Das Atacama Pathfinder Experiment, ein Radioteleskop in den chilenischen Anden.
Foto: ESO/B. Tafreshi/TWAN (twanight.org)

Astronomen finden mitunter blumige Metaphern, um kosmische Prozesse zu beschreiben. Naomi McClure-Griffiths von der Australian National University verwendet immerhin zwei, die thematisch zusammenpassen: Die Milchstraße würde nämlich Patronen abfeuern – und sich damit letztlich selbst ins Knie schießen. Dröseln wir dieses auf den ersten Blick mysteriöse Sprachbild einmal auf.

Zunächst zu den "Patronen": Damit sind Blasen aus Gas gemeint, die mit dem Atacama Pathfinder Experiment, einem Radioteleskop in Chile, im Zentrum der Milchstraße aufgespürt wurden. Sie werden dort geradezu herausgeschossen, berichten die australischen Forscher, die sie entdeckt haben.

Fermi- und andere Blasen

Es ist nicht das erste Mal, dass Astronomen festgestellt haben, wie vom Zentrum unserer Heimatgalaxie eine zuvor unbekannte Blasenbildung ausgeht. 2010 wurden die sogenannten Fermi-Blasen entdeckt, die sich 25.000 Lichtjahre weit vom Milchstraßenzentrum aus in den Raum erstrecken und vor allem im Gammastrahlenbereich beobachtbar sind.

Während aber das Gas in den Fermi-Blasen heiß ist, sei das in den nun registrierten Blasen kalt und sehr dicht, berichtet das Team um McClure-Griffiths und Enrico Di Teodoro von der Johns Hopkins University. Die Quelle: unbekannt. Sagittarius A*, das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, ist natürlich ein Hauptverdächtiger. Aber auch die Tausendschaften von massereichen Sternen in dieser Region kämen in Frage – in beiden Fällen wisse man allerdings nicht, welcher Prozess solche Gasblasen entstehen lässt. "Wir suchen noch nach dem rauchenden Colt", greift Di Teodoro das Sprachbild seiner Kollegin auf.

Imposante Strukturen: die Fermi-Blasen.
Foto: NASA's Goddard Space Flight Center

Und was das "ins Knie schießen" anbelangt, da hat McClure-Griffiths die Zukunft der Milchstraße im Auge. Mit den Gasblasen würde unsere Galaxie nämlich jede Menge Materie verpulvern, die auch als Rohmaterial für neue Sterne fungieren hätte können. Die werde nun davongeschleudert und gehe verloren. Und je weniger davon zur Verfügung steht, desto näher rücke der Tag, an dem in der Milchstraße keine neuen Sterne mehr entstehen können. Dann reiht sie sich unter die toten Galaxien voller alternder roter Sterne ein, wie sie Hubble & Co in anderen Regionen des Kosmos schon gesichtet haben. (jdo, 12.9.2020)