Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei einer Pressekonferenz zu den steigenden Corona-Zahlen Anfang der Woche. In der "ZiB2" nahm er konkreter zu den Plänen für den Herbst Stellung.

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Wien – Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Freitagabend in der "ZiB 2" zu den Gerüchten um eine mögliche Kandidatur als Nachfolger von Bundespräsident Alexander Van der Bellen Stellung genommen – und diese ausgeschlossen. Er strebe nach seinem derzeitigen Amt kein weiteres an, sagte er. Auch konkret an jenem des Bundespräsidenten habe er kein Interesse. "Das ist so und das bleibt so". Er hoffe zudem, dass Van der Bellen nach Ablauf seiner aktuellen Amtszeit 2022 noch einmal kandidieren werde, fügte der Gesundheitsminister hinzu. Dieser sei "der allerbeste Bundespräsident, den sich Österreich wünschen kann". Ins Spiel gebracht hatte eine Kandidatur Anschobers FPÖ-Chef Norbert Hofer bei seinem "Sommergespräch" am Montag.

Rudolf Anschober (Grüne) zu Gast in der "ZiB 2".
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Eigentlich war Anschober in der Sendung zu Gast gewesen, um zur aktuellen Corona-Pandemie und den steigenden Infektionszahlen in Österreich Stellung zu nehmen. Er sprach von "einer Situation, wo wir sehr aufmerksam sein und durchaus vehementer gegen das Virus vorgehen müssen". Der Minister wiederholte auch eine Beobachtung, die er während der Woche mehrmals geteilt hatte: Man sehe weiterhin viele regionale Cluster, darüber hinaus seien besonders viele Jugendliche und jüngere Erwachsene betroffen. Dass die Fallzahlen steigen würden, liege aber auch daran, dass man so viel teste wie noch nie – und an den Reiserückkehrern vom Westbalkan, insbesondere aus Kroatien.

Vier Kriterien für Ampel

Als zentrales Mittel, um auch im Herbst die Kontrolle behalten zu können, nannte Anschober neben Hygiene, Abstand und Masken die Grippe-Impfung. Hier erhoffe er sich in diesem Winter höhere Impfraten als die sonst in Österreich übliche "dramatisch geringe" Annahme der Vakzine. Anschober verwies darauf, dass heuer die Grippeimpfung für Kinder gratis sei und mittels Spray und nicht mit der Nadel verabreicht werde. Besonders zentral werde aber die Corona-Ampel sein, zu der sich Anschober einige neue Details entlocken ließ. Darunter ist ein offenbar fixierter Startzeitpunkt: Am 4. September soll die Ampel zum ersten Mal auch öffentlich geschalten werden.

Zudem nannte der Minister jene vier Faktoren, die bei der Auswahl zwischen grüner, gelber, oranger und roter Farbstufe entscheidend sein sollen. Erstens sei das der Sieben-Tage-Schnitt der Infektionszahlen. Zweitens werde man sich an der Frage der Clusteranalysen orientieren, also jener, ob die Übertragung von Corona-Fällen noch nachvollziehbar sei. Drittens gehe es um die Spitalskapazitäten, sowohl im Allgemeinen als auch auf den Intensivstationen. Und viertens werde man den Anteil positiver Ergebnisse an der Grundgesamtheit der Tests als Faktor verwenden. Die Schaltung selbst obliege dann den Expertinnen und Experten, die in der Corona-Kommission sitzen, er werde sich an deren Vorschläge halten.

Schaltung klar, Folgen noch nicht

Welche Folgen welche Farbschaltung für die betreffenden Bezirke genau haben werde, wollte Anschober noch nicht verraten. Er wolle da nicht vorgreifen, genau für diese Entscheidungen gebe es ja die Kommission, sagte er. Der Minister wollte auch nicht ausschließen, dass die Ampelschaltung größere Gebiete umfasse. Es könne sein, dass ein Bezirk oder ein Bundesland davon betroffen ist. Es sei aber auch möglich, dass das gesamte Bundesgebiet auf gelb oder auf orange geschalten werden müsse. Es sei dann "eine Art Automatismus, dass bestimmte Maßnahmen kommen".

Zu Sorgen über die Entwicklung in Wien sagte Anschober, man könne in der Tat derzeit deutliche Unterschiede zwischen Land und Stadt wahrnehmen. Im urban geprägten Raum gäbe es deutlich mehr Fälle. Dies betreffe allerdings nicht nur Wien. "Auch in Linz oder in Klagenfurt gibt es mehr Fälle als mir das angenehm oder lieb wäre", sagt Anschober. Man müsse auf die städtischen Regionen besonders schauen. Mit Wien arbeite er sehr gut zusammen, die Verantwortlichen dort "tun ihr bestes, das wieder in den Griff zu kriegen". Es werde sich zeigen, "ob das in Richtung Gelb geht". Wenn eine Region einmal schlechter dastehen sollte, sei dies aber "auch kein Bashing", sagte er.

Etwas unglücklich zeigte sich Anschober über einen Tweet, den er Anfang der Woche abgesetzt hatte. Auf der Kurznachrichtenplattform hatte er insbesondere junge Männer, die von Reisen zurückkehren, zur Vorsicht aufgefordert und dies mit dem unwirschen Satz "Reißt Euch zusammen und übernehmt auch Verantwortung!!" beendet. Anschober sagte dazu in der "ZiB 2", er hätte in diesem Punkt mehr differenzieren sollen. Allerdings habe er sich über die Situation eben wirklich geärgert. Zwar würden sich viele junge Menschen vorbildlich verhalten, aber es gebe durchaus auch jene, auf die das nicht zutreffe. "Und da würde ich schon sagen: Übernehmt Verantwortung!", so der Minister.

Ballsaison nur "sehr sehr schwer" möglich

Der Urlaub jedenfalls bleibt auch speziell im Winter ein zentraler Risikofaktor, das werde man auch im Winter im Auge behalten müssen. "Es war ein besonderer Sommer und es wird ein besonderer Winter kommen", sagte der Minister auf eine Frage von Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher zum Schicksal der kommenden Ski-, Weihnachtsfeiern- und Ballsaison. Er glaube zwar "schon, dass Wintertourismus möglich sein wird", aber man werde sich eben an bestimmte Rahmenbedingungen halten müssen.

Das gelte etwa für Berg- und Seilbahnen, aber auch für das Aprés-Ski. Derzeit arbeite er gemeinsam mit den Behörden in der Schweiz, in Italien und in Frankreich an gemeinsamen Standards. Er hoffe dabei in eine gemeinsame Situation zu kommen – so dass das Virus keine Wettbewerbsverzerrungen verursache. Bälle hingegen würden nur "sehr, sehr schwer möglich sein". Dort komme es zwangsweise zu einer gewissen Nähe, zudem fänden sie nun einmal in Innenräumen statt. Man werde sich darauf einstellen müssen, dass hier "nicht alles möglich sein wird". Anschober sehe eine ähnliche Situation wie bei der Nachtgastronomie, deren Situation ihm "im Herzen weh" tue. Man werde wirtschaftlich helfen müssen.

Verordnung für Balearen-Reisende veröffentlicht

Schon zuvor hatte das Gesundheitsministerium jene Verordnung veröffentlicht, mit der die Regeln von Rückkehrer von den Balearen verschärft werden. Für die spanische Inselgruppe gilt ja ab Montag eine Reisewarnung. Ab dann müssen Einreisende nach Österreich einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als drei Tage sein darf. Die Testung kann bis zu 48 Stunden nach Einreise nachgeholt werden. Allerdings muss man sich dann in eine zehntägige Heimquarantäne begeben. (mesc, 21.8.2020)