Neos und Forum Informationsfreiheit sehen keinen Grund, wieso man die Verträge aus der Corona-Zeit nicht nachträglich offenlegen sollte.

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Innsbruck/Wien – "Ab nun widmen wir uns wieder dem Kerngeschäft: Outdoor und Bergsport." Christoph Engl, CEO der Südtiroler Oberalp Group, hatte Österreichs Regierung im März "Nothilfe" bei der Beschaffung von medizinischem Schutzmaterial angeboten. Sowohl der Bund wie auch das Land Tirol bestellten Waren im Millionenwert bei ihm. Doch die anfangs gelieferte Qualität entsprach nicht den Anforderungen. In Südtirol, wo Oberalp zuerst helfend einsprang, bescherte das dem Unternehmen sogar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

In Österreich wurde die Bestellung kurzerhand geändert, nachdem eine erste Tranche fehlerhafter Masken Ende März eingetroffen ist. Aus den bestellten 20 Millionen Atemschutzmasken wurden zehn Millionen. Dafür kamen 370.000 Schutzanzüge dazu. Die Bestellung tätigte das Wirtschaftsministerium, das aufgrund der Notsituation und der Engpässe im Frühjahr die Beschaffung von Schutzmaterial für den Bund an das Rote Kreuz ausgelagert hat. Wie viel das kostete, ist derzeit unbekannt.

Angaben nicht nachvollziehbar

Solche Konstruktionen sorgen für Kritik. "Für uns als Oppositionspartei oder für Journalisten ist so kaum nachvollziehbar, welche Summen an wen und wofür geflossen sind", sagt Neos-Abgeordneter Gerald Loacker. Er hatte im Juli eine Anfrage an das Wirtschaftsministerium gestellt, in der es um diese Auslagerung und auch um die Oberalp-Bestellung ging. Die Antwort darauf, vom 29. Juli, ist aber lückenhaft und widerspricht teils den Auskünften, die das Rote Kreuz dazu gegenüber dem STANDARD gibt.

Während es etwa seitens des Ministeriums hieß, das Rote Kreuz habe 150 Millionen Euro für Bestellungen erhalten, von denen bislang 91 Millionen ausgegeben wurden, spricht das Rote Kreuz von "Bestellungen im Wert von circa 160 Millionen Euro", die getätigt worden sind.

Widersprüche zu Verträgen

Das Ministerium behauptet, man sei deshalb nicht von der Oberalp-Bestellung zurückgetreten, weil sonst Stornogebühren angefallen wären. Dabei gab es in den Verträgen keine Stornogebühren, wie es seitens des Roten Kreuzes heißt.

Was nun stimmt, ist kaum nachprüfbar, weil die Verträge nicht öffentlich einsehbar sind. Genau das kritisiert Neos-Mandatar Loacker: "Bei allem Verständnis für die dringliche Situation im Frühjahr, aber zumindest im Nachhinein könnte man dies nun offenlegen."

Österreich ist EU-Schlusslicht

Auch Mathias Huter, Vorstand des Forums Informationsfreiheit, kritisiert die mangelnde Transparenz in Österreich: "Wir sind das letzte Land in der EU ohne Bürgerrecht auf staatliche Daten." Erst ab einem Auftragswert von 50.000 Euro müssen hierzulande zumindest gewisse Daten einsehbar sein. Die werden von Huters Organisation auf der Website offenevergaben.at täglich aktualisiert und zusammengefasst. Dort kann man sich zumindest einen gewissen Überblick zu dem verschaffen, was vom Staat offengelegt werden muss.

Was aber weiter fehlt, sei ein Transparenzgesetz. Die türkis-grüne Regierung hat bis zum heurigen Herbst ein solches angekündigt. Um wirksam zu sein, bedürfe es dazu auch einer unabhängigen Kontrollinstanz, gibt Huter zu bedenken. (Steffen Arora, 12.8.2020)