Wien – Vor einem Monat klingelte bei Toto Wolff das Telefon. In der Leitung: der sechsfache Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton. Sein Anliegen: Black Lives Matter. "Lewis wollte von mir wissen, welches Zeichen wir als Team setzen können. Etwas, das über zwei Postings auf Instagram hinausgeht", erzählt der Mercedes-Motorsportchef am Montag bei einem Medientermin im Wiener Café Landtmann. So entstand die Idee zu einer frischen Lackierung.

"End Racism" lautet die Botschaft auf den schwarzen Boliden.
Foto: Mercedes

Mercedes-AMG wird alle Rennen der am Sonntag in Österreich anhebenden Saison mit schwarzen Boliden bestreiten. Der Silberpfeil wird seinem Namen 2020 nicht gerecht. "Der Vorstand von Daimler und die Sponsoren haben uns sofort unterstützt. Die richtigen Überzeugungen sind nicht genug, wenn wir stumm bleiben. Wir möchten daher unsere Stimme und unsere Plattform nutzen, um uns für Respekt und Gleichberechtigung einzusetzen", sagt Wolff, der die Aktion nicht als PR-Stunt sondern als Auftrag und Verpflichtung zum Umdenken in den eigenen Reihen versteht.

"Nur drei Prozent unserer Belegschaft gehören einer ethnischen Minderheit an, nur zwölf Prozent sind Frauen. Dieser Mangel an Vielfalt zeigt, dass wir neue Ansätze benötigen. Es gibt viel Talent, dem die Tür zur Formel 1 bisher verschlossen blieb. Das wollen wir ändern." Aber wie soll das gelingen? Ist eine Quote denkbar? "Nein, wir setzen uns keine Quoten, wir setzen uns Ziele. Wir wollen Substanzielles liefern. Die Diversität zu erhöhen, wird langfristig unsere Performance steigern. Wir wollen mit Universitäten kooperieren, die aus dem Raster der klassischen Engineering-Unis wie Cranfield, Imperial, Oxford und Cambridge fallen."

Weltmeister unter sich: Toto Wolff und Lewis Hamilton.
Foto: imago images / HochZwei

Hamilton hatte sich nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einer Polizeiaktion in den USA mehrfach zu Wort gemeldet. Der Engländer kritisierte den Motorsport als "von Weißen dominiert" und rief die Politik in aller Welt zum verstärkten Einsatz gegen Rassismus auf. In London nahm der 35-Jährige an einer Anti-Rassismus-Demo teil, zuletzt bezeichnete er die Aussagen des früheren Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone als "ignorant". Ecclestone hatte in einem Interview mit CNN behauptet, in vielen Fällen seien schwarze Menschen rassistischer als weiße.

"Lewis nutzt das Momentum, um etwas zu bewegen, um eine nachhaltige Veränderung zu erzielen", sagt Wolff. "Er hat mich gefragt, wie oft ich in meinem Leben über meine Hautfarbe nachgedacht habe. Wie oft ich das Gefühl hatte, benachteiligt zu werden. Um ehrlich zu sein: noch nie." Der Wiener dreht den Gedanken weiter: "Ich wurde noch nie gefragt, wie ich Job und Kind unter einen Hut kriege. Meiner Frau passiert das ständig. Es geht nicht nur um die offensichtliche Diskriminierung, es geht auch um die subtile." (Philip Bauer, 29.6.2020)