Wien – Früher hätte man wohl von einem bedeutungsschweren Himmelszeichen gesprochen: Wie schon während des ersten Lockdowns Anfang April war in der Nacht auf Donnerstag über Österreich eine große grüner Feuerkugel zu sehen. Wie der Kurator der Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, Ludovic Ferriere, mitteilte, gibt es in Deutschland, Italien und Österreich zahlreiche Beobachtungsmeldungen über die Leuchterscheinung.

Video: Feuerball über Mitteleuropa
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Über 30 Meldungen

Um etwa 04.48 Uhr war die Feuerkugel am Donnerstag trotz schlechten Wetters südwestlich von Wien zu sehen. Bisher gibt es laut Ferriere bereits mehr als 30 Meldungen über Beobachtungen. Die Himmelserscheinung dürfte mit dem Leoniden Meteorschauer in Verbindung stehen, dessen Höhepunkt in der Nacht auf Dienstag erreicht wurde. Nach wie vor seien davon Meteoriten zu beobachten, so Ferriere – aber eine Feuerkugel wie diese sei eine Rarität.

Der Meteor dürfte nicht vollständig verglüht sein. Tschechische Astronomen gehen davon aus, dass Teile davon über Österreich den Boden erreicht haben. Demnach dürften Meteoritenteile in einem schmalen Streifen zwischen Lunz am See (NÖ) und Kindberg (Steiermark) zur Erde gefallen sein, die bis zu vier Kilogramm schwer sein könnten.

Mit Hilfe von Foto- und Videoaufnahmen von elf Stationen des europäischen Netzwerks zur Beobachtung von Feuerkugeln gelang es den Forschern, nicht nur die Flugbahn des Meteors festzustellen sondern auch Informationen über seine Zusammensetzung erlangen. Demnach handelte es sich um einen Steinmeteoriten.

So hell wie der Vollmond

Der rund 270 Kilo schwere Himmelskörper um drang 4.46 Uhr in die Erdatmosphäre ein und begann in einer Höhe von rund 100 Kilometer über der tschechisch-bayerischen Grenze im Böhmischen Wald zu leuchten. Zu dieser Zeit bewegte er sich mit einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 14 Kilometern pro Sekunde und flog weiter in südöstlicher Richtung auf einem leicht abfallenden Pfad. Die maximale Helligkeit, die jener des Vollmonds entsprach, erreichte der Meteor kurz nach der Überquerung der Donau südöstlich von Linz in 42 Kilometer Höhe.

In dieser Phase des Fluges wurde der Meteor langsamer und begann sich in der Atmosphäre aufzulösen – was bis zu seinem Erlöschen in einer Höhe von 25 Kilometern südwestlich von Mariazell dauerte. Als Feuerkugel leuchtete der Himmelskörper über eine Strecke von fast 290 Kilometern ungewöhnlich lange über 24 Sekunden.

Suche nach Trümmern läuft

Das Großteil des Meteors dürfte verglüht sein. Dennoch gehen die tschechischen Astronomen davon aus, dass "relativ viel" Material, insbesondere kleinere Teile, die Erdoberfläche erreicht haben. Zu erwarten seien aber auch zwei Meteoriten mit einem Gewicht von ein bis vier Kilogramm, die im südöstlichen Teil des Fallgebiets liegen sollten, das sich laut einer auf der Webseite des Instituts veröffentlichten Karte etwa von Lunz am See bis Kindberg erstreckt. Weil es sich dabei hauptsächlich um bergiges Gelände handelt, dürfte das Auffinden von Meteoriten ziemlich kompliziert sein, schreiben die Experten.

Kurator Ludovic Ferriere, machte sich am Samstag auf, um in dem Gebiet nach Meteoriten zu suchen. Weil es in Österreich kein spezifisches Gesetz für den Fund von Meteoriten gibt, befürchtet er, dass etwaige Funde in den Händen privater Meteoritensammler und nicht im Museum landen. Er bittet bei ungewöhnlichen Gesteinsfunden in der Region um Informationen und Fotos (ludovic.ferriere@nhm-wien.ac.at).

Video: Feuerball über der Tasmanischen See.
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Leuchterscheinung auf der Südhalbkugel

Auf der anderen Seite der Erdkugel war am späten Abend des 18. November (Ortszeit) übrigens ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Die Kamera des australischen Forschungsschiffs RV Investigator, das sich zu diesem Zeitpunkt in der Tasmanischen See aufgehalten hat, nahm das Ereignis auf. Der Feuerball von ebenso grünlicher Färbung wie jener über Österreich (das grüne Leuchten ist auf das Element Magnesium zurückzuführen), raste direkt vor dem Schiff von links oben kommend quer über den Himmel und zerbrach dabei in mehrere Teile. (red, APA, 20.11.2020)