Dass wir in der Vestfold og Telemark Fylkeskommune eng mit der Sondengänger-Community zusammenarbeiten, darüber habe ich an dieser Stelle bereits berichtet. Durch diese Vereinbarung finden jedes Jahr hunderte Fundstücke den Weg zu uns und weiter in das Kulturhistorische Museum in Oslo, um untersucht, katalogisiert und restauriert zu werden.

Zumeist sind das Gegenstände aus Eisen, aber auch Silber und Bronze. Gold ist dabei relativ selten; durch seinen Materialwert wurde es oft weiterverarbeitet, anstatt seinen Weg in den Boden zu finden.

Ein Fundstück aus Gold ist auch für uns Archäologen etwas Besonderes. Allerdings – und das unterscheidet uns vom Schatzsucher – ist es nicht ausschließlich der Fund an sich, der uns interessiert. Die Informationen, die wir benötigen, um die Vergangenheit zu rekonstruieren und zu verstehen, erhalten wir meist nur dann, wenn wir den Fund in seinen Kontext setzen können, also Fundort und Fundumstände kennen. Aus diesem Grund sind Funde, die von Raubgräbern (im Unterschied zu Sondengängern) stammen und ohne weitere Dokumentation aus dem Boden geholt werden, archäologisch gesehen relativ wertlos.

Ein goldenes Ringteil

Hin und wieder bekommen wir von unseren Sondengängern auch sehr wertvolle und besondere Stücke, so geschehen letzten August, als Arne Harald Stange meinen Kollegen Ragnar Orten Lie per E-Mail Bilder seines letzten Fundes schickte. Stange ist ein eifriger Sondengänger, der sein "Revier", das Slagendalen, in dem sich auch das Osebergschiffsgrab befindet, regelmäßig begeht und dabei schon so manch interessantes Artefakt gefunden hat.

Die Bilder seines letzten Fundes waren jedoch außergewöhnlich: ein Ring, graviert mit vergoldeten Runen. Ragnar rief ihn an und bat ihn, den seltenen Fund bei uns abzuliefern, um ihn untersuchen zu können. Dabei zeigte sich, dass der Ring nicht komplett erhalten ist, der gefundene Teil deutet aber auf einen Spiral- oder Schlangenring hin. Das Material besteht sehr wahrscheinlich aus einer Kupferlegierung, die mit einer türkis-grünlichen Patina bedeckt ist. Die Runen, die an der Außenseite des Rings eingraviert sind, wurden mit Gold ausgelegt.

Sondengänger Arne Harald Stange mit seinem wertvollen Fundstück.
Foto: VTFK
Die Runen des Rings sind mit Gold ausgelegt.
Foto: VTFK

Aufgrund seiner Größe tippte Ragnar darauf, dass der Ring ursprünglich für einen Mann gedacht war. Was aber bedeuten die Runen? Um das zu beantworten, zogen wir den Runologen Jonas Nordby, Konservator am Follo Museum in Viken, hinzu. Seiner Analyse nach handelt es sich bei der Inschrift wahrscheinlich um den letzten Teil eines Männernamens, der auf -mr endet, wie zum Beispiel im Namen Grímr, gefolgt von á mi[k]. Das bedeutet: "besitzt mich", im Sinne von "dieser Ring gehört …". Man muss allerdings dazusagen, dass die Runologie ein relativ komplexes Gebiet ist und diese Übersetzung nur eine erste Einschätzung darstellt.

Frage nach dem Alter

Den Ring allein auf Basis der Runen zu datieren erweist sich als schwierig. Ein Anhaltspunkt ist dabei, dass es sich um jüngere Runen handelt und dass die Endung -mr verwendet wird und nicht -myr. Das würde bedeuten, dass die Inschrift wahrscheinlich frühestens um 1000 n. Chr. entstand; allerdings könnte sie genauso gut aus dem 14. Jahrhundert stammen.

Der Ring ist nicht zur Gänze erhalten.
Foto: VTFK

Der Ring ist bereits zur weiteren Untersuchung im Kulturhistorischen Museum der Universität Oslo, wo er untersucht und restauriert werden wird. Auch wenn die Informationen, die er uns aufgrund seiner Fundumstände geben kann, begrenzt sind, handelt es sich trotzdem um ein seltenes und schönes Stück. (Petra Schneidhofer, 29.10.2020)