Schimanko war eine unermüdliche Mahnerin vor einem Wiedererstarken von Rassismus und Faschismus.

Foto: KZ-Verband/VdA Wien

Die Zeitzeugin und Autorin Dora Schimanko ist am vergangenen Samstag im Alter von 88 Jahren verstorben. Als Sechsjährige musste die gebürtige Wienerin und Jüdin mit einem Kindertransport vor der Bedrohung des Nationalsozialismus zu ihrem Großvater nach Großbritannien fliehen. Zurückkehren konnte sie erst 1946 im Alter von 14 Jahren. "Sie bleibt uns als unermüdliche Kämpferin für Frieden, Freiheit und Sozialismus in Erinnerung", schreiben ihre Kinder und Enkelkinder auf der Kondolenzkarte.

Schimanko wurde 1932 in Wien geboren. Dass ihre jüdische Familie, der auch der Philosoph Karl Popper entstammte, die Religion nicht praktizierte, bewahrte sie nicht vor der Verfolgung, zunächst durch die Austrofaschisten, später durch die Nationalsozialisten. Ihre Rückkehr aus dem Exil in London war alles andere als leicht: "Als Heimkehrer hatten wir nichts. Die enteignete Wohnung bekamen wir nicht zurück. Wir waren obdachlos. Hilfe null", schrieb Schimanko in ihrem 2006 veröffentlichten Buch "Warum so und nicht anders".

Zeitzeugin und Mahnerin

Ihre Erinnerungen teilte Schimanko viele Jahre lang als Zeitzeugin und unermüdliche Mahnerin, die vor einem Wiedererstarken des Rassismus und Faschismus warnte, mit unzähligen Schulklassen, Medien und bei öffentlichen Veranstaltungen. Sie setzte sich gegen die Abhaltung des Balls des Wiener Korporationsrings (WKR) in der Hofburg ein und engagierte sich in ihrem Heimatbezirk, der Wiener Leopoldstadt, für die Einrichtung einer "rassismusfreien Zone" sowie gegen die Verbauung des Augartenspitzes.

Schimanko war in der Kommunistischen Partei Österreichs aktiv und kritisierte regelmäßig Verschärfungen im Asylrecht. "Hätten in England damals solche Gesetze gegolten, wir wären alle durch den Rauchfang gegangen", zitiert sie der Bundesverband österreichischer AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus (VdA Wien).

"Der Tod von Dora Schimanko ist ein schmerzlicher Verlust. Es wird unsere Aufgabe sein, ihr Vermächtnis weiterzuführen", schreiben die Wiener Grünen in einer Aussendung. "Wir verneigen uns vor einer großartigen Frau. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt der Familie, den Freund*innen und Weggefährt*innen von Dora", schreibt auch der VdA Wien.

Schimanko hinterlässt zwei Kinder und vier Enkelkinder. Diese bitten darum, am 9. November, dem Beginn der Novemberpogrome 1938, ihrer Mutter und Großmutter zu gedenken. Eine Verabschiedung soll voraussichtlich im Frühjahr 2021 stattfinden. (jop, 29.10.2020)