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Die Parallelen zu dem drei Jahre alten The Legend of Zelda: Breath of the Wild waren schon im ersten Trailer des neuen Ubisoft-Games Immortals Fenyx Rising offensichtlich. Gepaart mit dem hauseigenen Wissen über Open-World-Games gehört das Spiel tatsächlich zu den positiven Überraschungen im diesjährigen Weihnachtsgeschäft.

Typhon, Sohn der Gaia und des Tartaros, ist sauer. Der Titan hat die Heimat der Götter verflucht und deren Einwohner in Stein verwandelt. Selbst Zeus ist ratlos und sucht bei dem angeketteten Prometheus Rat. Dieser erzählt von einem jungen Sterblichen, genannt Fenyx. Nur mit seiner Hilfe kann die Welt der Götter gerettet und Typhon besiegt werden. Zeit, als Spieler die Rolle von Fenyx zu übernehmen und sich ins Abenteuer zu werfen.

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Das kommt mir bekannt vor

Immortals Fenyx Rising ist ein klassisches Open-World-Game, bei dem es ein klares Ziel gibt, das jedoch vom Weg dorthin lebt. Als Fenyx, auf Wunsch weiblich oder männlich, habt ihr zunächst wenige Waffen, um euch mit Titanen und deren Untertanen anzulegen. Doch schon früh im Spiel lernt man die Kräfte der Götter zu nutzen und wächst so schnell mit der Herausforderung mit. Mit den Flügeln von Daidalos könnt ihr Abgründe überwinden, mit Herakles Stärke riesige Steine greifen, und der Einsatz von Apollos Pfeilen lässt mit seiner Zeitlupenfunktion sogar kleine Geschicklichkeitsspiele zu.

Abseits solch göttlicher Kräfte kann Fenyx auch Schwerter und Äxte schwingen. Der Spieler erhält deshalb eine Waffe für schnelle und eine für schwere Angriffe, lernt zudem, im rechten Moment feindlichen Attacken auszuweichen oder diese zu blocken. Auch den Umgang mit Pfeil und Bogen sowie das Springen und Gleiten wird schnell zur gewohnten Übung.

Im Editor bastelt ihr euren Helden.
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So kämpft man sich als junger Krieger durch das erste Gebiet, das dem Spieler die vielen neuen Möglichkeiten erklärt und den Umgang mit den diversen Waffen lehrt. Auch die ersten Rätsel müssen gemeistert werden, versteckt in Höhlen. Da gilt es, Kisten zu verschieben, geschickt Sprünge zu kombinieren oder kleine Denkaufgaben zu meistern. Eine gute Abwechslung zu den Kämpfen auf der Oberfläche.

Der Weg ist das Ziel

Hat man das Tutorial abgeschlossen, öffnet sich der erste von fünf sehr großen Abschnitten. In der wunderschön gestalteten Welt folgt man der Geschichte, indem man Aufgaben für diverse Götter erledigt und so an neue Kräfte gelangt. Auf dem Weg warten Nebenaufgaben, etwa das Finden von Schätzen und Aufgaben, die all die diversen Währungen des Spiels in eure Taschen purzeln lassen. So kann man bald im Spiel Waffen aufrüsten, mehr Pfeile einstecken oder die eigene Ausdauer erhöhen. Letzteres ist nötig, um die hohen Berge und Statuen der Welt erklimmen zu können. Im Gegensatz zu den Figuren von Assassin's Creed ist Fenyx trotz göttlicher Kräfte nicht unendlich stark.

Ebenfalls am Weg warten Sträucher, von denen ihr Früchte pflückt, oder Bäume, von denen ihr Früchte drescht. Aus diesen braut ihr Tränke, die an bestimmten Stellen im Spiel verbessert werden können. So geben Lebenstränke mehr Energie zurück, Stärketränke ermöglichen zusätzlich die Chance, Gegner zu betäuben, und so weiter. Dazwischen kämpft ihr euch durch Wildschweine, Zyklopen und anderes Getier. Da die Welt groß und eure Beine kurz sind, lassen sich Reittiere zähmen und dann besteigen. Sogar Einhörner findet man am Weg.

Die Rätsel im Spiel werden zunehmend kniffliger.
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Was ist gelungen?

Die Anleihen an Zelda: Breath of the Wild wurden eingangs schon erwähnt. Das Spiel fühlt sich in vielen Dingen sehr ähnlich an, angefangen bei den Kämpfen über das sanfte Gleiten mit dem Wind bis hin zu den Höhlen voller Rätsel. Dennoch bringt das Spiel auch viele eigene Punkte mit. Die Idee mit den Heldenkräften bringt Abwechslung und motiviert auch aufgrund der Verbesserungsmöglichkeiten langfristig. Rüstungen und Waffen bringen einzigartige Boni mit sich, die je nach Gegnertyp unterschiedlich viel Sinn machen können. So ist ein ganzes Set an Optionen mitzudenken, wenn man in härtere Kämpfe einsteigt, was dem Spiel strategische Tiefe verleiht.

Die Welt selbst bietet abwechslungsreiche Abschnitte, witzige Dialoge mit den Göttern und unzählige Schätze, die es zu entdecken gilt. Man kann wohl, wenn man sehr ehrgeizig ist, über 100 Stunden mit Fenyx erleben, bis man alles im Spiel eingesammelt hat. Weniger ambitionierte Helden werden zumindest 35 Stunden benötigen, bis sie Typhon in die glühenden Augen sehen können. Fünf Schwierigkeitsgrade sorgen dafür, dass diese Augen auch wirklich jeder am Ende zu sehen bekommt. Aufgrund des comic-haften Stils auch größere Kinder, die vielleicht gemeinsam mit den Eltern mal selbst ein großes Abenteuerspiel in Angriff nehmen wollen.

Die Spielwelt bietet ausreichend Abwechslung.
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Was ist weniger gelungen?

Wie bei Ubisoft üblich, wimmelt es auch bei Immortals Fenyx Rising schnell auf der Karte von Zielobjekten. Viele davon muss man dann auch abgrasen, schließlich werden die Gegner mit jedem Gebiet deutlich stärker, und wer seine Waffen und Tränke nicht hochrüstet, der hat schnell das Nachsehen. Ein "schnell mal durchspielen" ist so nicht möglich, stattdessen erklettert man bald die 87. Kiste auf dem höchsten Berg des Spiels, um an die notwendigen Rohstoffe zu kommen.

Auch die Tempel erreichen nicht die Qualität des Vorbilds und sind zumindest manchmal ein wenig uninspiriert. Über den im Spiel eingesetzten Humor kann man streiten – manche werden ihn lieben, andere hassen. Aber das ist reine Geschmackssache. Weniger vom Geschmack abhängig ist die gewisse Leere, die die Welt mit sich bringt. Ja, alle Menschen und Götter wurden in Stein verwandelt oder sind geflohen, aber damit nimmt man auch viel Leben aus der Welt. Keine Dörfer, keine Städte, kein Handel. Man fühlt sich oft sehr alleine, wenn man so durch die Welt streift. Zumindest einen Phönix bekommt man dank der richtigen Mission zur Seite gestellt.

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Das Spiel erscheint am 3. Dezember für Nintendo Switch, PC, Playstation 4, Playstation 5, Xbox One und Xbox Series X/S. Dank Ubisoft Connect kann der Spielfortschritt übrigens über mehrere Konsolen genutzt werden. Sofern ihr das Spiel für mehrere Plattformen habt, könnt ihr etwa auf der Xbox starten und dann auf dem PC oder der Nintendo Switch weiterspielen.

Fazit

Wer Zelda: Breath of the Wild gespielt hat, dem werden die Parallelen wie Herakles' Pfeile ins Auge schießen. Dank der Ubisoft-Formel ist das Spiel zugänglicher als sein Vorbild, und auch wenn die Rätsel nicht ganz die Klasse von Zelda erreichen, hat das Spiel dennoch ausreichend Alleinstellungsmerkmale, um als sehr gelungener Vertreter des Genres gelten zu dürfen. Es ist schön zu sehen, dass Ubisoft sich noch immer traut, neue Franchises aufzubauen und diese dann mit so viel Herzblut inszeniert. Ein überdurchschnittlich unterhaltsames Spiel für alle Weltenentdecker und Helden, die die nötige Zeit und Ausdauer mitbringen. (Alexander Amon, 30.11.2020)