Was macht ein gutes High-End-Smartphone aus? Eine Frage, auf die die Hersteller von Android-Smartphones über die Jahre sehr unterschiedliche Antworten gefunden haben. Während Firmen wie Samsung und Huawei vor allem mit ihren Hardwarestärken protzen, wählte Google bei seiner Pixel-Reihe einen anderen Weg: Die Hardware oft einen Tick schwächer als bei den direkten Konkurrenten, wollte man mit den eigenen Softwarestärken punkten.

Nach vier Pixel-Generationen ist die Bilanz dieses Unterfangens eher durchwachsen. Von Kritikern oftmals gelobt, konnte Google die Masse der Smartphone-User nur sehr begrenzt von den eigenen Vorzügen begeistern. Das mag auch andere Faktoren haben – etwa die regional stark schwankende Verfügbarkeit. Klar ist aber, dass es so auf Dauer nicht weitergehen kann. Also zumindest nicht, wenn man ein ernsthafter Mitspieler am Hardwaremarkt werden will, wie es Google immer wieder betont.

Neustart

Das dürfte mittlerweile auch dem Android-Hersteller klargeworden sein, die Legende will es, dass einem internen Streit im Vorjahr eine Kurskorrektur folgte. Statt sich von Jahr zu Jahr weiter zu hanteln, soll fortan ein größerer Zeitraum angelegt werden, um neue Hardwareentwicklungen besser planen und in Ruhe integrieren zu können. Ein Ansatz, der allerdings ein entscheidendes Problem hat: Wenn sich Google auf die Geräte des Jahres 2021 oder 2022 konzentriert, was macht man dann im Jahr 2020?

Die Antwort darauf hat Google Ende September offiziell vorgestellt: Mit dem Pixel 5 geht es "zurück zu den Basics". Statt sich im Wettlauf der Spezifikationen zu verlieren, liefert man eine Art spirituellen Nachfolger der Nexus-Reihe. Einen mit zum Teil sogar schwächerer Ausstattung als beim Vorgänger, der dafür aber deutlich günstiger angeboten wird. Und der den entscheidenden Vorteil hat, dass der Entwicklungsaufwand wohl signifikant niedriger war. Was dabei herausgekommen ist, konnte DER STANDARD in der vergangenen Woche bereits vorab ausführlich testen.

Schlank und rank

Zum ersten Mal in der Hand, fällt vor allem eines auf: Das Pixel 5 fällt für ein aktuelles Smartphone ziemlich kompakt aus. Konkret sprechen wir hier von 144,7 x 70,4 x 8,0 Millimetern, womit es sowohl kürzer als auch dünner und nur eine Spur breiter als der direkte Vorgänger ist. Da das Gewicht mit 151 Gramm ebenfalls erfreulich niedrig ist, liegt es in Summe wirklich hervorragend in der Hand.

Das liegt aber auch an der Wahl der Materialien: Die in Aluminium gehaltene Rückseite des Gehäuses ist mit einer äußerst interessanten Beschichtung versehen, die sich wie eine Mischung aus einem hochwertigen Kunststoff und – ernsthaft – Karton anfühlt. Im Vergleich zu den sonst dominierenden rutschigen Glasrückseiten ist das jedenfalls wie Tag und Nacht, so viel besser ist hier der Griff. Bei der grün-gräulichen "Sorta Sage"-Ausführung sieht das noch dazu hervorragend aus, da es auch optisch an ein buntes Stück Papier oder Karton erinnert.

Das Pixel 5 ist Googles neuestes Smartphone.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Ein Unsicherheitsfaktor bleibt dabei allerdings: Die Frage, wie diese Beschichtung altern wird und wie sich etwa Fettspuren auf die Dauer auswirken werden, lässt sich im kurzen Zeitraum so eines Tests nicht endgültig klären. Bislang zeigen sich beim Testgerät jedenfalls keinerlei Abnutzungserscheinungen. Dieser Aufbau hat aber noch einen anderen Vorteil, wie man zugegeben etwas zynisch formulieren könnte: Immerhin erspart sich Google durch das Aluminiumgehäuse jene Probleme, die beim Pixel 4 XL bei einigen Nutzern nach wenigen Monaten aufgetreten sind, nämlich dass sich die Glasrückseite ablöst. Das verwendete Aluminium ist laut Google übrigens zu 100 Prozent recycelt.

Sonstige oberflächliche Eindrücke: Die auf der rechten Seite angebrachten Knöpfe bieten ein hervorragendes Klickgefühl – ein deutliches Upgrade zur Pixel-4-Serie. Generell gibt es an der Verarbeitung nichts auszusetzen. Was ebenfalls gefällt: Das Kameramodul wurde in der Höhe reduziert und steht so nur minimal aus dem Gehäuse heraus. Damit liegt das Pixel 5 auch erheblich stabiler auf dem Tisch, als es bei aktuellen Topgeräten von Samsung oder Huawei der Fall ist, was etwa relevant ist, wenn man in dieser Position tippen will.

Die Rückkehr des Fingerabdrucks

Ein Comeback gibt es für eine Komponente, die Google eigentlich mit dem Pixel 4 in Pension geschickt hatte: den Fingerabdrucksensor auf der Rückseite. Das geht einher mit dem ersten der einleitend erwähnten Rückschritte in Fragen der Hardwareausstattung: Die erst mit dem Vorgänger eingeführte Gesichtserkennung wurde bereits wieder gestrichen. Das kann man aus einer technischen Perspektive durchaus betrüblich finden, gleichzeitig ist es schwer zu leugnen, dass der Fingerprint in Zeiten der Covid-19-Pandemie der Gesichtserkennung oftmals überlegen ist. Wer immer wieder sein Passwort in der U-Bahn eintippen muss, weil die Maske eine Erkennung verhindert, wird wissen, wovon die Rede ist.

Nun könnte man natürlich argumentieren, dass andere Hersteller schon seit längerem eine moderner anmutende Fingerabdruckerkennung im Display anbieten. Gerade in diesem Fall gilt aber: Neuer ist nicht unbedingt besser. Solche Sensoren sind nämlich entweder langsamer oder erheblich unsicherer – und durch die kleinen Erkennungsflächen ohne tastbare Umrahmung auch mühsamer zu nutzen. Und wo der Sensor optimal sein soll, ist eine Frage, auf die sich ohnehin nie alle einigen werden. Die einen bevorzugen die rückseitige Position, weil sie so leicht das Gerät direkt beim Entnehmen aus der Tasche entsperren können, die anderen haben den Sensor lieber an der Vorderseite, weil sie im Auto in einer Halterung sonst nur mühsam herankommen.

Das Display

Beim Einschalten des Geräts zeigen sich die nächsten großen Änderungen: Das Display nimmt jetzt praktisch die gesamte Vorderseite des Geräts ein, vor allem der dicke Rahmen oberhalb des Displays ist verschwunden. Generell gibt es zwar Smartphones, die noch einen kleineren "Bezel" – wie dieser Rahmen auch heißt – aufweisen, dafür ist er bei Google jetzt an allen Seiten gleich groß, was dem optischen Auftritt guttut. Im Vergleich zu vielen anderen Android-Geräten gefällt dabei vor allem, dass auch unten der Abstand sehr klein gehalten werden konnte.

Von all den Sensoren des Vorgängers ist nur mehr ein Punchhole-Ausschnitt für die Frontkamera übrig geblieben. Selbst einen Telefonielautsprecher gibt es nicht mehr. Der Ton wird über das Display ausgegeben.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Möglich wird dies einerseits durch die Entfernung all der bisher für die Gesichtserkennung verwendeten Sensoren, aber auch der Miniradar "Soli" aus Googles eigener Entwicklung ist – zumindest für diese Hardwaregeneration – bereits wieder Geschichte. Sieht man sich die Reaktionen auf das Pixel 4 an, dürfte dieser aber ohnehin kaum jemandem abgehen.

Zudem wurden Umgebungslicht- und Annäherungssensor unter das Display gepackt, und statt eines Telefonielautsprechers wird jetzt der Bildschirm zur Tonausgabe genutzt. Ein an dieser Technologie arbeitendes Start-up hatte Google vor zwei Jahren übernommen, insofern kommt dieser Schritt nicht ganz überraschend.

Ein Loch mit Nachteilen

Verbleibt nur mehr die Frontkamera, die durch einen Punchhole-Ausschnitt das Display links oben durchbricht. Eine derzeit von vielen Herstellern genutzte Lösung, die allerdings auch gewisse Nachteile birgt. Unvermeidbar ist, dass ein solches Punchhole auf Kosten des Platzes in der Statuszeile geht, also entsprechend weniger Benachrichtigungs-Icons angezeigt werden können. In der Variante von Google wird dadurch aber die Statuszeile auch noch höher – und zwar nicht ein bisschen, sondern wirklich doppelt so hoch. Ein Effekt, den manche bereits vom Pixel 3 kennen könnten, der aber zumindest "gewöhnungsbedürftig" ist und bei vielen Apps auch Platz für die eigentlichen Inhalte wegnimmt.

Die Reduktion des Rahmens resultiert wiederum darin, dass das Display in Relation zur Gehäusegröße erfreulich groß ausfällt. Mit 6 Zoll liegt es ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Pixel 4 (5,7 Zoll) und dem Pixel 4 XL (6,3 Zoll). Das bedeutet auch, dass bisher an die XL-Modelle gewohnte Nutzer nur ein moderates Downgrade in dieser Hinsicht hinnehmen müssen. Das ist allerdings unvermeidlich, wenn man das Pixel 5 haben will. Denn falls es jemandem noch nicht aufgefallen ist: Eine XL-Ausführung gibt es heuer nicht.

Der Bildschirm gefällt

Zurück zum Display: Dabei handelt es sich um ein OLED mit einer Auflösung von 2.340 x 1.080 Pixeln, woraus eine Pixeldichte von 432 PPI resultiert. Das Seitenverhältnis beträgt 19,5:9, es wird HDR10+ unterstützt. Und auch 90-Hz-Support ist wieder mit dabei. Viele Zahlen, aber was bedeutet das in der Praxis?

Kurz gesagt: Die Bildqualität des Pixel 5 ist sehr gut, die etwas geringere Auflösung im Vergleich zum Pixel 4 XL mit freiem Auge nicht erkennbar. Die maximale Helligkeit kann sich ebenfalls sehen lassen, wodurch Inhalte am Pixel 5 selbst unter direkter Sonnenlichteinstrahlung noch gut lesbar sind. Das ist deswegen bemerkenswert, weil es sich dabei um eine traditionelle Schwäche der Pixel-Geräte handelt. Allerdings auch eine, die schon beim Pixel 4 vor einigen Monaten über ein Software-Update behoben wurde. Wie andere Hersteller nutzt Google nun die eigentlich für die HDR-Darstellung gedachten Maximalwerte des Displays, um kurzfristig eine solch große Helligkeit zu erreichen. Der Begriff "kurzfristig" ist dabei wichtig, generell wird dies nämlich bei allen Herstellern beschränkt, um ein Einbrennen des OLED-Displays zu verhindern.

Im direkten Vergleich zum Vorgänger wirkt die Darstellungsqualität eine Spur kräftiger und klarer. Aber ganz generell muss angemerkt werden, dass die Zeiten, in denen sich Hersteller über das Display signifikant abheben konnten, vorbei sind. Die die mit freiem Auge noch wahrnehmbaren Unterschiede sind mittlerweile marginal. Wirklich betrüblich ist hingegen, dass jenes "Ambient EQ" genannte Feature, über das die Farbtemperatur des Displays automatisch an das Umgebungslicht angepasst wurde, für das Pixel 5 ebenfalls wieder gestrichen wurde.

Schutz

Geschützt wird der Bildschirm durch Gorilla Glass 6 und damit die aktuellste Generation des gehärteten Glases. Das ist nett, aber wem schon einmal ein Smartphone runtergefallen ist, der weiß natürlich, dass all diese Versprechungen in der Praxis begrenzte Aussagekraft haben.

Eine größere Rolle spielt da schon der Aufbau des Geräts, und hier erfreut, dass Google auf Spielereien wie die seitlich gebogenen Edge- oder Waterfall-Displays verzichtet. Erhöhen diese doch die Beschädigungsgefahr genauso wie eine Glasrückseite. Insofern ist das Pixel 5 in dieser Hinsicht eigentlich ganz gut aufgestellt. Das ändert allerdings wenig an einer recht simplen Realität des Smartphone-Alltags, die über all dem Gesagten steht: Fällt das Gerät unvorteilhaft auf einen harten Boden, ist das Display kaputt, hat man Glück, passiert nichts.

Das Pixel 5 von vorne betrachtet.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Der Prozessor

Wer sich angesichts all der bereits erwähnten Einschränkungen und gestrichenen Features nun denkt: "Das ist doch kein High-End-Smartphone!", der wird sich durch das Folgende bestätigt sehen: Als Prozessor verwendet das Pixel 5 einen Snapdragon 765G und damit einen Qualcomm-Chip der oberen Mittelklasse, der unter anderem auch beim OnePlus Nord zum Einsatz kommt. Klingt gewagt, hat aber durchaus gute Gründe: Qualcomms derzeit stärksten SoC (System on Chip), den Snapdragon 865/865+, gibt es nämlich nur im Paket mit einem externen 5G-Modem. Diese Kombination braucht nicht nur mehr Platz, sie erhöht auch den Stromverbrauch und vor allem: den Preis. Der Snapdragon 865 ist erheblich teurer als seine Vorgänger, was seinen Teil zu den immer absurder werdenden Preisen im Premium-Smartphone-Segment beigetragen hat. Der Snapdragon 765G bietet zwar auch 5G-Support, dort ist das Modem aber bereits fix integriert, was den Stromverbrauch im Zaum hält. Und natürlich ist dieser Chip auch günstiger.

Was für eine Performance liefert der Snapdragon 765G nun? Geht man nach den Benchmark-Werten, ist das Ergebnis recht klar – und wenig berauschend: Sowohl CPU als auch Grafikleistung sind irgendwo zwischen Pixel 3 und Pixel 4 angesiedelt, also zwischen einem Topgerät des Jahres 2018 und einem des Jahres 2019. Auch im Vergleich zum Mittelklasse-Gerät von Google, dem Pixel 4a, ist der Unterschied nicht allzu groß. 20 bis 30 Prozent bessere CPU-Leistung und 50 Prozent bessere Grafikleistung liefert der Achtkernprozessor (1 x 2,4 GHz, 1 x 2,2 GHz, 6 x 1,8 GHz), dem eine Adreno-620-GPU zur Seite gestellt ist.

Spezifikation vs. Erfahrungen

Im Alltag sieht es dann schon wieder anders aus. Das gesamte Geschehen am Pixel 5 läuft äußerst flott ab, Hänger oder andere Performancedefizite konnten im Testverlauf nicht beobachtet werden. Apps starten sogar leicht flotter als beim Pixel 4, was aber vor allem an den etwas flinkeren Speicherchips liegen dürfte. Und dank 8 GB RAM (statt 6) bleiben auch mehr Apps gleichzeitig im Speicher aktiv, was noch einmal der subjektiven Performance zuträglich ist.

Entwarnung gibt es in Hinblick auf den 90-Hz-Modus: Im Gegensatz zum OnePlus Nord läuft dieser hier nämlich tadellos. Ganz so weich wie bei einem 120-Hz-Gerät sind die Animationen zwar nicht, aber der Unterschied zu einem 60-Hz-Display ist groß. Generell zeigt Google wieder einmal, dass man sehr gut darin ist, die Leistung der eigenen Geräte zu optimieren.

Eine neue alte Kamera

Wenn es eine Stärke gibt, mit der sich die Pixel-Reihe einen Namen gemacht hat, dann ist es die Kamera. Und zwar nicht, weil man die meisten oder größten Sensoren verwendet, es ist die Bildqualität, die Tester von Jahr zu Jahr aufs Neue begeistern kann. Verantwortlich dafür zeichnen die Stärken des Unternehmens im Bereich "Computational Photography", bei der eine Vielzahl von Bildern zu einer fertigen Aufnahme kombiniert wird.

Diesem Ansatz bleibt man beim Pixel 5 nicht nur treu, Google verwendet sogar exakt denselben Sensor, den man schon seit dem Pixel 2 einsetzt: den Sony IMX363 mit 12 Megapixel und einer Pixelgröße von 1,4 μm. Diesen kombiniert man mit einer Blende von f/1,7, einem Zwei-Phasen-Autofokus, optischer und elektronischer Bildstabilisierung sowie einem Blickfeld von 77 Grad.

Ein Schnappschuss mit der Hauptkamera: Die Bilder am Tag werden schön scharf, das Rauschen ist ebenfalls relativ gering, obwohl Google in Gegensatz zu so manch anderem Hersteller darauf verzichtet, die Details zu verwischen.
Foto: Proschofsky / STANDARD
Bei dramatischen Lichtverhältnissen spielt Googles HDR+ seine Stärken ganz aus, hier sind die Bilder auch noch eine Spur besser als beim Vorgänger.
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Eine eigene Makrokamera gibt es zwar nicht, aber das ist kein sonderlicher Verlust: Wer näher an Objekte heran will, kann einfach die 2x-Vergrößerung verwenden und bekommt dann auch schönen, natürlichen Bokeh.
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Das Ergebnis ist insofern nicht sonderlich überraschend: Die Aufnahmen sind einmal mehr hervorragend, vor allem Farbgebung und Dynamikumfang sind wirklich beeindruckend. Letzterer ist beim Pixel 5 sogar noch eine Spur besser, da Google seinen HDR+-Modus überarbeitet hat, was sich vor allem bei dunklen Stellen zeigt. Gleichzeitig muss man natürlich auch sagen: Ansonsten halten sich die Fortschritte zum Pixel 4 in einem äußerst engen Rahmen. Beim allergrößten Teil der Aufnahmen ist es auf den ersten Blick kaum möglich, Unterschiede zwischen den beiden Geräten zu erkennen.

Am Abend wird es hell

Etwas anders sieht es am Abend aus, da sind die Aufnahmen nämlich tatsächlich teilweise erheblich besser – zumindest von Haus aus. Das liegt an einer simplen Änderung in der Kamera-App: Der Nachtsichtmodus wird nämlich jetzt bei den entsprechenden Lichtverhältnissen automatisch aktiviert. Eine sehr gute Idee, zumal dieser wirklich hervorragend funktioniert. Im Endeffekt gilt hier die alte Weisheit: Voreinstellungen sind wichtig. Und wer diesen Automatismus partout nicht mag, kann ihn natürlich deaktivieren, oder umgekehrt den Nachtsichtmodus gezielt auswählen. Das ist alleine schon deswegen von Bedeutung, weil sich über diesen zum Teil auch tagsüber bessere Aufnahmen herausholen lassen.

Ein einfacher Schnappschuss am Abend: Dank automatisch aktivierter "Nachtsicht", bleiben auch hier sehr viele Details übrig.
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Ein neues Feature: Die Nachtsicht lässt sich jetzt auch mit dem Porträtmodus kombinieren, die Ergebnisse sind wie gewohnt sehr gut, aber natürlich nicht perfekt, wie es bei solch berechneten Tiefeneffekten immer der Fall ist.
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Der Automatismus hat aber noch einen interessanten Nebeneffekt: Der Porträtmodus kann so nun mit der Nachtsicht kombiniert werden, der Bokeh-Effekt klappt nun also auch in den Abendstunden. Eine weitere interessante Neuerung für den Porträtmodus: Es kann im Nachhinein die Beleuchtung von Gesichtern korrigiert werden. Klingt nach schwarzer Magie, geht aber tatsächlich. Google zeigt damit einmal mehr, wie man mithilfe von Maschinenlernen sinnvolle Neuerungen anbieten kann, die mehr als jene Gimmicks sind, die bei vielen anderen Herstellern im Fokus zu stehen scheinen. Exklusiv für das Pixel 5 ist dieses Feature aber nicht, es kann schon in aktuellen Versionen von Google Photos mit älteren Geräten genutzt werden.

Kein Pixel Neural Core mehr

All das klappt, obwohl Google in dieser Hinsicht einen weiteren Hardware-Rückschritt vorgenommen hat: Jener von Google selbst entwickelte "Pixel Neural Core", der zuletzt – unter anderem – für die Bildverarbeitung genutzt wurde, fehlt beim Pixel 5. Das liegt daran, dass andere Aufgaben dieses Chips, etwa rund um die Gesichtserkennung, weggefallen sind. Und das, was übrig bleibt, könne man mit den entsprechenden Komponenten des Snapdragon 765G ebenso flott abwickeln, betont Google. Ganz lässt sich dieser Behauptung allerdings nicht zustimmen, an einigen Stellen wirkten die HDR+-Berechnungen dann doch langsamer. Die Nachtsicht war hingegen ähnlich schnell. Als wirklich problematisch hat sich dieser Effekt im Testverlauf aber nicht erwiesen. Trotzdem verstärkt sich damit der Eindruck, dass Google heuer deutlich generischere Hardware als noch in den Vorjahren verwendet.

Endlich eine Weitwinkelkamera

Wirklich interessant wird es dann bei der zweiten Kamera, nimmt Google doch an dieser Stelle einen Wechsel vor. Statt einer Tele- gibt es nun eine Weitwinkelkamera. Das ist insofern amüsant, da das Unternehmen im Vorjahr noch stock und steif behauptet hatte, dass die Telekamera wichtiger als der Weitwinkel sei. Das führte damals zu viel Kritik an Google, und das wiederum zur Kehrtwende. Wie dem auch sei: Heuer gibt es also einen 16-Megapixel-Sensor mit 1,0 μm Pixelgröße, einer Blende von f/2.2 und einem Betrachtungswinkel von 107 Grad.

Die Weitwinkelkamera liefert sehr gute Aufnahmen und bietet vor allem eine andere Perspektive
Foto: Proschofsky / STANDARD
Am Abend werden die Aufnahmen mit der Weitwinkelkamera dann merklich unschärfer.
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Die gute Nachricht: Die von Googles Ultraweitwinkelkamera gelieferten Bilder sind äußerst gut, rein von der Bildqualität her sind sie sogar eine Stufe über den Aufnahmen der aktuellen Samsung-Topgeräte anzusiedeln. Im Gegenzug gibt es bei Samsung aber einen größeren Blickwinkel von 120 Grad, in Summe geht dieses Rennen also wohl unentschieden aus.

Ansonsten gibt es natürlich auch hier die üblichen Schwächen solcher Kameras, also etwa dass die Bilder etwas weniger scharf sind, was sich gerade am Abend bemerkbar macht. Generell ist der Sensor weniger lichtstark als die Hauptkamera, und das merkt man auch. Allerdings arbeitet Google mit seiner "Nachtsicht" dagegen, die auch bei dieser Kamera automatisch aktiviert wird.

Die Telekamera fehlt

Das wirft natürlich die Frage auf: Geht die Telekamera überhaupt jemandem ab? Google meint, dass man dies mit den eigenen Algorithmen, also dem "SuperResZoom" auffangen kann, das ist aber schlicht Nonsens. Während dieser vor allem bei Vergrößerungsfaktor 2 oder 3 tatsächlich noch sehr gute Bilder liefert – amüsanterweise zum Teil sogar bessere als High-End-Geräte wie das Note 20 Ultra – zeigt sich danach dann der Unterschied deutlich.

Die maximale Vergrößerung liegt bei Faktor 7, und die bei einer solchen Vergrößerung gelieferten Bilder sind qualitativ einigermaßen zweifelhaft. Das gilt zwar auch für andere Smartphones, etwa die billigeren der S20/Note20-Reihen, aber trotzdem ist es äußerst betrüblich, dass die Telekamera beim Pixel 5 nicht mehr vorhanden ist. Immerhin ist das ja keine Entweder/Oder-Entscheidung, es soll auch Hersteller geben, die drei und mehr Sensoren verbauen. In Wirklichkeit ist das natürlich das Resultat davon, dass Google den Entwicklungsaufwand für das Pixel 5 möglichst gering halten wollte. So ist ja auch die Weitwinkelkamera de facto nicht anderes als der zuvor für die Tele verwendete Sensor mit einer anderen Linse.

Die optische Telefotolinse lässt sich nicht ersetzen. Hier eine 7x-Aufnahme mit dem Pixel 5.
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Zum Vergleich die selbe Szene mit dem Pixel 4. Hier bleiben erheblich mehr Details über.
Foto: Proschofsky / STANDARD
Gegen das Note 20 Ultra und dessen Spezialhardware haben dann beide bei solch hohen Vergrößerungsfaktoren keinerlei Chance mehr. Zumindest darf sich Google damit trösten, dass die Samsung-Software einmal mehr die Farbgebung übertreibt.
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Selfies

Eine Frontkamera gibt es natürlich auch noch. Diese hat 8 Megapixel, f/2.0, eine Pixelgröße von 1,12 μm sowie einen Betrachtungswinkel von 83 Grad und einen festen Fokus. Die resultierenden Bilder sind noch immer gut, trotzdem stünde auch hier langsam mal der Wechsel auf einen anderen Sensor an – und auf einen Autofokus. Uneingeschränkt zu begrüßen ist hingegen, dass Google mittlerweile von Haus aus keinerlei "Verschönerungs"-Filter für Selfies mehr anlegt. Dies wäre auch bei vielen anderen Herstellern wünschenswert.

Kein Selfie, aber zumindest ein Porträtfoto, und das dafür noch mit Katze, was ohnehin immer besser ist.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Kommen wir zu etwas Erfreulicherem: Google hat nämlich tatsächlich die Videofähigkeiten seiner Smartphones verbessert. So wird nun endlich 4K bei 60 Bildern pro Sekunde unterstützt. Die gelieferte Videoqualität ist sehr gut, aber entgegen des Rufs der Pixel-Geräte war das eigentlich schon jetzt nicht das ganz große Problem. Wichtiger ist, dass eine Reihe von neuen Features den Verdacht aufkommen lässt, dass Google das Thema Video endlich einmal ernst zu nehmen beginnt. Dazu gehört eine Audio-Zoom-Funktion, die die Tonaufnahme auf das jeweils gerade gefilmte ausrichtet – oder es zumindest probiert. Denn wie immer bei solchen Lösungen gilt: Große Wunder sollte man sich in dieser Hinsicht nicht erwarten.

Spannender sind da schon die unterschiedlichen Stabilisierungsmodi: Neben der Standardstabilisierung, die ohnehin bereits sehr gute Dienste verrichtet, gibt es nun auch einen "Aktivmodus", der vor allem für sportliche Aktivitäten gedacht ist. Sehr interessant ist auch der "Locked"-Modus, der selbst bei herangezoomten Aufnahmen garantiert, dass das Bild stabil bleibt und keinerlei Händewackeln zu bemerken ist. Und solange man nicht stark wackelt, funktioniert dies tatsächlich. Und dann wäre noch ein Spezialmodus namens "Cinematic Pan". Dieser ist für Kamerafahrten gedacht, um das Profi-Feeling noch zu verstärken wird hier die Geschwindigkeit auf die Hälfte reduziert. Das sieht nett aus.

App-Umbauten

Bereits von früheren Geräten sind die Zeitraffer- und Zeitlupenfunktionen bekannt. Beim Pixel 5 werden diese aber nun direkt in der Hauptansicht des Videomodus zum Schnellzugriff geboten. Überhaupt ist im einst so vollgeräumten "Mehr"-Bereich der App nur mehr wenig zu finden. Das liegt auch daran, dass die Daydream-Augmented-Reality-Spielereien entfernt wurden.

Generell wurde die App optisch überholt, dazu gehört auch, dass nun für die Zoom-Stufen Buttons angezeigt werden, den alten Regler gibt es erst nach einem Langdruck an dieser Stelle. Doch noch einmal zurück zum Zeitlupenmodus: Für diesen relevant ist, dass nun 1.080-p-Videos mit bis zu 240 FPS aufgenommen werden können.

Es kommen Zweifel auf

In Summe bietet das Pixel 5 zwar noch immer eine hervorragende Kamera, die Änderungen zum Vorgänger bewegen sich aber in sehr engen Bahnen. Vor allem in Hinblick auf Videos hat man endlich etwas getan, die Bildqualität ist auch einen Ticken besser, und die Umarbeitungen an der Kamera-App sind allesamt zu begrüßen – vor allem auch der automatische Nachtsichtmodus.

Gleichzeitig ist nicht zu leugnen, dass andere Smartphones mehr Flexibilität in Sachen Fotografie bieten. Und dass man im Jahr 2020 so tut, als müsste man sich zwischen Weitwinkel- und Telekamera entscheiden, als wäre dies eine Entweder-oder-Frage, ist eigentlich ein schlechter Witz. Dazu kommt, dass unklar ist, wie viele der jetzt noch exklusiv angepriesenen Features es in den kommenden Monaten auch für ältere Pixel-Generationen geben wird. Große technische Gründe dagegen dürfte es eigentlich nicht geben.

Die Kamera bleibt eine Stärke der Pixel-Reihe, ein Hardware-Upgrade stünde Google aber trotzdem einmal gut an. Gar nicht so sehr beim Hauptsensor, wichtiger wäre es, noch ein vernünftige Telekamera dazuzupacken.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Ein Akku zum gern haben

Kommen wir zum Akku und damit endlich einmal einem Bereich, wo es wirklich ein massives Upgrade gibt: Statt der mageren 2.800 mAh des Vorgängers gibt es beim Pixel 5 nun satte 4.000 mAh. In Kombination mit dem sparsameren Prozessor wird eine Schwäche zu einer Stärke ausgebaut. Im Akku-Benchmark von PCMark hielt der Akku fast 14 Stunden lang durch – und das bei aktiviertem 90-Hz-Modus. Ein hervorragender Wert. Subjektiv war die Screen-on-Time im Testzeitraum irgendwo zwischen sieben und acht Stunden. Wie immer gilt dabei: Bitte nicht das Wort "subjektiv" in Hinblick auf diesen Wert übersehen, Akkulaufzeiten hängen von dermaßen vielen Faktoren ab (Bildschirmhelligkeit, Netzwerkqualität, Zahl und Qualität der installierten Apps), dass sich solche Angaben nicht verallgemeinern lassen. Aber wie gesagt: Im subjektiven Vergleich zu anderen aktuellen Geräten ist das ein hervorragender Wert.

Wem das noch nicht reicht, der kann den 90-Hz-Modus deaktivieren und damit noch einmal eine um rund 30 Prozent längere Laufzeit herausschinden. Für den Fall, dass es dann doch einmal eng wird, gibt es den neuen "Extreme Battery Saver Mode". Dieser setzt ein ganzes Maßnahmenbündel um, um den Stromverbrauch weiter zu minimieren. Einmal aktiviert, wird das Smartphone weniger oft aufgeweckt, um nach neuen Nachrichten zu schauen oder anstehende Aufgaben zu erledigen. Zudem wird fix auf die langsameren Prozessorkerne gewechselt, das Arbeitsprofil wird ebenso deaktiviert wie WLAN- und Bluetooth-Scanning. Tethering geht ebenfalls nicht. Vor allem aber können die Nutzer frei festlegen, welche Apps in diesem Modus aktiv bleiben sollen – und welche temporär eingefroren werden.

Für Sparfüchse

Es dürfte keine Überraschung sein, dass solch ein weniger smartes Smartphone natürlich erheblich länger durchhält. Als Alltagseinstellung empfiehlt sich das aber natürlich nicht. Jedenfalls ist erfreulich, dass Google das im Gegensatz zu den Android-Basteleien anderer Hersteller strikt optional hält. Die Nutzer können wählen, ob sie den Extreme Battery Saver immer zuschalten wollen, wenn der klassische Stromsparmodus anschlägt – oder auch nie. Oder es so halten, dass sie sich immer im Fall des Falles entscheiden müssen. So wissen die Nutzer nicht nur, worauf sie sich einlassen, die Entscheidung über die Beschränkung bleibt bei ihnen. Daran könnten sich andere Hersteller ein Vorbild nehmen, die ungefragt mit ihren Stromsparmaßnahmen für allerlei Probleme sorgen.

Reverse Wireless Charging mit dem Pixel 5.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Das Pixel 5 bietet recht konventionelles USB-C-Fast-Charging mit 18 Watt, damit ist der Akku in etwas mehr als einer Viertelstunde wieder bei 25 Prozent Ladung. Voll war er im Test dann nach etwas mehr als 80 Minuten. Alternativ gibt es einmal mehr drahtloses Laden nach dem Qi-Standard.

An der Stelle darf der technisch interessierte Leser schon mal stocken. Drahtloses Laden und eine Aluminium-Rückseite, wie geht das? Die Lösung ist recht simpel: Unter der Lackierung der Rückseite des Pixel 5 befindet sich versteckt ein kleiner Ausschnitt, der mit Kunststoff gefüllt ist, und durch dieses Fenster kann die Ladung übertragen werden. Die maximale drahtlose Ladeleistung des Pixel 5 ist mit 12 Watt übrigens minimal größer als beim Pixel 4 (11 Watt). Andere Hersteller sind aber auch hier schon weiter. Als Bonus gibt es zum ersten Mal bei einem Pixel-Smartphone "Reverse Wireless Charging" oder wie es Google nennt "Battery Share". Darüber kann das Smartphone seine Ladung mit anderen Geräten teilen, was vor allem für Earbuds sehr nützlich ist.

Sound zum Abgewöhnen

Beinahe schon als Fehlangabe muss man Googles Behauptung klassifizieren, dass das Pixel 5 Stereo-Sound hat. Das liegt an dem erwähnten Verzicht auf einen "echten" Telefonielautsprecher. Die Lösung mit dem vibrierenden Display ist zwar für Telefonie durchaus geeignet, für alles andere aber leider weniger.

Das führt dazu, dass der verbliebene echte Lautsprecher nicht nur deutlich lauter als die Bildschirmlösung ist, er klingt auch komplett anders weil voller. In Summe sind die Lautsprecher definitiv ein Schwachpunkt des Pixel 5, und ein signifikantes Downgrade zu früheren Pixel-Generationen. Besser sieht es bei der Tonaufnahme aus: Google liefert drei Mikrofone, mit deren Hilfe unter anderem störende Hintergrundgeräusche minimiert werden.

5G

Ein entscheidendes Merkmal des Pixel 5 wurde bereits beim Prozessor angesprochen: Es gibt 5G-Support. Das europäische Modell muss dabei zwar auf mmWave-Support – und damit auf einen Teil der 5G-Frequenzen – verzichten, aber das ist ehrlich gesagt auch besser so. In Österreich gibt es noch nicht einmal einen Termin für eine Versteigerung der entsprechenden Frequenzen, im Gegenzug macht mmWave-Support wegen des komplexen Antennenaufbaus Smartphones bekanntermaßen noch einmal teurer. Wer das nicht glaubt, der darf einen Blick in die USA werfen. Dort führt der mmWave-Support nämlich dazu, dass das Pixel 5 deutlich mehr kostet als in Europa.

Wie schon die Vorgänger beherbergt das Pixel 5 sowohl eine E-SIM als auch einen klassischen Nano-SIM-Slot, womit Dual-SIM-Support möglich ist. Das allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung: Mit 5G-Netzen geht das nicht. Ist eine der SIMs mit 5G verbunden, wird der Dual-SIM-Support kurzerhand komplett deaktiviert.

Vermischtes

Der lokale Speicherplatz ist 128 GB groß und damit doppelt so groß wie beim Pixel 4. Das ist erfreulich, Varianten mit mehr Storage gibt es aber ebenso wenig wie einen Micro-SD-Slot. Das Pixel 5 ist einmal mehr nach IP68 vor Staub und Wasser geschützt. Gestrichen wurde hingegen ein weiteres langjähriges Feature der Google-Smartphones: Jenes "Active Edge" genannt Feature, über das mittels eines Quetschens des Rahmens der Google Assistant aufgerufen werden konnte.

Weitere Eckdaten: Es gibt WLAN5, Bluetooth 5.0, NFC, USB C (USB 3.1) sowie Lokalisierung mithilfe von GPS, GLONASS, Galileo, QZSS und BeiDou. Und besonders wichtig: Google liefert mit dem Titan M erneut einen eigenen Sicherheitschip mit, der das Smartphone zusätzlich schützt.

Android 11 vom Start weg

Als Software gibt es Android 11 und damit die erst vor wenigen veröffentlichte, aktuellste Version des Betriebssystems. Ebenso erfreulich sieht es beim Update-Versprechen aus. Drei Jahre lang große Versionssprünge sowie Sicherheitsaktualisierungen verspricht Google, das Pixel 5 wird also dereinst sogar noch Android 14 erhalten. "Erfreulich" ist in diesem Zusammenhang allerdings ein äußerst relativer Begriff, und zwar relativ zu den meisten anderen Android-Herstellern. Denn um ganz ehrlich zu sein: Es wäre dringend an der Zeit, dass dieses Support-Zeitfenster ausgedehnt wird – und zwar substanziell.

Bei der Einrichtung werden einige Apps optional angeboten. Der "Extreme Battery Saver" deaktiviert ausgewählte Apps und gewisse Hintergrunddienste, die Rastergröße beim Pixel-Launcher kann nun ebenfalls verändert werden. Und von Haus aus empfiehlt Google jetzt den Dark Mode.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Da die älteren Pixels bereits Android 11 haben, ist die Softwareausstattung weitgehend bekannt. Ein paar interessante Neuerungen gibt es beim Pixel 5 aber doch. Dazu gehört ein Feature namens "Hold for me", mit dem der Google Assistant das lästige Warten in Warteschleifen übernimmt. Leider zeigt sich dabei einmal mehr Googles unerfreuliche Eigenart, gewisse Features den USA vorzubehalten – in Europa klappt das also nicht.

Was bleibt, sind kleinere Verbesserungen am Pixel Launcher, etwa die Möglichkeit, die Rastergröße anzupassen, oder auch ein paar neue Highlight-Farben für das einfache Theming-System. Und natürlich gibt es wieder diverse Bildschirmhintergründe, die den Punchhole-Ausschnitt verspielt umrahmen. Interessant ist auch, dass Google beim Setup mittlerweile die generelle Aktivierung des Dark Mode vorschlägt.

Recorder <3

Schon im Vorjahr ein echtes Highlight, hat Google für das Pixel 5 die "Recorder"-App noch einmal erweitert. Zu Erinnerung: Die App transkribiert Tonaufnahmen automatisch, und zwar in Echtzeit und direkt am Gerät. Eine Internetanbindung ist also nicht notwendig. Mit der neuen Version treibt man dieses Konzept nun auf die Spitze. Es können in der Transkription Passagen markiert werden, die dann herausgeschnitten werden – und zwar auch aus der Tonspur.

Zudem gibt es jetzt eine Sharing-Funktion, die perfekt ist, um kurze Zitate rasch via Social Media zu teilen. Dabei werden Ton und Text zu einem kleinen Videoclip zusammengestellt, die Nutzer können zwischen verschiedenen Layouts wählen. Doch bevor hier jetzt allzu große Begeisterung ausbricht: All das ist einmal mehr auf Englisch begrenzt. Google verspricht zwar eine "baldige" Ausweitung auf andere Sprachen, aber das war schon vor einem Jahr sehr ähnlich zu hören.

Die Kamera-App erfuhr eine optische Umarbeiten. Besonders nett ist dabei, dass auch die neuen Stabilisierungsmodi mit kurzen Videoclips erklärt werden. Der Recorder erlaubt nun das Ausschneiden von Tonpassagen über das Transkript und bietet eine Sharing-Funktion für Zitate.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Eine kleine Anmerkung zur Softwareauswahl: Diese fällt im Vergleich zu den meisten anderen Anbietern erfreulich schlank aus. Trotzdem gibt es noch einige Apps, wo man sich fragt, warum diese unbedingt fix vorinstalliert sein müssen. Google Play Movies – bald: Google TV – ist so eine. Der gerade noch gelobte Recorder eine andere. Immerhin hat Google Mechanismen, um Apps beim Setup nachzureichen, die dann ganz normal restlos entfernt werden können.

Verfügbarkeit

Das Pixel 5 ist ab Donnerstag in den Farben Schwarz und "Sorta Sage" zu einem Preis von 629 Euro erhältlich. Für österreichische Interessen gilt allerdings einmal mehr: Wer das Gerät haben will, muss entweder darauf warten, dass es Dritthändler importieren, oder es sich selbst aus Deutschland besorgen. Dort kostet es dann wegen der aktuellen Mehrwertsteuersenkung sogar noch etwas weniger, nämlich 613 Euro.

Die fehlende offizielle Verfügbarkeit in Österreich mag ärgerlich sein, die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass die Google-Geräte auch hierzulande schon bald recht einfach zu bekommen sein werden. Die wirklich zentrale Hürde ist derzeit ein andere: Google scheint sich beim Interesse für das Pixel 5 grob verkalkuliert zu haben.

Vor einigen Wochen war zu hören, dass man deutlich weniger Geräte als in den vergangenen Jahren produzieren will, das Ergebnis zeigt sich jetzt – das neue Google-Smartphone ist derzeit fast überall ausverkauft, allen voran im Google Store. Das mag allerdings auch daran liegen, dass man in einigen europäischen Ländern mit einer äußerst verlockenden Zugabe aufwarten konnte: Für Vorbesteller gibt es nämlich Bose QC-35-II-Kopfhörer kostenlos dazu, und die haben derzeit noch immer einen Straßenpreis von mehr als 200 Euro. Wer diese nachher weiterverkauft, kann das Pixel 5 also für etwas mehr als 400 Euro bekommen.

Das Pixel 5 ist eine Übergangslösung, das macht es aber nicht weniger interessant.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Fazit

Es gibt zwei Möglichkeiten, das Pixel 5 zu betrachten: Da wäre einmal die Perspektive eines Geräts, das im Vergleich zum Vorgänger in vielerlei Hinsicht ein Downgrade ist. Die Liste an gestrichener Hardware ist lang, von der Gesichtserkennung über den Miniradar bis zu "Active Edge". Dazu kommt, dass der Prozessor in Summe einfach langsamer als der des Vorgängers ist. Das mag man im Alltag derzeit nicht merken, aber wer weiß, wie es dann in zwei, drei Jahren aussieht. Für Besitzer eines Pixel 4 – und, um ehrlich zu sein, auch eines Pixel 3 – gibt es insofern wenig Gründe, sich die neue Hardwaregeneration zuzulegen. Eine Ausnahme bilden vielleicht noch jene, die angesichts der Maskenpflicht bereits einen gesteigerten Hass auf Gesichtserkennung entwickelt haben.

Doch bei Googles neuestem Smartphone drängt sich noch eine andere Perspektive auf: jene des "Zurück zu den Basics". Die eines Geräts, das die Kernaufgaben hervorragend erledigt, das eine tolle Kamera hat, dessen Akku – endlich – äußerst lang durchhält. Also eigentlich schon fast ein "Flaggschiff-Killer" oder, wenn man so will, eben ein indirekter Abkömmling von Googles älterer Nexus-Reihe. Eine Spur günstiger könnte es für diesen Titel dann zwar doch noch sein, zumal auch Samsungs Galaxy S20 FE preislich nicht mehr allzu weit entfernt ist – zumindest wenn man auf 5G verzichten kann. Aber für echte Google-Fans scheint das Pixel 5 wie geschaffen. (Andreas Proschofsky, 14.10.2020)