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Der Geldregen für die Betriebe macht nicht alle glücklich.

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Das Coronavirus hält sich hartnäckig, und der von vielen Seiten befürchtete Infektionsanstieg im Herbst und Winter könnte die Wirtschaft zusätzlich belasten. Viele Experten warnen vor einer Pleitewelle und steigender Arbeitslosigkeit, auch weil diverse Hilfen wie Kreditstundungen eines Tages auslaufen und drohende Insolvenzen durch Fristerstreckungen künstlich vermieden werden – vorerst. Doch gleichzeitig werden andere Unterstützungen kräftig hochgefahren.

Zuschuss für Umsatzausfälle

So beginnt Mitte September die zweite Phase eines Instruments, das von zehntausenden Unternehmen mit größter Sehnsucht erwartet wird: der Fixkostenzuschuss II. Die Förderung in ihrer ersten Ausformung gibt es zwar schon seit August, doch demnächst wird sie stark ausgeweitet. Der große Vorteil des Instruments: Angefallene Kosten wie Zahlungen für Strom oder Mieten bis hin zu den Rundfunkgebühren wird den Betrieben vom Staat genau im Ausmaß des Umsatzrückgangs ersetzt.

Zudem können künftig auch noch Abschreibungen, Leasingraten und andere Ausgaben berücksichtigt werden. Voraussetzung für die Unterstützung ist ein Umsatzminus von 30 Prozent (siehe Wissen). Die Phase II bringe mehr Unterstützung für mehr Unternehmen als in Phase I und wirke auch noch rückwirkend, meint Bernd Winter von der Beratungsgruppe BDO.

Hohe Summen im Spiel

Abgewickelt wird all das von der staatlichen Covid-Finanzierungsgesellschaft Cofag, die schon bisher für die Abwicklung staatlicher Kreditgarantien zuständig ist. Sie hat aller Kritik zum Trotz schon einiges vorzuweisen: 4,5 Milliarden an Kreditanträgen wurden abgewickelt, beim Fixkostenzuschuss gibt es trotz kurzer Laufzeit schon rund 22.300 Bewilligungen im Volumen von 144 Millionen Euro.

Ob dadurch eine Insolvenzwelle abgewendet werden kann, will Cofag-Co-Vorstand Bernhard Perner so nicht sagen. Er meint, die Covid-Agentur sei "ein Rädchen im Gesamtwerk". Vieles hänge vom Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen wie Steuerstundungen oder Insolvenzaufschub ab.

Wirbel wegen Boni

Die bisherigen Ergebnisse ändern jedenfalls nichts daran, dass die Subventionen und die dazugehörigen Rahmenbedingungen weiterhin stark umstritten sind. Erst in den letzten Wochen sorgten beispielsweise Boni für die AUA für einen regelrechten Aufschrei, weil die Fluglinie gleichzeitig mit üppigem Steuergeld am Leben erhalten wird. Die AUA machte zwar einen Rückzieher, doch weitere Fälle sind absehbar.

So will beispielsweise der Flughafen Wien, der ebenfalls Prämien an das Management ausschüttet, staatliche Hilfe beantragen. Die variable Vergütung wurde trotz Rekordergebnisses im Vorjahr halbiert, womit das teilöffentliche Unternehmen die Vorgaben des Finanzministeriums einhält. Die Diskussion ist damit aber nicht beendet, die Gewerkschaft beispielsweise fordert eine komplette Boni-Sperre, wenn Steuergeld von Betrieben in Anspruch genommen wird. Der Flughafen verweist darauf, dass die Bezüge der Chefs insgesamt um 60 Prozent reduziert und noch keine Staatshilfe beantragt worden sei.

Streit um Kontrolle

Die Erfolgsprämien sind bei Weitem nicht der einzige Stein des Anstoßes: Schon seit Monaten läuft eine hitzige Debatte über Transparenz und Kontrolle der Förderungen. Offengelegt werden einzelne Hilfen nicht, auch nicht dem Parlament, weshalb die Opposition schäumt. Die Regierung verweist auf einen Beirat der Cofag, in dem auch ein Platz für die Parlamentsparteien reserviert ist. SPÖ, FPÖ und Neos ließen ihn unbesetzt, weil sie nicht als Steigbügelhalter der Regierung agieren wollen, wie sich der freiheitliche Finanzsprecher Hubert Fuchs ausdrückte.

Dabei hat der Beirat, in dem auch die Sozialpartner sitzen, einige Kompetenzen: Bei größeren Hilfsfällen kann er gegen die Genehmigung stimmen und diese damit verzögern, wenn der Aufsichtsrat bei seiner Bewilligung bleibt. Obwohl der Beirat somit kein echtes Veto einlegen kann, hält Perner das Gremium für bedeutsam, es könne auch alle Unterlagen einsehen: "Wenn der Beirat anderer Meinung ist, kann der Aufsichtsrat nicht einfach drüberfahren, sondern muss sehr sauber argumentieren."

Finanzminister Gernot Blümel ist auch mit Kritik aus dem eigenen Haus an der Cofag-Konstruktion konfrontiert.
Foto: APA/Roland Schlager

Wasser auf die Mühlen der Opposition war ein Fachartikel zweier Experten, die in der mangelnden parlamentarischen Kontrolle der Stützungsmaßnahmen "erhebliche rechtsstaatliche, demokratiepolitische und ökonomische Probleme" sehen. Das Besondere an der Kritik ist nicht der Inhalt, sondern die Funktion der Autoren Peter Brandner und Heinrich Traumüller: Sie arbeiten im Finanzministerium, ihr oberster Chef heißt Gernot Blümel (ÖVP), der für die Gesetzesvorlage und die Richtlinien der Cofag verantwortlich zeichnet.

Grenzen der Transparenz

Experte Winter hält dagegen, dass mehr Kontrolle vor der Genehmigung die Hilfen verzögern könnte. Auch stärkere parlamentarische Einbindung sieht er skeptisch, weil dann politisches Kleingeld gewechselt werden könnte. Unternehmen dürften nicht an den Pranger gestellt werden, wenn sie ihnen zustehende Förderungen abriefen, erklärt der BDO-Partner.

Ähnlich sieht das Wirtschaftsforscher Thomas Url, der Einblicke der Parteien in Geschäftsgeheimnisse und Liquiditätsplanung als "heikle Angelegenheit" bezeichnete. Generell für mehr Offenlegung plädiert dagegen Georg Krakow von Transparency International. "In Großbritannien oder Skandinavien bricht auch nicht alles zusammen, nur weil die Konkurrenz weiß, welche Förderungen an den Mitbewerber ausbezahlt wurden", meint der Österreich-Leiter der Organisation. (Andreas Schnauder, 29.8.2020)