Die Automobilindustrie leidet besonders unter der Krise. Das betrifft auch viele heimische Betriebe. Noch sind viele Mitarbeiter in Kurzarbeit. Wie viele danach gekündigt werden, ist noch offen.

Foto: Voestalpine

Zwölf Millionen Fahrzeuge sollen heuer von den Bändern der europäischen Autohersteller rollen. Das klingt nach viel, ist aber um fast ein Viertel weniger als im Vorjahr. Lockdown und Corona sorgen dafür, dass das Interesse an neuen Autos überschaubar ist.

Die Industrie schwächelt schon länger. Nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer sitzt sie auf Überkapazitäten in der Produktion von sage und schreibe sieben Millionen Fahrzeugen. Die Aussichten für die Zukunft? Düster. Dudenhöffer rechnet mit einem massiven Kapazitätsabbau.

Um zu erkennen, dass die Luftfahrtindustrie darniederliegt, braucht es keine Experten. Reisewarnungen, unwägbare Bedingungen in Urlaubsdestinationen, Videokonferenzen statt Geschäftsreisen: Es gibt viele Gründe, sich nicht in ein Flugzeug zu setzen. Die großen Fluggesellschaften stellen sich auf eine schleppende Erholung ein. Bis 2024 wird es wohl dauern, bis das Vorkrisenniveau erreicht ist, schätzt der Branchenverband IATA.

Dramatische Einbrüche

All das und die weltweit dramatischen Wirtschaftseinbrüche sorgten dafür, dass trotz leichter Anzeichen der Erholung die Nachfrage nach Öl heuer kräftig sinken wird. Es wird weniger produziert, getankt und konsumiert. Die Opec erwartet einen Einbruch um neun Prozent.

All das trifft viele heimische Unternehmen – manche besonders hart. Bei der Voestalpine in der Steiermark schlagen die Faktoren gebündelt auf. Der Stahl- und Technologiekonzern schrieb im ersten Quartal 70 Millionen Verlust und will heuer Hunderte Jobs der insgesamt 9100 Stellen in der Steiermark an den Standorten Kindberg und Kapfenberg streichen. "Wir sind gerade dabei, in der Steiermark einen Sozialplan für rund 500 bis 550 Mitarbeiter auszuverhandeln", sagte Konzernchef Herbert Eibensteiner am Mittwoch. "Wir gehen davon aus, dass dieser ab September, Oktober zur Anwendung kommen wird", so Eibensteiner. Man werde sich nachhaltig anpassen müssen.

In Kindberg, wo hochqualitative Nahtlosrohre für die Ölförderung hergestellt werden, soll fast ein Viertel der rund 1.100 Stellen gekappt werden, bei Böhler Aerospace in Kapfenberg rund ein Drittel der knapp 800. Schmerzhaft, aber nicht überraschend, wie die steirischen Landesrätinnen Barbara Eibinger-Miedl (Wirtschaft, ÖVP) und Doris Kampus (Soziales, SPÖ) erklären.

Der Betriebsrat des Werks in Kapfenberg hat das Vorgehen des Konzerns hingegen kritisiert. "Wenn man das über die Medien erfährt, ist das sehr seltsam", sagte Peter Bacun in der "ZiB1" am Mittwochabend. Der Kindberger Voest-Betriebsrat Mathias Narnhofer bezeichnet den Jobabbau für die Region als "Wahnsinn".

Abkühlung

Tatsächlich wurde die Produktion in Kindberg bereits vor einem Jahr vom Vierschichtbetrieb auf drei Schichten reduziert – also auf Normalbetrieb. Auch den Beschäftigten wurde signalisiert, dass man angesichts der schlechten Auftragslage mit Überstunden- und Urlaubsabbau nicht auskommen werde. Mit Corona hat sich die Lage zugespitzt. Das trifft die Steiermark trotz zahlreicher Industriebetriebe nicht am schlimmsten. Auch wenn die Arbeitslosigkeit zuletzt deutlich gestiegen ist, weit stärker hat es die Bundesländer Tirol und Salzburg betroffen. Vor allem Swarovski hat für Aufsehen gesorgt mit seiner Ankündigung, in Wattens die Belegschaft von 4.800 bis Ende 2021 auf 3.000 zu schrumpfen. Aber auch in der Steiermark mit seiner Automotive-lastigen Industrie ist mit weiterem Stellenabbau zu rechnen. Der Elektromotorenhersteller ATB in Spielberg ringt ums Überleben, 360 der 400 Jobs sind akut bedroht.

Masken und Klopapier

Die Krise spüren aber auch andere Branchen. Dem Faserhersteller Lenzing beschert Corona im Halbjahr einen Verlust von 14,4 Millionen Euro. Die Pandemie spürte man auch im Produktportfolio. Erstmals übertraf der Umsatz im Hygienebereich jenen des Textilbereichs. Vliesfasern, die für Gesichtsmasken, Wischtücher oder feuchtes Toilettenpapier verwendet werden, haben im zweiten Quartal mehr als die Hälfte des Umsatzes ausgemacht. Auch beim Feuerfesthersteller RHI hinterlässt Corona deutliche Spuren. Umsatz und Gewinn schrumpften kräftig. Jetzt wird weitergespart und optimiert. (Regina Bruckner, 5.8.2020)