Vereint zur Bewerbung für die "Stopp Corona"-App angetreten: Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes (hellblaue Maske), und Gesundheitsminister Rudolf Anschober.

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Es lässt sich schwer leugnen: Die im Frühjahr von vielen politischen Würdenträgern genährte Hoffnung, dass Smartphone-Apps zur Kontaktnachverfolgung eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Covid-19-Pandemie spielen werden, hat sich nicht bewahrheitet. Anfänglich durch zahlreiche Probleme und Diskussionen zur Freiwilligkeit der Nutzung ausgebremst, ließ sich das Vertrauen der Bevölkerung in die "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes auch nach Beseitigung der größten technischen Hürden nicht im erhofften Maß wiederherstellen. Da halfen nicht einmal mehr die Freilegung des Quellcodes und positive Analysen durch Datenschutzexperten. Dass dann in den vergangenen Monaten die Entwicklung fast zur Gänze einschlief und parallel dazu eine wenig erkleckliche Diskussion über die weitere Finanzierung der App geführt wurde, war sicher auch nicht hilfreich.

Alles wird anders, vielleicht

Nun soll aber alles anders werden: Die Finanzierung wieder gesichert, soll schon bald eine neue Version der App veröffentlicht werden, die unter anderem den Austausch mit anderen Ländern ermöglicht. Das Problem dabei: Diese soll erst in rund zwei Wochen fertig werden. Also gab es stattdessen im Rahmen einer Pressekonferenz der Regierung etwas ganz anderes zu hören: ein Potpourri an Aufrufen zur Installation der App.

Ein Bitte

Besonders deutliche Worte fand dabei Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Aktuell arbeite man intensiv daran, das Contact-Tracing zu verbessern, die App könne dabei eine wichtige unterstützende Rolle spielen. Entsprechend richtete er einen "dringlichen Appell" an die österreichische Bevölkerung, die App zu installieren und so bei der Kontaktnachverfolgung mitzumachen. Die Einrichtung der App dauere gerade einmal 30 Sekunden, koste nichts, habe aber danach einen großen Nutzen.

Immer wieder geäußerten Befürchtungen, dass die App gar nicht richtig funktioniere, tritt Anschober dabei entgegen. Parallel zum aktuellen Infektionsgeschehen seien auch die über die Covid-19-App verschickten Warnmeldungen deutlich nach oben gegangen, wie die Statistiken des Roten Kreuzes zeigen würden. Dem pflichtet dessen Bundesrettungskommandant Gerry Foitik bei, der aber auch weiß, woher diese Sorgen mancher Nutzer kommen. Mit der kommenden Version der App soll entsprechend die Transparenz erhöht werden. Gleich auf den ersten Blick soll dabei darüber aufgeklärt werden, wie oft die App nach Warnmeldungen am Server gefragt hat, und wie viele potenziell problematische Kontakte dabei verzeichnet wurden.

Testimonials

Dass die App wirklich funktionierte, betonte denn auch der per Videonachricht zugeschaltete Informatiker Manuel Wiesinger. Dieser erzählte vom eigenen Krankheitsverlauf: So habe er an einem Montag erste Krankheitssymptome bemerkt, am Dienstag dann den Geschmackssinn verloren und bei der Hotline angerufen. All das zu seiner großen Verwunderung, habe er doch davor keinerlei relevante Kontakte zu anderen gehabt. Am Mittwoch sei dann die Warnung der "Stopp Corona"-App gekommen. Insofern sei ihm klar gewesen, dass die Infektion eigentlich nur im Supermarkt oder auf der Straße passiert sein könne – und dass im Umkehrschluss die App auch hier die Kontakte korrekt verzeichnet habe.

Foitik wiederum betonte einmal mehr, dass es nur ein Gerücht sei, dass ein großer Teil der Bevölkerung die App installiert haben müsse, damit sie einen Nutzen habe. Zwei Nutzer würden im Schnitt eine Infektion verhindern, hätten Wissenschafter vorgerechnet. Das sei auch bei den aktuellen Nutzungszahlen schon eine sehr hohe Zahl an nicht stattgefundenen Infektionen. Vorausgesetzt natürlich, die Nutzer melden alle anschließend ihre Infektionen auch wirklich korrekt.

Aktueller Stand

Laut den aktuellsten Zahlen wurde die "Stopp Corona"-App bisher 1,25 Millionen Mal heruntergeladen, die aktive Nutzung dürfte aber deutlich geringer sein und in etwa bei der Hälfte liegen, wie die Entwickler schätzen. Mittlerweile seien über die App 3.700 "rote Warnungen" mit echten Infektionen sowie 3.900 "gelbe Warnungen" bei Verdachtsfällen verschickt worden. Der allergrößte Teil davon wurde in den vergangenen Wochen abgesendet.

Prominente rufen zur Installation auf

Um frischen Wind in die Nutzungszahlen zu bringen, setzt man nun auch auf prominente Testimonials. So forderten im Rahmen der Pressekonferenz der Teamchef des österreichischen Männerfußballnationalteams, Franco Foda, sowie der Schauspieler Harald Krassnitzer zur Installation auf. "Kostet nix, tut nicht weh", formulierte etwa Krassnitzer seine Herangehensweise. Ebenfalls ihren Support äußerten die Buchautorin Ingrid Brodnig sowie die Moderatorin Barbara Stöckl, die ein ambitioniertes Ziel formulierte: Alle Nutzer der App sollten versuchen, in den kommenden Tagen eine weitere Person von der Installation zu überzeugen.

Die Influencerin Madeleine Alizadeh, bekannter unter ihrem Pseudonym Dariadaria, steuerte wiederum eine andere Perspektive bei: Die App sei kein Überwachungstool, wie viele befürchteten, das hätten Datenschutzexperten längst geklärt. Da würde in vielgenutzten Programmen wie Instagram oder Facebook erheblich mehr Tracking passieren. Und Ali Mahlodji, Gründer von Watchadoo und EU-Jugendbotschafter, sieht im Einsatz der App gar einen Akt der Nächstenliebe: "Wir sind alle Teil der Gesellschaft und füreinander verantwortlich", mit der Nutzung der "Stopp Corona"-App könne man etwas dazu beitragen – und das koste nicht einmal etwas. (Andreas Proschofsky, 30.11.2020)