Eine Schlüssellochwespe auf Wohnungssuche. Diese ist zum Glück nicht auf ein echtes Pitotrohr gestoßen, sondern auf einen Nachbau.
Foto: House et al (2020) PLOS ONE, CC BY

"Keyhole wasp", also Schlüssellochwespe, heißt die Spezies Pachodynerus nasidens im Englischen aus gutem Grund: Das zweieinhalb Zentimeter große Insekt krabbelt gerne in kleine Hohlräume, um dort seine Nester anzulegen. Und die Ausbreitung des Menschen hat seine Auswahl an natürlichen Wohnstätten um jede Menge künstliche erweitert: ob Fensterspalten, Steckdosen oder eben Schlüssellöcher.

Eine ganz spezielle Form von künstlichem Hohlraum hat aber das Potenzial für Katastrophen, wie australische Forscher im Fachjournal "Plos One" berichten: nämlich die zur Geschwindigkeitsmessung dienenden Pitotrohre, auch Staudrucksonden genannt, von Flugzeugen. Werden sie blockiert, kann dies im schlimmsten Fall in einem Unfall resultieren.

Unter Langzeitbeobachtung

Und das ist keine an den Haaren herbeigezogene Möglichkeit: Von November 2013 bis April 2019 waren am Flughafen von Brisbane insgesamt 26 Mal Probleme in Zusammenhang mit Wespen gemeldet worden. Dabei habe es sich um "schwerwiegende Sicherheitsvorfälle" gehandelt, so die Forscher. Und es ist wieder einmal ein importiertes Problem. Denn eigentlich ist die Wespe nicht in Australien, sondern östlich des Pazifiks zuhause, ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Südamerika bis in die Karibik und den Süden der USA.

Aufgrund der Häufung an Schadensmeldungen, die mit Wespen in Verbindung standen, ging ein Team um den Ökologen Alan House dem Verhalten der Insekten nach. Die Forscher konstruierten mittels 3D-Drucktechnologie Nachbildungen der Flugzeuginstrumente und platzierten diese an verschiedenen Stellen des Flughafens. Anschließend wurde langfristig, von Februar 2016 bis April 2019, beobachtet, was die Wespen mit den Modellen anstellten.

Das Resultat: 93 Mal wurden die Pitotrohre vollständig durch Nester blockiert. Dafür müssen die Wespen nicht einmal einen großen Aufwand betreiben: Viele Nester hatten nur zwei oder drei Brutzellen und wurden innerhalb von wenigen Stunden gebaut. Besonders aktiv waren die Wespen in den Sommermonaten und bei Temperaturen zwischen 24 und 31 Grad.

Nicht zu unterschätzen

Die Studie kommt daher zum Schluss, dass Pachodynerus nasidens ein gefährlicher Schädling sei, der ein erhebliches Risiko für die Flugsicherheit darstellen kann. Da sich die invasive Wespe an die australische Umwelt gut angepasst hat, kann sie sich wahrscheinlich auch noch weiter ausbreiten. Daher seien nun weitere Forschungen erforderlich, um Strategien zur Bekämpfung oder Ausrottung "dieser anpassungsfähigen, erfinderischen und hochmobilen Spezies" zu entwickeln.

House abschließend: "Wir hoffen, dass diese Forschung die Aufmerksamkeit auf ein wenig bekanntes, aber ernstes Problem für den Flugverkehr in tropischen und subtropischen Regionen lenken wird." (red, APA, 25.11.2020)