Ein toter Hund beschäftigt eine Richterin am Landesgericht für Strafsachen Wien.

Foto: APA/Herbert Neubauer

Wien – "Er hat gfressen, i hab Fernsehen gschaut, plötzlich ist er umgefallen und konnte nicht mehr aufstehen", schildert Richard R. das Ableben eines Hundes im vergangenen September. Seit März hatte er das Tier eines inhaftierten Freundes betreut, verrät er Richterin Martina Krainz, nie habe es irgendwelche Auffälligkeiten gegeben. Warum der 58-Jährige sich dann dennoch wegen Tierquälerei verantworten muss? Da die von einer aufmerksamen Zeugin organisierten Obduktion eine ganz andere Todesursache ergeben hat.

R. bleibt jedoch dabei. Er sei mit dem leblosen Tier sogar extra zum Tierarzt gefahren, der habe diagnostiziert, dass der kleine Hund an einem Herzinfarkt infolge eines Darmverschlusses verendet sei. "Die Frau, die wir später hören werden, sagt aber, sie hätte gesehen, dass Sie den Hund auf der Straße mehrmals brutal getreten hätten", hält die Richterin dem Angeklagten vor. "Nein, ich habe ihn an der Leine gezogen. Und vielleicht so leichte Klapser auf den Hintern gegeben", beteuert der Arbeitslose.

Tierschutzaffine Zeugin

Die Zeugin bleibt aber dabei: Es habe eine Misshandlung gegeben. "Ich war mit einer Hundefreundin und vier Hunden unterwegs", erinnert sie sich. "Ich bin seit langem im Tierschutz aktiv und habe genau gesehen, wie er dreimal fest zugetreten hat, da das Tier offenbar nicht vom Gehsteig auf die Straße wollte."

Da das Grätzel in Wien-Ottakring nicht sehr groß ist, hatte sie den Angeklagten gekannt. Auch am nächsten Tag sah sie das Tier vor einer Arztpraxis. "Der Hund wurde immer verschreckter, verfilzter und eingeschüchtert. Zwei Tage später habe ich Herrn R. mit Freunden bei einem Bier sitzen gesehen. Und da ich so ein schlechtes Gefühl hatte, bin ich hingegangen und habe gefragt, wo der Hund ist. Er hat gesagt: 'Der wollte heute nicht gehen, es war ihm wohl zu heiß.'"

Kurz darauf erfuhr sie, dass der Hund angeblich an einem Herzinfarkt verstorben war. Die Zeugin ließ nicht locker, eruierte den Veterinär, zu dem R. den Kadaver gebracht hatte. Der ging zwar davon aus, dass die Überreste bereits verbrannt worden seien, wie sich aber herausstellte, lag das tote Tier noch in einem Kühlraum.

Kadaver an der Vetmed untersucht

Nachdem sich die Frau an eine städtische Stelle gewandt hatte, wurde eine Obduktion an der Veterinärmedizinischen Universität durchgeführt. Das Ergebnis: Das Tier hatte Serienrippenbrüche und war an massiven inneren Blutungen gestorben, ausgelöst durch ein "massives stumpfes Trauma". Richterin Krainz formuliert es für den Angeklagten verständlicher: "Der Hund ist geschlagen oder getreten worden und daran zugrunde gegangen."

R. bleibt bei seiner Aussage: Er habe nichts gemacht. Vielleicht seien es alte Verletzungen durch den eigentlichen Besitzer. Der Zeuge, der die Obduktion durchgeführt hat, widerspricht: Die Rippenbrüche seien frisch gewesen. Und er kann auch mit einem weiteren Detail die Darstellung des Angeklagten widerlegen: Der Magen des Tieres sei leer gewesen, er könne also nicht während des Fressens plötzlich umgefallen sein.

Staatsanwalt Michael Radasztics fordert für den ohne Verteidiger erschienenen Angeklagten schon aus generalpräventiven Gründen eine Verurteilung. Auch Krainz sieht einen "massiven Vorfall" und lässt R. nicht billig davonkommen. Bei einer Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Haft verurteilt sie den Unbescholtenen zu acht Monaten bedingter Haft und ordnet Bewährungshilfe an. Der Angeklagte will die Entscheidung noch mit einem Anwalt besprechen und nimmt sich Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 15.7.2020)