten ja sicher, dass es keinen homöopathischen Impfstoff gibt, sagt er. Der Apotheker ist verwundert, dass die Werbung für die Impfstoffnosode in gar falschen Händen gelandet ist und beteuert, dass seine Apotheke einem Laien selbstverständlich und unmissverständlich auf den Kopf zusagen würde: Es gibt keinen homöopathischen Impfstoff.

Ein homöopathischer Impfstoff? Kann missverstanden werden vom Laien.
Screenshot Kreil, Newsletter Metatron Apotheke

Der "homöopathische Impfstoff" wird gerne zubereitet

Die Probe aufs Exempel ward gemacht. Eine Anfrage an die Apotheke, in der von einem offensichtlichen Laien wörtlich und dezidiert nach einem "homöopathischen Impfstoff von Pfizer und Biontech" für eine fünfköpfige Familie gefragt wird, beantwortet die Apotheke prompt: "In welcher Potenz dürfen wir es jeweils anfertigen?" Am nächsten Tag stünde es zur Abholung bereit. 

Der Kunde schreibt der Apotheke zurück: Die Potenz, die den besten Schutz vor der Krankheit bietet, solle gewählt werden. Erst jetzt lässt die Apotheke die Katze aus dem Sack: Die Impfstoffnosode sei nur dazu gedacht "etwaige Nebenwirkungen der Impfung auszuleiten". Das antwortet ein Pharmazeut aus der Apotheke. Der Laie ist jetzt skeptisch und fragt nach, was denn die "ausleitende Wirkung" belege. Der Apotheker Sommergut antwortet: "Es gibt Anwendungsbeobachtungen von Ärzten, dass solche Produkte die Verträglichkeit verbessern können." Was Evidenz und Wissenschaftlichkeit betrifft, da reden die Apotheke und ich ein klein wenig aneinander vorbei, so scheint es. 

Was fehlt, ist ein Disclaimer: ein reines Spaßprodukt

Die Apotheke hat in ihrem Newsletter, der just in meine falschen Hände gelangte, auf einen Disclaimer zur Impfstoffnosode vergessen. Mein Vorschlag würde so lauten: "Die Pfizer/Biontech Impfstoffnosode ist weder ein Ersatz für Impfungen noch leitet sie irgendwelche Nebenwirkungen einer Impfung aus. Bitte beachten Sie, dass es sich bei der Covid Pfizer/Biontech Impfstoffnosode  um ein reines Spaßprodukt handelt, dessen Wirkung Placebo nicht übersteigt und außerdem haben Pfizer und Biontech an den Mitteln so viel Anteil wie Holland an der Eiger-Nordwand." 

Homöopathischer Impfstoff: Klingt fake? Ist es auch.
Foto: REUTERS/Kim Kyung-Hoon

Die Apotheke ist mit den Engeln per Du

Die Metatron-Apotheke ist laut Webseite auf "Homöopathie, Spagyrik, Blüten u.a" spezialisiert. Im Webshop des Hauses findet man manch Kleinod aus der feinstofflichen Welt, zum Beispiel das Fläschchen "Lemuria" aus der Engellicht-Kollektion. Der 30-Milliliter-Sprühflakon kostet 22 Euro, die Produktinfo empfiehlt, sich das Engels-Destillat auf das Herz zu sprühen. Der zu erwartende Effekt hat es in sich: "Lässt den göttlichen Samen in uns erblühen", und: "Bringt Ruhe und Stabilität." Die Seminarangebote der Apotheke umfassen auch Vorträge zu "Metatron Engel Licht." Wir gehen davon aus, dass das Licht des Engels Metatron hell leuchtet, aber zunächst werden wohl rechtskundige Damen und Herren die Impfstoffnosode näher beleuchten. Eine Sprecherin von Pfizer gibt bekannt, dass man der missbräuchlichen Verwendung des Namens nachgehen wird. Die österreichische Apothekerkammer lässt die Sache von der Rechtsabteilung begutachten. (Christian Kreil, 28.1.2021)

Christian Kreil bloggt seit drei Jahren rund um Esoterik, Verschwörungsplauderei und Pseudomedizin. Am 15. Februar erscheint sein Buch "Fakemedizin".

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