
Ein Doppelmord, wie erst kürzlich, passiere nicht von heute auf morgen, sagt Karoline Edtstadler (ÖVP).
Innsbruck – Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist höchst empört über den frauenfeindlichen "Luder"-Sager ihres Parteikollegen, des Tiroler Vizelandeshauptmanns Josef Geisler. Über diese Beschimpfung könne man nicht einfach hinweggehen, meinte sie in der "ZiB 2" des ORF am Sonntag. Explizit nach seinem Rücktritt verlangte sie aber nicht.
"Welche Konsequenzen das nach sich zieht, das muss den Tiroler Gremien obliegen", meinte die Ministerin. Sie empfehle Geisler jedenfalls, mit Betroffenen von Beschimpfung und Verspottung darüber zu reden, was dies bei ihnen auslöse.
Gewalt und Worte
"Gewalt gegen Frauen beginnt sehr oft bei Worten", betonte Edtstadler unter Verweis auf die Tötung zweier Frauen in Kärnten am Samstag. "Wir haben das jetzt wieder gesehen bei einem Doppelmord, das kommt nicht von heute auf morgen. Keiner wird von heute auf morgen zum Mörder, sondern da geht es ganz früh los, was in der Gesellschaft los ist und wie mann Frauen gegenübertritt." Für sie sei die Sache ein Anlass, sich gesamtgesellschaftlich des Themas wieder intensiv anzunehmen.
In der Causa rund um den "Widerwärtiges Luder"-Sager von Geisler gegenüber der WWF-Aktivistin Marianne Götsch wird es Dienstagfrüh zu einem Treffen zwischen den beiden in Innsbruck kommen.
Es handle sich um einen nicht medienöffentlichen Termin, sagte eine Sprecherin Geislers. Das Treffen werde um 9 Uhr im Innsbrucker WWF-Büro stattfinden, hieß es. "Als zuständiger Landesrat muss Josef Geisler den Naturschutz in Wasserkraftangelegenheiten auf allen Ebenen respektieren, anstatt seine Vertreterinnen öffentlich zu beleidigen. Daher muss der Vorfall auch Konsequenzen haben, die über den unmittelbaren Anlassfall hinausgehen", so WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides.
"Inakzeptables Frauenbild"
Und auch Götsch selbst kündigte an, dass sie Geisler bei dem Treffen mitteilen werde, dass dessen Entgleisung ein "inakzeptables Frauenbild" offenbare und einen Umgang mit dem Naturschutz und seinen Vertreterinnen zeige, der für ein hohes politisches Amt untragbar sei. Dies habe sie ihm auch bei dem Telefonat mitgeteilt, bei dem sich Geisler entschuldigte, wofür sie sich wiederum "bedankt" habe. Zudem stieß sich der WWF an den "Verharmlosungen" der Entgleisung durch das "Erklären" des Begriffs "Luada" in der "Süddeutschen Zeitung". Damit sei die Entschuldigung konterkariert worden. Das Büro Geislers hatte gegenüber der Zeitung unter anderem erklärt, "Luada" werde in Tirol "umgangssprachlich für eine schlitzohrige, hartnäckige Person verwendet, die einen austrickst". Der Ausdruck sei zudem "nicht zwingend negativ". Und er sei "in keiner Weise frauenfeindlich gemeint" gewesen.
Kritik aus den Reihen der ÖVP
Scharf mit Geisler ins Gericht ging am Montag auch die ehemalige ÖVP-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat. "Er sollte sich überlegen, ob er richtig an diesem Platz ist", richtete sie ihrem Parteifreund im Ö1-"Mittagsjournal" aus. Rauch-Kallat nannte Geislers Verhalten "absolut inakzeptabel" und "respektlos". Etwas milder war da die jetzige Ressortchefin Susanne Raab (ÖVP). Sie verurteilte den "Luder"-Sager zwar erneut deutlich, den Rücktritt wollte sie Geisler aber nicht nahelegen. Sie habe mit ihm gesprochen, so Raab. Geisler sei sich seines Fehlers bewusst.
"Widerwärtiges Luder" hatte Geisler die WWF-Aktivistin am vergangenen Mittwoch am Landhausplatz in Innsbruck bei der Übergabe einer Petition gegen das Wasserkraftwerk Tumpen-Habichen genannt. Die Aussage war auf einem Video zu hören, das von der Naturschutzorganisation anschließend auf Youtube publiziert wurde. Zuvor war es zu einem Wortwechsel zwischen Geisler und der Frau über die Verschlechterung des Zustands von Flüssen gekommen. Neben Geisler stand Tirols grüne Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe. Zu dieser wandte sich der ÖVP-Politiker und meinte: "Siehst, die lässt mich gar nicht reinreden. Widerwärtiges Luder." (red, APA, 8.6.2020)