Wochenlang war die österreichische App zur Nachverfolgung von Coronavirus-Infektionen – Stopp Corona – ein medialer Dauerbrenner. Dem Programm schlug Skepsis ob des Datenschutzes entgegen, und auf einigen Geräten funktionierten auch die automatischen Handshakes nicht. Doch eine Begutachtung durch Noyb, Epicenter Works und SBA Research kam hinsichtlich der Datenschutzaspekte zu einem positiven Fazit. Seit Ende April steht auch der Quellcode der App öffentlich bereit. Und mit der Implementierung des Contact-Tracing-Frameworks von Google und Apple wurde für viele auch das Handshake-Problem behoben.

Im Juli stellte man schließlich die "Stopp Corona"-Plattform vor. Ihr gehören Vertreter der Regierung, des Gesundheitswesens, Sozialpartner und Datenschützer an, die gemeinsam an der Zukunft der App arbeiten wollten. Doch seitdem ist nicht viel passiert.

Kaum Aktivität

Am 8. bzw. 9. Juli wurden die Apps für Android und iOS zuletzt mit Versionsnummer 2.0.5 auf Google Play und iTunes aktualisiert. Die Entwicklung scheint seitdem praktisch zu ruhen. Ein Blick auf die Github-Repos, wo der Quellcode bereit liegt und Änderungen beigesteuert werden können, offenbart, dass die letzten größeren Änderungen im Code vor rund zwei Monaten – also vor dem Update – angenommen wurden. Vor einigen Tagen erfolgte schließlich noch Minimalpflege als Vorbereitung auf den bevorstehenden Release von iOS 14. In der Pipeline ist noch dazu eine kleinere Fehlerbehebung für die Android-Ausgabe.

Mehreren Meldungen zufolge hat die iOS-Version von "Stopp Corona" ein Problem mit Hintergrund-Updates. Diese sollen entweder nicht funktionieren oder nach dem Start der App nach einiger Zeit nicht mehr durchgeführt werden.

Dem widerspricht allerdings das Rote Kreuz auf STANDARD-Anfrage. Die Hintergrund-Updates klappen auch auf iOS, wenn man die App startet und sie im Hintergrund weiter laufen lässt, erklärt man. Auf Twitter äußert ein User den Verdacht, dass das Problem bereinigt wurde, sich aber niemand darum gekümmert hat, das entsprechende "Ticket" auf Github auf den neuesten Stand zu bringen.

Nur wenige Nutzer tragen bei

16 Beitragende zählt das Projekt für die Android-Ausgabe, lediglich sechs jenes für iOS. Das Interesse der Open-Source-Community an "Stopp Corona" scheint mittlerweile stark abgeflaut zu sein. Eine Anfrage des Entwicklers Peter Steinberger zum Status des Projekts beantwortet dessen Betreuer, Armin Ronacher, entsprechend.

Um die Nachverfolgung von Infektionsketten zu erleichtern, ist es sinnvoll, ein Kontakt-Tagebuch via Handy zu führen.

Man könne jederzeit Änderungen und Neuerungen einbringen und er könne diese auch einpflegen. Jedoch sei es nicht einfach, den Code zu betreuen, und er habe auch "nicht viel Erfolg dabei gehabt", andere Leute dazu zu bekommen, etwas beizutragen.

Rotes Kreuz mit App zufrieden

Das Rote Kreuz zeigt sich prinzipiell zufrieden mit dem Zustand der App. Das Hauptaugenmerk sei es gewesen, dass die Grundfunktionalitäten gegeben seien. Dieses Ziel habe man mit der Implementation des Google/Apple-Frameworks erreicht und sich seither auf Fehlerbehebungen konzentriert. Die Weiterentwicklung laufe noch, aber für große Updates bestehe derzeit keine Notwendigkeit.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober hält viel von der App.
APA

Für die Zukunft stellt sich die Frage der Finanzierung. Derzeit werden die Kosten für "Stopp Corona" noch aus der Spende der Uniqa-Stiftung in der Höhe von zwei Millionen Euro gedeckt. Man befindet sich aber bereits im Gespräch mit dem Gesundheitsministerium hinsichtlich weiterer Mittel. Dort wird immer wieder betont, wie wichtig die App sei.

Imageproblem

Es sei ja schwierig, "sich zu erinnern, wen man vor drei Tagen vor oder neben sich gehabt hat", erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zur Grundidee der Handy-Applikation. Zwar könne die App kein Ersatz für ein manuelles Kontaktpersonen-Management sein, sie wäre aber "eine deutliche Unterstützung".

Die App hat allerdings ein Imageproblem, seit aus dem ÖVP-Umfeld Forderungen laut wurden, die Nutzung der App verpflichtend zu machen. Das Thema ist zwar wieder vom Tisch, es hat aber viele Menschen davon abgehalten, das Programm zu installieren. In Deutschland wird eine vergleichbare App stärker genutzt. (gpi, sum, 7.9. 2020)