Daten, Daten und Daten liegen auf den Rechnern des Bundesrechenzentrums (BRZ). Die türkise Hälfte der türkisblauen Regierung hat erwogen, das BRZ an die börsennotierte, teilstaatliche Post zu verkaufen. Dem sogenannten Projekt Edelstein ging der U-Ausschuss am Donnerstag auf den Grund.

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Wien – Post-Chef Georg Pölzl wusste Bescheid. Hartwig Löger, der ÖVP-Finanzminister der türkis-blauen Regierung auch. Und auch Vertreter des Bundeskanzleramtes, etwa der Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), seien ins Projekt Edelstein involviert gewesen, sagte S., ein ehemaliger Praktikant im Finanzministerium am Donnerstag vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss aus. Vertreter des Bundesrechenzentrums (BRZ), um dessen mögliche Teilprivatisierung es ging, seien nicht involviert gewesen – man wollte schließlich "ergebnisoffen" arbeiten, so S.

Das Projekt Edelstein, der Verkauf des BRZ an die teilstaatliche, börsennotierte Post, wurde bekanntlich nie umgesetzt. Dennoch beschäftigten die Pläne der türkisblauen Regierung am Donnerstag die Abgeordneten im U-Ausschuss. "Da geht es um die Daten-Achillesferse der Republik. Gesundheitsdaten, Steuerbescheide und noch viel mehr", argumentierte die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli, warum man die Angelegenheit aufarbeiten möchte. Dass es der Regierung darum ging, eine "Riesendatenkrake" zu schaffen, verneinte die Auskunftsperson aber.

Rechtlich geprüft

Dass der Kabinettschef des Bundeskanzlers höchstselbst offenbar in das Projekt involviert war, bezeichnete Tomaselli auf Twitter als "Knaller". Kurz hatte im Juni vor dem U-Ausschuss gesagt, er wisse nicht mehr, wie er vom Projekt Edelstein erfahren habe, es habe ihn "schlicht und ergreifend nicht sonderlich interessiert".

Die Befragung von S. lieferte durchaus Einblicke ins Projekt Edelstein. Es sei darum gegangen, eine "mögliche Kooperation zwischen Post und Bundesrechenzentrum (BRZ) zu prüfen". Für den Auftrag habe es "ein kleines Team" gegeben, bei dem er selbst dabei gewesen sei.

Geprüft worden sei, ob Teilprivatisierung des BRZ rechtlich möglich, politisch durchführbar und kaufmännisch sinnvoll sei. Nach einiger Zeit habe man aber bemerkt, "dass das nichts wird". Das Projekt sei aus unterschiedlichen Gründen verworfen worden. Ein Grund soll unter anderem auch der Datenskandal bei der Post gewesen sein – allerdings wurde das Projekt auch in der "Expertenregierung" Bierlein weiterbetrieben. Warum das gesamte Projekt "topsecret" geführt worden sei, konnte S. konkret nicht sagen.

Der Ex-Praktikant wechselte mit dem damaligen Finanz-Kabinettschef, Thomas Schmid, später zur Staatsholding (Öbag), deren Chef Schmid wurde.

Kein Datenkauf

Nach S. lud der Ausschuss Post-Manager M. in den Befragtenstand. Dieser versicherte, dass Datenkauf vonseiten der Post nie ein Thema gewesen sei. Die Daten würden der öffentlichen Hand gehören. Hätte sich die Post am BRZ beteiligt, hätte die Post die Daten des BRZ nicht verwenden dürfen, so M.

Über mögliche Kooperationen der Post mit dem BRZ werde seit 2009 "immer wieder" gesprochen, so M. Für das Unternehmen sei es interessant, Synergien zu schaffen. Auf der Zielgerade sei das Projekt noch nicht gewesen. Es hätte noch mindestens ein halbes Jahr gebraucht. Geändert hätte sich für das BRZ nur der Eigentümer.

Hlawati wurde befragt

Das "Projekt Edelstein" hat der Aufsichtsratsvorsitzenden der Post, Edith Hlawati, zufolge mehrere Varianten vorgesehen, wie die Zukunft des BRZ aussehen sollte. Diese hätten von einer Kooperation mit der Post bis hin zu einer Beteiligung gereicht, sagte die dritte von drei Auskunftspersonen am Donnerstag.

Hlawati ist seit 2007 im Aufsichtsrat der Post AG, seit 2015 dessen Vorsitzende. Sie habe ihr halbes Berufsleben mit der Staatsholding und deren Beteiligungen zugebracht, sagte sie und hob in ihrem Eingangsstatement hervor, dass es auch unter SPÖ-geführten Regierungen unterschiedlichste Privatisierungspläne gegeben habe. Die türkis-blaue Regierung sei das Thema Staatsbeteiligungen aber offensiver angegangen.

Eigentlich hätten sich die Abgeordneten Antworten von Hlawati in deren Funktion als Anwältin der Staatsholing Öbag erwartet. Die Auskunftsperson verwies aber auf ihre anwaltliche Verschwiegenheit, was Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl als "betrüblich" bezeichnete und nachfragte: "Haben Sie sich (um eine Entbindung, Anm.) bemüht?" Sie habe mit den zuständigen gesprochen, antwortete die Anwältin. Allerdings seien auch Interessen dritter Parteien betroffen. (gra, luis, 17.9.2020)