Rechnungshof-Präsidentin Kraker drängt weiterhin auf rasche Umsetzung der Prüfung der Parteifinanzen durch den Rechnungshof.

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Die "Soko Tape" wird die relevanten Stellen nun inklusive Transkript in den Akt geben, dieser wird dann dem Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelt. SPÖ und Neos wollen das gesamte Video sehen.

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Wien – Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker tritt dafür ein, die Befragung von Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss künftig live zu übertragen. Das wäre ein "Beitrag zu mehr Transparenz", sagt Kraker im Magazin "Profil". Die Live-Übertragung hatten zuletzt auch die zurückgetretene Verfahrensrichterin Ilse Huber sowie alle Parteien bis auf die ÖVP befürwortet.

Von der Regierung fordert Kraker außerdem die rasche Umsetzung der Prüfung der Parteifinanzen durch den Rechnungshof. Hier sende die Regierung zwar Signale, sie habe jedoch "noch nichts schriftlich gesehen". "Die direkte Prüfung der Parteifinanzen könnte die Regierung auch mit einfacher Mehrheit beschließen, dafür braucht es keine Zweidrittelmehrheit. Das sollte man gleich machen", so die Rechnungshofpräsidentin. Außerdem kündigt Kraker an, auch die Finanzen der Parlamentsklubs prüfen zu wollen. Die letzte derartige Prüfung hat der Rechnungshof Ende der 1990er-Jahre durchgeführt.

Auch Social-Media soll geprüft werden

Für möglich hält Kraker u.a. eine Prüfung der Social-Media-Aktivitäten aller Klubs. "Es ist wichtig, dass es keine Querfinanzierung zwischen Klub und Partei gibt", so Kraker. Die FPÖ musste zuletzt 185.000 Euro Geldbuße bezahlen, weil der Parlamentsklub die Facebook-Seite von Parteichef Heinz-Christian Strache betrieben hatte, was als unzulässige Parteispende des (mit staatlichen Förderungen finanzierten) Klubs gewertet wurde.

Der Ibiza-U-Ausschuss tagt kommende Woche letztmalig vor der Sommerpause. Wann die Abgeordneten das 2017 in Ibiza aufgenommene Video erhalten, ist weiter unklar. Die erste Prüfung des Videomaterials haben die Staatsanwaltschaften aber mittlerweile abgeschlossen.

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Bis dato warten die Abgeordneten vergeblich auf das "Ibiza-Video". Aus der Parlamentsdirektion hieß es Ende der Woche, es würden laufend Gespräche mit dem Justizministerium geführt. Wie das Justizministerium auf APA-Anfrage erklärte, haben die Staatsanwaltschaft Wien und die Korruptionsstaatsanwaltschaft mittlerweile geprüft, welche Passagen des stundenlangen Videomaterials für ihre Ermittlungen relevant sind. Diese werden von der bei der Polizei eingerichteten Sonderkommission ("Soko Tape") nun inklusive Transkript an die Justiz übermittelt, dort zum Akt genommen und dann dem Ausschuss weitergeleitet.

Ausschuss bekommt nicht ganzes Video

Somit wird der Untersuchungsausschuss – wie schon von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) angedeutet – aber wohl nicht das gesamte Videomaterial zu sehen bekommen. In ersten Reaktionen wollen sich SPÖ und Neos nicht damit abfinden, nur die für die Justiz relevanten Teile des Ibiza-Videos zu erhalten. SP-Justizsprecherin Selma Yildirim spricht von Zensur und einer Gefahr für die Demokratie, wenn Beamte der parlamentarischen Untersuchung vorgreifen. Die Abgeordneten müssten zwar nicht alle Passagen sehen, aber bei Fragen auf das gesamte Video zurückgreifen können.

"Dieses Hauptbeweisstück soll dem parlamentarischen U-Ausschuss daher auch zur Gänze vorgelegt werden", fordert die SPÖ-Abgeordnete. Auch Neos-Fraktionschefin Stephanie Krisper fordert für den Ausschuss das gesamte sichergestellte Material und alle Rohdaten: "Schließlich muss die zentrale Frage geklärt werden, ob bei den Ermittlungen allen Hinweisen und Verdachtslagen gegen FPÖ- und ÖVP-Akteure gleich effizient nachgegangen wird oder ob politische Einflussnahme genommen wurde beziehungsweise wird."

ÖVP attackiert WKStA erneut

ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl fordert die Justiz ebenfalls auf, das "zentrale Beweisstück" der Ibiza-Affäre rasch zu übermitteln. Er sieht die Hauptverantwortung dafür offenbar bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. "Die WKStA lässt keine Möglichkeit aus, um die Lieferung weiter hinauszuzögern", befand Gerstl und kritisierte, dass sich WKStA Staatsanwaltschaft Wien und Polizei gegenseitig den "schwarzen Peter" zuschieben würden.

Inhaltliches Thema der Befragungen am Mittwoch und Donnerstag wird u.a. die Brüskierung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sein, die erst Ende Mai durch die Medien von der Sicherstellung des Ibiza-Videos erfahren musste. Die bei der Polizei eingerichtete "Soko Tape" hatte das Video nämlich bereits am 20. April im Zuge einer Hausdurchsuchung gefunden und nur der Staatsanwaltschaft Wien über diesen Erfolg berichtet, obwohl auch die WKStA mit "Ibiza" befasst ist.

Pilnacek im U-Ausschuss

Chefermittler Andreas Holzer rechtfertigte das bei seiner Befragung im Ausschuss damit, davon ausgegangen zu sein, dass die Information über den Video-Fund justizintern weitergegeben werde. Das und die justizinterne Zusammenarbeit wird daher kommende Woche im Fokus des Ausschusses stehen.

Neben Pilnacek wird am Mittwoch Johann Fuchs von der Oberstaatsanwaltschaft Wien und WKStA-Staatsanwältin Christina Jilek befragt. Am Donnerstag stehen dann die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luisa Nittel und Gregor Adamovic von der WKStA den Abgeordneten Rede und Antwort.

Thema wird kommende Woche auch die Ladungsliste für die Ausschusstage im Herbst sein – es gibt nämlich deren zwei. Eine gemeinsame von SPÖ und Neos und eine von der ÖVP. Während SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer davon ausgeht, dass im Zweifel die Liste von SPÖ und Neos "sticht", weil diese den Ausschuss eingesetzt haben, will ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl Einvernehmen über die Zeugenliste herstellen. Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper hält bei sinnvollen Überschneidungen auch einen Kompromiss für möglich. Derzeit sieht sie aber keine "thematische Kongruenz". Zur "Lösung der Misere" schlägt Krisper gegenüber der APA vor, einen dritten Befragungstag anzudenken oder die bestehenden Befragungstage zu verlängern. Im Streitfall entscheidet über die Zeugenliste übrigens Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP). (APA, 11.7.2020)