Gedankliche Grenze: Das mittlerweile 500 Meter lange Band schreckt vor keinem Hindernis zurück – zum Unmut mancher Bewohner sowie der FPÖ.
Foto: Stefan Reichmann

Um vom Norden Kärntens nach St. Jakob im Rosental / Šentjakob v Rožu zu kommen, überquert man die Drau/Drava. Sie ist eine geografische Grenze, die Kärnten vage in ein einsprachiges und ein deutsch- und slowenischsprachiges Gebiet teilt. Je südlicher der Drau, desto mehr zweisprachige Gebiete gibt es. 1920 stimmte etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Gebiet dafür, dass der zweisprachige Landesteil zu Österreich gehören soll. Damit wurde die Staatsgrenze gezogen, wie sie heute ist.

Bis Oktober legt sich nun ein breites Band in St. Jakob im Rosental mittlerweile rund 500 Meter lang (es wurde von anfänglichen 200 Metern verlängert) über Felder, Häuser, das Kirchendach und entlang des Straßenrands. Das Band aus dichtem Netz symbolisiert eine Grenze in Signalrot. Mit dem Kunstprojekt Hranca/Grenz will der Slowenische Kulturverein / Slovensko prosvetno društvo Rož eine Diskussion über Grenzen eröffnen.

Und dieser gelingt, denn mittlerweile musste ein Teil der Strecke wieder abgebaut werden: Einige wenige, aber laute Bewohner aus der Umgebung beschwerten sich über die Anbringung. Auch Siegfried Jost, Direktor des FPÖ-Landtagsklubs, kritisierte auf Facebook, dass das Land Kärnten ein Projekt finanziell unterstütze, das auf die Grenze, nicht auf das Gemeinsame fokussiert.

Mit dem Kunstprojekt Hranca/Grenz will der Slowenische Kulturverein / Slovensko prosvetno društvo Rož eine Diskussion über Grenzen eröffnen.
Foto: Stefan Reichmann

Man soll diskutieren

Auf Anfrage entgegnet das Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser: "Das Projekt des Kulturvereins Rož stößt zu Diskussionen und dazu an, sich – durchaus kontroversiell – mit der Geschichte unseres Bundeslandes auseinanderzusetzen." Außerdem zeige es, dass die Bedeutung der Volksabstimmung weit über die Grenzen Kärntens hinausgehe.

Hranca/Grenz ist eines der größten von insgesamt 89 ausgewählten Projekten von Carinthija 2020, einem Kulturprogramm, das diese Aspekte widerspiegeln soll. Bis Oktober wird es ein Rahmenprogramm zu Grenzerfahrungen und Erinnerungskultur geben.

"Grenz/Hranca will mit der Grenze keineswegs die Gesellschaft spalten", sagt Alina Zeichen, die das Projekt mitgestaltet hat. "Als Volksgruppenzugehörige spürt man auch heute noch ein Gefälle zwischen sich und der Mehrheitsgesellschaft. Auf sprachlicher Ebene, in nachbarschaftlichen Beziehungen, in Familien. Dazu stellen wir Fragen."

"Als Volksgruppenzugehörige spürt man auch heute noch ein Gefälle zwischen sich und der Mehrheitsgesellschaft. Auf sprachlicher Ebene, in nachbarschaftlichen Beziehungen, in Familien. Dazu stellen wir Fragen", sagt Mitorganisatorin Alina Zeichen.
Foto: Stefan Reichmann

Zum ersten Mal beteiligt sich der 1903 gegründete Kulturverein Rož an Feierlichkeiten, die den 10. Oktober als Anlass nehmen. Bisher feierte man damit, dass man gegen Jugoslawien gestimmt, Kärnten "gerettet" hatte. Damit positionieren sich die Festlichkeiten jedes Jahr aufs Neue als antislowenisch und somit auch gegen die Sprache der Minderheit.

Zweisprachig und slowenisch

"Anders als in der Vergangenheit, hat das Land diesmal unter dem Titel Carinthija 2020 ein Format gewählt, dass alle Menschen, die in Kärnten leben, miteinbezieht", heißt es in der Begründung des Vereins. Etwa ein Drittel der Projekte ist zweisprachig oder slowenisch, eine Wanderausstellung zieht durch die Bezirksstädte.

Corona-bedingt wurde im urbanen Raum viel verschoben, weshalb man die Ausstellung am Großglockner stationierte. Aufgrund der großen Nachfrage wurde sie um eine Woche verlängert und ist noch bis 9. August direkt an der Hochalpenstraße zu sehen. (Katharina Brunner, 1.8.2020)