Der Novomatic wird ein Deal mit der Politik nachgesagt – der U-Ausschuss sucht nach Beweisen

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Um die FPÖ und ihren einstigen Chef Heinz-Christian Strache geht es im U-Ausschuss nur noch am Rande. Vielmehr ist mittlerweile das Gebaren des türkisen Finanzministeriums ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Die SPÖ will nun auch den Fokus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ändern. Mittels einer Sachverhaltsdarstellung von Fraktionsführer Jan Krainer wurde die WKStA auf einen angeblichen Deal zwischen der ÖVP und dem Glücksspielkonzern Novomatic aufmerksam gemacht.

Was will die SPÖ entdeckt haben? Um Krainers Erzählung zu verstehen, muss man in die komplizierte einstige Eigentümerstruktur der Casinos Austria AG (Casag) eintauchen. Die Republik hielt dort eine Minderheitsbeteiligung, neben mehreren kleinen Aktionären musste sie sich künftige Unternehmensentscheidungen mit der tschechischen Sazka Group und dem Glücksspielkonzern Novomatic ausschnapsen. Novomatic und Sazka hatten allerdings einen Syndikatsvertrag, durften sich also gegenseitig nicht überstimmen.

Unter der türkis-blauen Koalition kam es, gelinde gesagt, zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Republik, vertreten durch das Finanzministerium, und Sazka. Um diesen Kampf nicht zu verlieren, musste die Novomatic die Seiten wechseln und die Anliegen des Finanzministeriums unterstützen.

Krainer vermutet nun, dass die Novomatic mit einer Glücksspiel-Novelle überzeugt werden sollte. Tatsächlich findet sich in den Unterlagen, die dem U-Ausschuss übermittelt wurden, ein ausgereifter Plan für ein neues Glücksspielgesetz, das tendenziell der Casag geschadet und privaten Anbietern wie der Novomatic geholfen hätte.

Anleitung für die Justiz

Diese Unterlagen sollen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zumindest im Sommer noch nicht vorgelegen sein. Deshalb übermittelte Krainer nun eine Art Anleitung, wonach die Justiz suchen soll.

Die Beteiligten bestreiten die Vorwürfe jedoch allesamt, und es gilt die Unschuldsvermutung. Novomatic-Anwalt Paul Zöchbauer weist darauf hin, dass der Konzern bereits eine Zivilklage gegen Krainer eingebracht habe. Im Finanzministerium nimmt man die Anzeigenflut, die sich auch gegen Minister Gernot Blümel (ÖVP) richtet, "zur Kenntnis" und verweist auf den Wiener Wahlkampf, wo Blümel als türkiser Spitzenkandidat fungiert.

Hinter den Kulissen stößt man sich im Ministerium jedoch daran, dass Krainer auch eine Spitzenbeamtin angezeigt hat. Das sei "hart an der Grenze" und verstoße gegen bisherige Usancen, hört man.

Der joggende Gudenus

Zusätzliche Erkenntnisse erhofft sich die Opposition jedenfalls von den weiteren Befragungen im U-Ausschuss. Am Dienstag war dort Lögers einstige Kabinettsvize geladen. Die Abgeordneten wollten herausfinden, ob die Großspenden ihres Mannes an die ÖVP ihre Karriere befördert hatten. "Ich brauche meinen Mann nicht dazu", so die langjährige Anwältin, die regelmäßig Politiker und Topmanager traf. Etwa den einstigen blauen Klubchef Johann Gudenus "beim Joggen".

Inhaltliche Erkenntnisse gab es kaum; die Auskunftsperson behauptete, viele Dokumente seien nicht bis zu ihr durchgedrungen. Novomatic-Manager Alexander L. entschlug sich der Aussage wegen der Anzeige großteils.

Einen Eklat gab es wieder einmal rund um die Vorsitzführung: Krainer wollte H. zum Alois-Mock-Institut befragen, das vom Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) gegründet und von der Novamatic unterstützt worden ist. Krainer verlangte, dass Sobotka den Raum verlassen und den Vorsitz an Doris Bures (SPÖ) übergeben sollte. Die wurde herbeigeholt, Sobotka wollte im Raum Platz nehmen – wieder Streit. Dann entschied der Verfahrensrichter, dass Sobotka, weil hier, ja nicht "verhindert" und somit weiter Vorsitzender sei. (Fabian Schmid, Renate Graber, 29.9.2020)