Es sind Berufe mit hoher psychischer Belastung, Tätigkeiten, bei denen man Menschen sehr nahe kommt und Aufgaben, die viel fordern. Nach wie vor arbeiten deutlich mehr Frauen als Männer in den sogenannten sozialen Berufen und kümmern sich zu Hause zusätzlich noch um den Haushalt – und das nicht nur in Österreich, sondern weltweit.

266 versus 108 Minuten

Letztere Tätigkeit, nämlich die unbezahlte Arbeit zu Hause, wurde 2019 in einer Studie weltweit untersucht. Die Ergebnisse der Studie der internationalen Arbeitsorganisation ILO und der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in 41 Ländern zeigen ein deutliches Ergebnis: Im Schnitt verbringen Frauen mehr Zeit mit unbezahlter Arbeit als Männer. Jeden Tag arbeiten sie 266 Minuten unbezahlt, während Männer im Schnitt auf 108 Minuten kommen. Bei der Studie waren unter den 41 Ländern auch 28 EU-Staaten vertreten.

Aber was zählt zur unbezahlten Arbeit? Hierzu gehören etwa Tätigkeiten wie der Haushalt, das Pflegen von Angehörigen sowie Vereins- und Wohltätigkeitsarbeit. Wenn dazu noch die Stunden im bezahlten Job mitgerechnet werden, sind Frauen noch deutlich stärker belastet: Sie arbeiten, so die Studie, im Schnitt 55 Stunden pro Woche, Männer nur 49 Stunden. Weltweit werden nach ILO-Angabe 16,4 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit pro Tag geleistet, drei Viertel davon von Frauen. Auch in Österreich sind Frauen häufiger in der Doppelbelastung als Männer. Aber wieso ist das so?

Um Kinder und den Haushalt kümmern - noch immer machen das vor allem die Frauen.
Foto: REUTERS/Ueslei Marcelino

Die weibliche Arbeit?

„Ich sehe das Grundproblem bei den traditionellen Rollenbildern, die in Österreich immer noch vorherrschend sind“, sagt Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende. Das führe natürlich auch dazu, dass die Berufe, für die sich Frauen entscheiden, wiederum von diesem traditionellen Bild geprägt sind. Eine Auswirkung sei die Tatsache, dass in Österreich übermäßig viele Frauen freiwillig oder notgedrungen in Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Laut dem Arbeitsklimaindex 2019 der Arbeiterkammer Oberösterreich waren fast 1,1 Millionen Menschen in Österreich im vergangenen Jahr teilzeitbeschäftigt. Davon waren rund 200.000 Männer und 885.000 Frauen. Diese ungleiche Verteilung deutet auf das immer noch vorherrschende Zuverdienermodell bei Paaren hin, wie die AK Oberösterreich in der Untersuchung erklärt: Der Mann arbeitet Vollzeit und die Frau kümmert sich neben ihrem Teilzeitjob um Haushalt und Kinder. Insbesondere nach der Geburt des ersten Kindes verfestigt sich dieses traditionelle Erwerbsverhalten.

Während Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren, leisten Männer in den Vollzeitjobs noch Überstunden. Die typische Teilzeit-Angestellte in Österreich, so die Studie der AK, ist zwischen 35 und 44 Jahre alt, hat eine berufsbildende mittlere Schule absolviert und zwei bis drei Kinder zur Welt gebracht. Sie arbeitet als Angestellte im Gesundheits- und Sozialbereich. Mit ihrem Einkommen sind jedoch 45 Prozent der in Teilzeit Beschäftigten nur mittel bis gar nicht zufrieden.

Faire Löhne im Sozialbereich

Weil der Verdienst in von Frauen dominierten Branchen deutlich geringer sei, müsse sich etwas an der Bezahlung ändern, sagt Schumann. Denn nur so wären soziale Berufe auch für Männer attraktiver. Das allgemeine Credo laute: Frauen tragen Sorgearbeit quasi in sich und machen das ohnehin gern – deshalb muss man sie dafür nicht gut bezahlen. Technische Berufe hingegen seien der Annahme nach die schwierigere Arbeit und werden deshalb besser bezahlt. Von diesem Bild müsse sich die Arbeitswelt dringend befreien, meint Schumann. Nur dann gäbe es mehr Durchlässigkeit in den Berufsgruppen, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung.

Lücken machen Geschlechterrollen sichtbar

Im Buch „Wen kümmert’s? Die (un-)sichtbare Sorgearbeit in der Gesellschaft“ wird dies in der Reportage über den Alltag einer Familienhelferin sichtbar. Am Beruf der Familienhelferin zeigt sich, wie traditionelle Rollenbilder greifen. Der Tätigkeitsbereich umfasst Fürsorge, Haushaltsarbeit sowie das „Managen“ des Familienalltags – Tätigkeiten, die klassischerweise an Frauen hängenbleiben.

Wenn der Vater ausfällt, braucht man dann auch Familienhelferinnen und Familienhelfer? Vermutlich nicht, da Väter seltener die Sorgearbeit übernehmen. Solche Gedankenexperimente verdeutlichen, in welch traditionell verhafteten Rollen wir uns noch befinden. (Manuela Tomic, 17.8.2020)

Manuela Tomic hat Journalismus studiert und anschließend als freie Journalistin unter anderem für "Die Zeit", "Arte" und "Datum" gearbeitet. Derzeit ist sie als Redakteurin bei der Wochenzeitung "Die Furche" tätigt. Dieser Beitrag basiert auf einem Auszug aus dem Buch „Wen kümmert’s? Die (un-)sichtbare Sorgearbeit in der Gesellschaft“, herausgegeben von Elisa Tomaselli, erschienen im ÖGB-Verlag.

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