Die Demoorganisatoren stellen sich nach eigenen Angaben "auf einen Protestfrühling ein".

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Wien – Mehrere Hundert Demonstranten sind am Dienstag trotz Lockdowns und bei eisigen Temperaturen dem Aufruf der Initiative "Bildung brennt" gefolgt und haben gegen die anstehende Novelle des Universitätsgesetzes (UG) und für einen freien Zugang zur Bildung demonstriert. In Linz hatten sich rund 200 Teilnehmer vor dem Landhaus versammelt, in Wien waren es bei einem Lokalaugenschein rund 800 und in Graz ein paar Hundert Menschen, in Innsbruck waren es laut Polizei 150.

In Wien haben sich bei der Kundgebung gegen 16 Uhr mehrere Hundert Menschen auf dem Minoritenplatz vor dem Bildungsministerium versammelt. Auf Plakaten und Transparenten fanden sich abgewandelte Klassiker der "Uni brennt"-Bewegung ("Bildung für alle – Sonst Krawalle") ebenso wie eine ironische Hommage an die Dissertation von Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher ("Die UG-Novelle sind die Seepocken an Unis"). Für die musikalische Untermalung sorgten unter anderem Märsche von einer Abordnung der Musik-Uni Wien.

Gleich zu Beginn haben sich die Demoorganisatoren von "Verschwörungsmystikern" distanziert, die im Internet ebenfalls zur Teilnahme an den Protestveranstaltungen aufgerufen hatten. Die Demonstranten trugen denn auch, wie von den Initiatoren aufgefordert, fast durchgehend Mund-Nasen-Schutz, Ordnerdienste stellten bei Bedarf zusätzliche Masken zur Verfügung.

Die Demoorganisatoren stellten MNS-Masken zur Verfügung.
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In Graz haben sich am Nachmittag ein paar Hundert Menschen für die Kundgebung auf dem Hauptplatz versammelt. Sie plakatierten unter anderem "Bildung stärken statt Bürokratie aufbauen" sowie "Mehr Bildung in der Politik, nicht andersrum". In Innsbruck gingen rund 150 Personen gegen die UG-Novelle auf die Straße. In Dornbirn waren laut Polizei nur fünf Personen dem Demoaufruf gefolgt.

In Linz haben bereits zu Mittag rund 200 Teilnehmer gegen negative Auswirkungen auf Studierende, Lehrende und die demokratischen Strukturen an den Unis demonstriert. Der Zug sollte sich im Lauf des Nachmittags noch über den Hauptplatz und die Nibelungenbrücke zum Ars Electronica Center nach Urfahr bewegen. Bei dichtem Schneetreiben machten sie vor allem akustisch auf sich aufmerksam, indem sie mit Töpfen, Deckeln und Kochlöffeln aneinanderschlugen.

In Wien fand die Versammlung auf dem Minoritenplatz vor dem Bildungsministerium statt.
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Mindestleistung

Am 15. Jänner endet die Begutachtungsfrist für den kritisierten Gesetzesentwurf. Zusätzlich zu dem österreichweiten Aktionstag hatte die von Studierenden und Lehrenden getragene Initiative unter dem Motto "Bildung darf nicht weiter prekarisiert werden" eine Petition gegen die geplante UG-Novelle gestartet, die bis Dienstagnachmittag knapp 23.000 Unterschriften zählte. Als besonders problematisch sehen es die Unterzeichner, dass Studienanfänger künftig in den ersten beiden Studienjahren eine Mindestleistung nachweisen müssen, dass die (von Professoren, Mittelbau, Studenten und allgemeinem Personal beschickten) Senate an Einfluss verlieren und gleichzeitig die Rektorate mehr Mitsprache bei den Studienplänen bekommen sollen.

Die Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), Sabine Hanger, distanzierte sich dagegen von den Protesten. Mitten im Lockdown sollten Studierende Vorbilder sein, so die Vertreterin der VP-nahen Aktionsgemeinschaft. "Stattdessen wird durch diesen Aktionstag das Vorurteil verstärkt, wir Studierende seien 'verantwortungslose Superspreader'." Lokale Hochschülerschaften unterstützen indes den Protest.

Hanger steht seit einigen Monaten an der Spitze einer Minderheitsexekutive in der Bundes-ÖH. Die aus linken Fraktionen bestehende Mehrheit in der ÖH-Bundesvertretung hatte sich nach diversen Rücktritten auf keine gemeinsame Kandidatur für den ÖH-Vorsitz einigen können.

"Bildung ist ein Recht, kein Luxus", stand auf einem Plakat.
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Eine ganz andere Position als Hanger nahmen viele lokale Hochschülerschaften ein, allen voran die ÖH an der Uni Wien. Sie riefen zur Teilnahme am Aktionstag auf. "Wir kämpfen als Gras für einen freien und offenen Hochschulzugang – die Novelle bewirkt jedoch das Gegenteil", kritisierte etwa die ÖH-Vorsitzende Hannah Lea Weingartner von den Grünen und Alternativen StudentInnen (Gras). Sie erwarte sich vom Bildungsministerium eine gründliche Überarbeitung der Novelle. Die Demoorganisatoren haben ihrerseits bereits weitere Aktionen in Planung: "Wir stellen uns auf einen Protestfrühling ein." (APA, red, 12.1.2021)