"Sie haben vor dem weißen Volk so große Angst, dass sie genau dieses weiße Volk ausrotten wollen." Da ist sich Jennifer Klauninger ganz sicher. Und weil Klauninger sich zum "weißen Volk" zählt, macht sie sich Sorgen. Die Bedrohung geht in ihrer Welt von Rothschild, Soros und "all diese korrupten Kriminellen" aus. Die gehören in der Völkerkunde Klauningers vermutlich nicht zum "weißen Volk." Und das führt uns zum "wie", zum Prozedere der großen, bevorstehenden Rassenrochade: Es sind natürlich die Impfungen, mit denen die Herren der Finsternis just den Völker an der Wiege der Kulturen der Neuzeit den Garaus machen wollen.

Eine Frau mit Sendungsbewusstsein und ohne falsche Bescheidenheit

Klauninger ist seit fast zehn Monaten eines der Aushängeschilder der heimischen Corona-Leugner-Szene. Ihre Auftritte sind rhetorisch von eher mediokrem Charakter. Das macht sie mit Selbstvertrauen und Sendungsbewusstsein wett. Berühmtheit erlangte sie mit dem Zerreißen einer Regenbogenfahne auf der Bühne bei einer Kundgebung in Wien. Sie ortete hinter Herzen auf der Fahne ein "Symbol von Pädophilen". Wer sich in Klauningers Youtube-Kanal umhört, der weiß: Vor dieser Frau zittern nicht nur Kinderschänder, Kanzler und Kabale, sondern auch die Wissenschaft. In einem ihrer Videos stellt die Zahnarzthelferin ohne falsche akademische Bescheidenheit fest: "Ein Virus wurde noch nie nachgewiesen und die Koch'schen Postulaten wurden noch nie angewendet." An anderer Stelle appelliert sie an die Eltern, die Kinder nicht via Impfung zur Schlachtbank zu führen: "Ihr seid nicht Mama und Papa geworden, um Eure Kinder impfen zu lassen, dass sie sterben oder schwer behindert sind."  

Klauninger wettert gegen Rothschild, Gates, Ausländer, und und und.
Foto: APA/HANS PUNZ

Bei uns sind die Frequenzen höher als in Afrika und Asien 

Zurück zum Talk rund um absterbende Völker und aufgezogene Vakzine. Der findet auf einem Kanal des Schweizers Ignaz Bearth statt. Der Schweizer ist eine große Nummer in der rechtsradikalen Szene. Zu den Pegida-Aufmärschen in Deutschland wurde er gerne geladen. Das politische Engagement in der Schweiz war eher kein völkisches Beben: Mit einer Kleinpartei erreichte Bearth im Jahr 2015 satte 0,1 Prozent der Stimmen. Im Talk mit Klauninger lenkt er ein wenig dorthin, wo der Neuen Rechten der Schuh drückt in Sachen Bevölkerungsentwicklung, und das scheint weniger die Impfung zu sein: "Demografisch ist es ja vor allem Afrika und Asien (...)  Die Europäer die sterben aus, die weißen Völker, die werden immer weniger, wir wären ja gar nicht das Problem, wenn es nur um das geht." Irgendwie hat man das Gefühl, dass Klauninger und Bearth aneinander vorbei reden. Klauninger konstatiert mit der Präzision einer völkischen Schamanin: "Ich glaube, dass das europäische Volk im spirituellen Sinne viel weiter ist und viel höher ist. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass in Europa die Frequenz irgendwie höher ist der Menschen. Afrika, Asien, das ist eher nicht so, diese Frequenz ist einfach ganz anders."

Wer sich impfen lassen will, soll still sein

Ob die Völker in Afrika und Asien den Virus einfach mit der richtigen Frequenz wegbrummen, oder doch auf Impfungen setzen, das erfahren wir in dem interessanten Dialog leider nicht. Die Impfgegnerschaft samt ungustiöser Interpretationen scheint jedenfalls zum neuen Identifikationspunkt der aktuellen, angekündigten Demos der Szene zu werden. Parallel zu einer Demo in Wien am 16. Jänner kündigt die Gruppe "Anonyme Aktivisten für die Demokratie in Österreich" drei Aktionstage zum Thema an. Im Flyer lesen wir den sinnvollen Spruch: "Wenn impfen schützt, dann sollen sich diejenigen, die sich freiwillig impfen haben lassen, damit zufrieden geben." Die Opposition zu Impfungen und gegen einen vermuteten "indirekten Impfzwang" ist jedenfalls der Kitt, der das Esoterik- und Wutbürgergemenge der Szene zusammenhält. 

Rechtsextremisten, Esoteriker und Anti-Vaxxer an einem Tisch 

In einer "Corona Widerstand"-Whatsapp-Gruppe erhalte ich den Tipp zu einer Petition auf der bislang eher unbekannten Plattform "Patriot.Petition", die in Style und Diktion wie ein weiteres Spin-Off der Identitären ausschaut. Die Gruppe macht nicht nur gegen Impfungen, sondern auch gegen "Kulturmarxismus" und die "Homo-Ehe" Stimmung. Der Absender, der für die rechte Seite Werbung macht, schmückt seinen Avatar mit dem hinduistischen Om-Symbol. Wenn es um Impfungen geht, bekommt man rechtsextreme Agitatoren, esoterische Schwurbler und Anti-Vax-Moms nicht nur an einen Tisch, sie würden dort vermutlich auch gemeinsam Mandalas ausmalen, um ihre Chakren gegen die bösen und die "weißen Völker" zersetzenden Nadeln von Rothschild und Co zu stärken. 

Mit dem "Om" im Hintergrund für rechtsextreme Agitation werben.
Screenshot Whatsapp/Kreil
Aus dem Aufruf zu Demo und Aktionstagen rund um den 16. Jänner
Screenshot, Kreil

Der Kampf gegen Impfungen hat jedenfalls dem heroischen Kampf gegen das Tragen eines Mund-Nasenschutzes und dem Widerstand gegen Corona-Tests den Rang abgelaufen. Da dürfte laut Klauninger einiges passiert sein mit den Wattestäbchen in der Nase: "Sie fahren zu weit rauf und ihr verliert Gehirnmasse." (Christian Kreil, 15.1.2021)

Christian Kreil bloggt seit drei Jahren rund um Esoterik, Verschwörungsplauderei und Pseudomedizin. Am 15. Februar erscheint sein Buch "Fakemedizin". 

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