Der Adler ist gelandet, das Rettungspaket für die AUA ist fertig gepackt.

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Eine zeitliche Punktlandung gelang der Regierung am Montagnachmittag nicht bei der Verkündung der AUA-Rettung. Nach einer Viertelstunde Verspätung war es dann aber so weit: Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Finanzminister Gernot Blümel, Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) und ihr Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) überbrachten den Medien im Kanzleramt "eine gute Nachricht für den Standort Österreich", wie Kurz es nannte. Die Regierung hat sich mit der deutschen AUA-Mutter Lufthansa geeinigt, das Rettungspaket ist zugeschnürt.

Österreich habe seine Ziele bei den Verhandlungen erreicht: "Masse der Arbeitsplätze retten, eine Garantie fürs Drehkreuz Wien und notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz", beschrieb sie Kanzler Kurz. Schon zuvor waren die Eckpunkte der Rettung bekanntgeworden, DER STANDARD hatte berichtet: Die AUA bekommt in Summe 600 Millionen Euro, 150 Millionen davon zahlt Mutter Lufthansa ins Eigenkapital der AUA ein. Weitere 150 Millionen Euro lässt der Staat als nicht rückzahlbaren Zuschuss springen.

Doch keine Staatsbeteiligung

Von einer Staatsbeteiligung, wie sie Kurz Ende April in einem "ZiB 2"-Interview noch als Bedingung für die Hilfen formuliert hatte, war keine Rede mehr. Am Dienstag präzisierte Brunner im Ö1-"Morgenjournal": Ein paar Prozent an einem deutschen Unternehmen zu erhalten brächte dem österreichischen Steuerzahler "recht wenig". Das sei nicht prioritär gewesen, so Brunner.

Aber ein Bankenkonsortium aus Erste Bank Österreich und Raiffeisen Bank International räumte einen über sechs Jahre laufenden Kredit von 300 Millionen Euro ein, für 90 Prozent dafür haftet die Republik. Abgewickelt wird das über die staatliche Finanzierungsagentur Cofag. Sollte die AUA den Kredit nicht wie vereinbart zurückzahlen, falle die AUA ins Eigentum der Republik, erklärte Finanzminister Blümel am Montag.

Die türkis-grüne Regierung ist angetreten, um über das Verhandlungsergebnis zu referieren.
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Die AUA hat im Gegenzug zum Kredit Aktien und Flieger verpfändet. Notwendig wurde das Rettungspaket wegen Corona. Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Flieger der Airlines kaum noch abheben. Bereits im ersten Quartal 2020 hat die Krise bei der AUA mit hohen Verlusten zu Buche geschlagen. Ende März, als die Pandemie Europa gerade erst so richtig erfasste, stand bei der AUA bereits ein Minus von 136 Millionen Euro in der Bilanz.

AUA muss grüner fliegen

Die Lufthansa, die selbst in Summe neun Milliarden Euro vom deutschen Staat bekommt, davon zu überzeugen, Geld für die Tochter in Österreich springen zu lassen, soll schwierig gewesen sein, erzählen Verhandler. Letztendlich sei es aber doch gelungen, mit dem Hinweis auf das Einspringen des österreichischen Staates. Die finanziellen Eckpunkte des daraus resultierenden Rettungspakets für die Airline waren schon zu Ende der Vorwoche festgestanden; über die ökologischen Rahmenbedingungen verhandelten Türkise und Grüne aber bis zuletzt.

Auch Lufthansa-Boss Carsten Spohr (rechts) ist kurz in Wien hereingeschneit. Er lobte die fairen Verhandlungen – und freut sich vor allem über das Antidumping-Gesetz, das trifft nämlich die Billigkonkurrenz.
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Zu beschreiben, was dabei herausgekommen ist, war bei dem Pressegespräch am Montag Aufgabe von Gewessler und Kogler, der von einer "ökologisch vernünftigen Lösung" sprach. Die Standortgarantie – juristisch gesehen ein auf zehn Jahre mit der Lufthansa geschlossener Vertrag – sieht vor, dass der "Hub" Wien, das Drehkreuz der AUA, im selben Ausmaß wächst wie die Lufthansa-Hubs Frankfurt und München, auch der Swiss-Hub Zürich darf nicht bevorzugt werden. Zudem muss das AUA-Headquarter in Wien bleiben, und der Markenname AUA darf nicht angetastet werden.

Investitionszusagen ...

Sollte die Standortgarantie verletzt werden, muss die Airline Strafe zahlen. Die Pönale kann laut Blümel bis zu 150 Millionen Euro betragen, das entspricht also dem nicht rückzahlbaren Zuschuss. Im Vertrag verpackt sind auch die ökologischen Komponenten, die Ministerin Gewessler präsentiert hat. Die Airline hat Investitionszusagen von 150 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre abgegeben. Sie wird ihre Flotte mit umweltfreundlicheren Technologien ausstatten, da geht es vor allem um Lärm- und CO2-Reduktion. Bis zum Jahr 2030 soll die AUA um rund ein Drittel weniger CO2 ausstoßen – Vergleichsbasis dafür ist das Jahr 2005. Laut Informationen der AUA soll der durchschnittliche CO2-Ausstoß der AUA-Flotte pro 100 Passagierkilometer von 9,55 auf 8,5 Kilogramm sinken, die Treibstoffeffizienz um 1,5 Prozent pro Jahr steigen. Zudem sollen auf Kurz- und Mittelstrecken zwei Prozent an alternativen Treibstoffen beigemischt werden.

Auch leiser soll die Airline bis 2030 werden. Der Fluglärm soll bis dahin um 60 Prozent verringert werden, auch durch technische Lösungen, die etwa den Lärm bei der Landung verringern. Manche Flüge sollen aber auch ganz ausfallen. Laut Ministerin Gewessler soll es keine Flüge mehr geben auf Strecken, die mit der Bahn in weniger als drei Stunden erreicht werden können. Dazu gab sie keine näheren Details bekannt.

... ohne neue Flugzeuge

Wie AUA-Chef Alexis von Hoensbroech und Lufthansa-Chef Carsten Spohr aber bei ihrer abendlichen Pressekonferenz erklärten, steht in nächster Zeit kein Flugzeugkauf an, auch von einem Wachstum könne in den nächsten Jahren weder in München, Frankfurt noch Wien die Rede sein.

Ökologische Maßnahmen

Dem AUA-Paket angeschlossen wird ein Bouquet an weiteren ökologischen Maßnahmen: Ein Antidumping-Gesetz soll verhindern, dass Billigairlines Tickets verkaufen, deren Preis unter den gesetzlichen Gebühren und Abgaben liegt, im Schnitt seien das in Österreich 40 Euro. Mit Ein-Euro-Tarifen sei Schluss, "Österreich wird mit diesem Gesetz eine Vorreiterrolle in Europa spielen", kündigte Gewessler an. Die für 2021 geplante Flugticketsteuer von zwölf Euro wird vorgezogen, bei Flügen unter 350 Kilometer Strecke wird eine Abgabe von 30 Euro fällig. All das will die Regierung laut Gewessler mit einer Art Bahnoffensive kombinieren.

Die ÖBB werde Nachtzüge um 500 Millionen Euro bestellen, zudem werde es ab 2024 weitere Investitionen in dem Bereich von zehn Millionen Euro im Jahr geben. Und: Die Finanzierung des bereits öfter angekündigten 1-2-3-Tickets (günstiges Jahresticket für alle Öffis) um maximal 1.095 Euro pro Jahr ab 2021 steht, die dafür nötigen 240 Millionen Euro an Förderungen seien gesichert, erklärte Gewessler. Die geplante Beteiligung des Staates an Lufthansa oder AUA ist vom Tisch. Die Regierung entsendet dafür eine Person in den AUA-Aufsichtsrat und zwei Vertreter in den Stiftungsvorstand rund um die Luftverkehrsholding. (red, Renate Graber, 8.6.2020)