Die Akkulaufzeit ist ein entscheidender und oft noch limitierender Faktor für den Einsatz moderner Mobilgeräte und Elektroautos. Dementsprechend groß ist das Interesse an neuen Erfindungen in diesem Bereich. Doch diese befinden sich oft noch in einem Frühstadium, weswegen noch nicht vollständig klar ist, ob sie es mit den erhofften Leistungsdaten oder überhaupt in die Massenproduktion schaffen.

Sehr gut aussehen soll es aber für eine Erfindung der französischen Firma Nawa Technologies. Sie will die "schnellste Elektrode der Welt" bald in Lithium-Ionen-Akkus verbauen. Diese sollen damit wesentlich mehr Energie speichern und drastisch höhere Leistung erreichen können, berichtet "New Atlas".

NAWA Technologies

Vertikale Kohlenstoff-Nanoröhren

Was die Entwickler zuversichtlich ob des Einsatzes der Technologie stimmt, ist, dass sie bei Ultrakondensatoren bereits im Einsatz ist. 2019 hat man die Massenfertigung dieser Komponenten aufgenommen.

Sie setzen auf vertikal angeordnete Kohlenstoff-Nanoröhren, die auch die Basis für die Anode und Kathode in Akkus werden sollen. Diese werden anschließend mit dem jeweils benötigten "aktiven" Material beschichtet – im konkreten Fall also Lithium. Die extrem leitfähigen Nanoröhren sollen dann als eine Art "Energieautobahn" den schnellen Fluss der Lithium-Ionen in beide Richtungen ermöglichen. Die Ionen müssen dabei nur noch wenige Nanometer durch das Lithium selbst zurücklegen – statt wie bisher mehrere Mikrometer mit herkömmlichen Elektroden.

Auf diese Weise, so das Unternehmen, sei die Energiedichte im Vergleich zu üblichen Lithium-Ionen-Akkus auf das Dreifache steigerbar, was auch bedeutet, dass ein Akku bei gleichem Volumen mehr Energie aufnehmen kann. Die Leistung beim Laden und Entladen könnte sogar um das Zehnfache verbessert werden. Je nach verfügbarer Ladeinfrastruktur sei eine Aufladung von null auf 80 Prozent Kapazität binnen fünf Minuten denkbar. Obendrauf soll sich so auch die Lebensdauer von Batterien bis zu verfünffachen lassen.

Fertigungsproblem soll gelöst sein

"New Atlas" hat den Forscher Cameron Shearer vom chemischen Institut der Flinders University in Australien um seine Einschätzung zu den Angaben von Nawa gebeten. Dieser bestätigt, dass vertikal angeordnete Nanoröhren wesentlich bessere Eigenschaften aufweisen als zufällig platzierte, wie sie teilweise verwendet werden. Allerdings sei die Herstellung solcher Strukturen sehr teuer, Schätzungen zufolge um mehr als das Zehnfache.

Dieses Problem habe man gelöst, heißt es seitens von Nawa. Der Fertigungsprozess, den man nutze, sei der gleiche wie für die Beschichtung von Gläsern zur Entspiegelung oder bei Photovoltaik-Paneelen und mittlerweile "sehr billig" und schnell. Man ist zuversichtlich, dass man preislich mit herkömmlichen Elektroden mithalten können wird.

Die Nanoröhren lassen sich auch nicht nur in Verbindung mit Lithium einsetzen, sondern auch mit anderen Materialien. Insbesondere für Silizium-Akkus, die es aufgrund der hohen Ausdehnung des Materials bisher noch nicht zur kommerziellen Tauglichkeit geschafft haben, sollen sie eine Chance bieten, da sie eine rigide Struktur schaffen, die die Volumenszunahme beschränkt und somit das Haltbarkeitsproblem lösen könnte.

Erster Großkunde an Bord

Akkuhersteller müssen für den Einsatz der neuen Elektroden jedoch ihren Herstellungsprozess umfassend anpassen. Der erste Großkunde für Nawa ist der französische Fabrikant Saft, der gemeinsam mit Groupe PSA (Citroën, Opel, Peugeot, DS, Vauxhall) und und Renault Akkus für Elektroautos bauen möchte. Auch weitere Batterieproduzenten und Autohersteller sollen schon Interesse signalisiert haben. (red, 27.10.2020)