Elektro-Autos werden von den Steuererhöhungen ausgenommen sein.

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Wien – Nach Monaten der Corona-Krise sind Pressekonferenzen am Samstag nicht weiter ungewöhnlich. Sehr wohl aber, wenn es um Ankündigungen in der Klimapolitik geht. Offenbar musste es schnell gehen. "Wir haben auch was zu sagen", kündigte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) einleitend an. Konkret ging es um die nächsten Schritte der ökosozialen Steuerreform. "In der Sache geht auf mehreren Ebenen sehr viel weiter", so Kogler. Geplant sind unter anderem die Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe (NoVa), Begünstigungen für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern sowie ein Reparaturbonus. Darüber hinaus wird das Tanken für den Schwerverkehr aus Drittländern teurer. Das entsprechende Gesetzespaket wurde am Freitagabend von der türkis-grünen Koalition im Nationalrat eingebracht.

Allen voran erhalte die NoVa einen "massiven Ökologisierungsschub", sagte der grüne Politiker. Das Prinzip sei einfach: "Das Ökologische – das Gute – wird entlastet und günstiger, das ökologisch Schlechte wird teurer." Heißt am Papier: Nullemissionsfahrzeuge werden nicht belastet, dazu zählen sowohl E-Autos, wie auch Fahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb. "Die großen Stinker werden teurer", sagte Kogler. "Und das ist auch gut und richtig."

CO2-Malus wird verschärft

Der CO2-Freibetrag wird also gesenkt, der CO2-Malus wird von 2021 bis 2024 auf 80 Euro pro Gramm verdoppelt. Darüber hinaus soll die Deckelung bei der Nova schrittweise verschärft werden – von einer Anhebung auf 50 Prozent im Jahr 2021 auf 80 Prozent im Jahr 2024. Das betrifft auch CO2-intensive Motorräder, hieß es am Samstag. Dort wird der Deckel von 20 auf 30 Prozent angehoben. Auch bisher bestehende Schlupflöcher sollen geschlossen werden: Künftig sind alle Fahrzeuge zur Personen- und Güterbeförderung bis 3,5 Tonnen NoVa-pflichtig, bisher gab es Ausnahmen für SUVs und Pick-Ups, die als Klein-LKW gelten.

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Die NoVa-Anpassungen sollen ab 1. Juli 2021 in Kraft treten. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) untermalte das mit einem Beispiel: Wer sich im kommenden Jahr einen großen SUV kauft, soll rund 3500 Euro mehr zahlen, "perspektivisch bis 2024 sind das gut 11.000 Euro mehr". Von einem "Run" auf SUVs bis zum Sommer geht die Ministerin nicht aus. Eine gewisse Umstellungsphase von einer Regel auf die nächste sei aber schlichtweg nötig. Insgesamt wolle man mehr Kostenwahrheit im Problemsektor Verkehr schaffen. Denn: "Jede dritte Neuzulassung ist ein SUV."

Höherer Preis für umweltschädliches Verhalten

"Wer in Zukunft ein besonders klimaschädliches Auto fährt, wird einen höheren Preis dafür zahlen", sagte Gewessler. Parteikollege Werner Kogler betonte unterdessen, dass eine Entlastung für einkommensschwache Haushalte parallel dazu stattfände – und verwies etwa auf die Senkung des Einkommenssteuersatzes. Einen "Ökobonus" – also eine jährliche Rückvergütung an einkommensschwache Haushalte – gibt es einstweilen nicht. Dieser soll aber zusammen mit der Umsetzung der CO2-Steuer in Angriff genommen werden. Wie genau das Modell aussehen werde, sei noch unklar. "Die CO2-Bepreisung wird kommen", versprach Kogler – und zwar im Jahr 2022. "Das ist mit dem Koalitionspartner vereinbart." Wie bereits berichtet, soll die ÖVP bei der Klimapolitik auf der Bremse stehen. Es herrsche "wesentlich mehr Konsens als alle vermutet haben", sagte Kogler auf Nachfrage dazu.

Die nächsten Schritte der Ökosteuerreform sehen auch einen steuerlichen Bonus für Fahrräder und andere klimafreundliche Mobilitätsformen vor, erklärte Gewessler. Netzkarten sollen künftig vollständig vom Sachbezug befreit werden. Bei Jobtickets soll es zu einer Entbürokratisierung kommen – der Erwerb muss nicht mehr durch den Arbeitgeber erfolgen. Zudem sollen Bezieher der Pendlerpauschale diese künftig auch bei Nutzung eines Dienstfahrrads beanspruchen können. All diese Maßnahmen sollen ebenso mit 1. Juli 2021 in Kraft treten.

Teuerungen für Unternehmen aus Drittstaaten

Wesentlich früher – nämlich bereits mit Jahreswechsel – soll das Tanken für den Schwerverkehr aus Drittländern teurer werden. Unternehmen aus Drittstaaten sind beim Sprit künftig nicht mehr vorsteuerabzugsberechtigt – sie müssen damit die vollen 20 Prozent Umsatzsteuer auf Diesel und Benzin zahlen. Das sei vor allem im Speditionsbereich ein großes Thema, hieß es am Samstag. Von der Regelung sind Schwertransporter aus EU-Länder allerdings weiter ausgenommen.

Mit 1. Jänner soll zudem der "Reparaturbonus" kommen: Für Reparaturen gilt künftig ein ermäßigter Steuersatz von zehn Prozent. Von der Regelung umfasst sind Fahrräder und E-Bikes, Schuhe, Lederwaren, Kleidung und Haushaltswäsche. Damit sei der maximale von der EU vorgegebene Spielraum ausgenützt worden, betonte Gewessler.

Billigerer Strom für Bahn

Als weiterer Schritt soll grüner Bahnstrom billiger werden. Von den Eisenbahnen selbst erzeugte, erneuerbare Elektrizität soll gänzlich von der Energieabgabe befreit werden. Beim restlichen Bahnstrom ist eine erhebliche Reduktion der Steuer geplant. In Summe könne der öffentliche Verkehr durch die Maßnahme um 33 Millionen Euro entlastet werden, hießt es am Samstag.

Durch die Covid-Pandemie sei "die wichtigste Krise aller Krisen ist in den Hintergrund getretene", meinte Kogler. "2021 wird mit Sicherheit ein Jahr des Klimaschutzes."

Gemischte Reaktionen

Österreichs Umweltorganisationen bewerteten das Paket im Vorfeld der Pressekonferenz als "ersten Schritt", dem dringend weitere Maßnahmen folgen müssten. Global 2000, WWF Österreich und VCÖ forderten die Regierung in einer gemeinsamen Aussendung zur Erstellung eines Gesamtkonzepts auf. ÖBB-Chef Andreas Matthä hat die Steuerbefreiung für von der Bahn erzeugten Ökostrom am Samstag naturgemäß begrüßt.

Ärger herrschte unterdessen bei den Automobilimporteuren. "Was jetzt passiert, ist der Versuch, Steuererhöhungen zu einem überraschenden Zeitpunkt inmitten des Lockdowns, ohne Begutachtung und ohne Einbindung der Automobilwirtschaft durchzubringen", sagte Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure. FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs nannte den Vorstoß einen "Angriff auf viele kleine Unternehmer".

Der Öamtc kritisierte in einer Aussendung, dass die NoVa-Erhöhung insbesondere Familie treffen würde. Die NoVa für ein Familienauto – für das Rechenbeispiel wurde ein VW Sharan herangezogen – würde von rund 3.300 Euro im Jahr 2020 auf 6.500 Euro im Jahr 2024 steigen. (lauf, 21.11.2020)