Das Neurologische Zentrum am Rosenhügel wurde dank Rothschild-Stiftung gebaut und betrieben.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die Auseinandersetzung um die "Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung" ist um eine juristische Facette reicher. Der Familiennachfahre Geoffrey R. Hoguet wendet sich mit einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Wien. Begehrt wird die Aufhebung von Beschlüssen aus dem Jahr 2017. Das teilten Hoguet, mittels Videokonferenz aus New York zugeschaltet, und Anwalt Wulf Gordian Hauser mit.

Die Vorgeschichte

Im Fokus steht jene Anfang des 20. Jahrhunderts gegründete Stiftung, die das bis heute existierende Neurologische Zentrum Rosenhügel errichtet hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1956 das Magistrat als Verwaltungsorgan eingesetzt. Vertreter der Rothschild-Familie sind nicht mehr vertreten. Hoguet verlangt seit längerem, dass ein unabhängiges Kuratoriums mit zwölf Mitgliedern die Stiftung verwaltet.

Die Stiftung wurde nach dem Tod von Nathaniel Freiherr von Rothschild gegründet. 1938 wurde die Stiftung von den Nationalsozialisten aufgelöst und Teile des Grundstücks verkauft. In der Nachkriegszeit machte die Stadt die Auflösung der Stiftung rückgängig, wobei stets betont wird, dass das Stiftungsvermögen restituiert worden sei. Außerdem erfülle man mit dem Fortbetrieb der Krankenanstalt den Stiftungszweck.

Auflösungsklausel im Fokus

Der Familien-Nachfahre und deren Rechtsvertreter bekritteln jedoch, dass die Stadt durch die Nachkriegsbeschlüsse die Stiftung zunächst verwaltet und dann auch übernommen hat – wobei auf die Wiedereinsetzung des Kuratoriums verzichtet wurde. Stein des Anstoßes ist aber vor allem eine 2017 in die Satzung aufgenommene Auflösungsklausel. Das Stiftungsvermögen würde im Fall der Auflösung laut dem Passus für gemeinnützige Zwecke verwendet werden müssen.

Nach Ansicht der Beschwerdeführer bedeutet dies aber, dass die Stadt letztendlich über das Vermögen verfügen könnte. Sie betonen, dass vor allem die Grundstücke am Rosenhügel von hohem Wert seien. Schätzungen würde sich auf rund 100 Millionen Euro belaufen. Schon bei einer Verhandlung vor dem Bezirksgericht Anfang des Jahres zeigte sich die damalige Richterin irritiert über die Klausel. In letzter Konsequenz könnte die Stadt damit auch zur Eigentümerin des Vermögens werden, konstatierte sie. Dass Wien die Stiftung verwalte und bei einer Auflösung begünstigt werde, sei eine "klassische Kollision".

Somit fordern die Kläger nun, dass die Beschlüsse aus dem Jahr 2017 außer Kraft treten sollen. Da nicht mehr vorhanden, habe das Kuratorium nicht wie in den Statuten vorgesehen der Änderung zustimmen können. Die Stiftung soll jedenfalls in der Form von 1938 wieder errichtet werden, wird verlangt. Auch wird geltend gemacht, dass angesichts der überregionalen Bedeutung der Stiftung das Magistrat nicht als Stiftungsaufsichtsbehörde in Erscheinung hätte treten dürfen. Es handle sich vielmehr um eine Bundesstiftung. Somit sei der Bund für die Genehmigung von Satzungsänderung zuständig.

Stadt setzte Historiker-Kommission ein

Die Beschwerde wurde bereits eingebracht, auch eine öffentliche Verhandlung wird begehrt. Geoffrey R. Hoguet beteuerte einmal mehr, dass er kein finanzielles Interesse habe und es nicht um seinen persönlichen Profit gehe, sondern dass er wünsche, dass die Stiftung wieder in der ursprünglichen Form eingerichtet wird. Er bekräftigte auch seinen Wunsch nach Einsicht in alle Unterlagen.

Die Stadt hat kürzlich eine Kommission zur Untersuchung der Geschichte der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung eingerichtet. Historikerinnen und Historiker sollen die Geschichte der Stiftung von ihrer Errichtung 1907 über die Auflösung im Nationalsozialismus bis zur Wiederherstellung in der Nachkriegszeit aufarbeiten. Große Erwartungen an das Gremium hat Hoguet nicht, wie er sagte. Er sei auch nicht eingeladen worden, daran mitzuwirken. (APA, red, 30.9.2020)