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Die Raiffeisen Bank International setzt bei der Entwicklung von digitalen Tools auf ukrainisches Know-how.

Foto: Reuters/Foeger

So richtig zu Seelenruhe kommen die Mitarbeiter in der IT der Raffeisen Bank International (RBI) nicht. Vor einem Jahr wurden rund 50 Leute abruptest von ihren Jobs entfernt und aus dem Haus begleitet, die Vorgangsweise hatte für Empörung gesorgt. Um Personalabbau von letztlich rund 70 IT-Mitarbeitern und Kosteneinsparungen ging es damals, das Kreditinstitut hat sich "Agilität" auf die Fahnen geheftet. Bedeutet: in kleineren Teams arbeiten, schneller beim Kunden sein, schneller Produkte entwickeln.

Digital Banking

Um eines dieser Produkte geht es jetzt. Unter dem Titel "Digital Banking Engine" arbeiten Softwareenwickler (die IT wurde in rund 30 kleine, agile Einheiten aufgeteilt) seit einiger Zeit an entsprechenden Anwendungen. Zum Team in Wien zählten 45 Leute, 33 davon sind laut RBI-Sprecherin interne Mitarbeiter, der Rest externe. Ende Mai wurde das Projekt nun aber verlagert – in die Ukraine. Die IT-Mitarbeiter wurden davon am 25. Mai verständigt. Transformationsprojekte wie diese würden naturgemäß Risiken bergen, die Organisation (RBI, Anm.) solle davon möglichst abgeschirmt werden, hieß es im Schreiben einer IT-Managerin an das Team. Andererseits sollten solche Transformationsprojekte nicht zu sehr beschränkt oder beeinflusst werden.

Daher brauche man eine starke Führungspersönlichkeit, und die wurde gefunden: in der Gründerin des ukrainischen Start-up Edenlab. Die Frau sei für das Projekt ideal, habe Erfahrung in Retail und IT. Edenlab habe ein starkes IT-Team und arbeite selbst "agil", zudem fielen für die Bank in der Ukraine geringere Kosten an. Also werde der Aufbau der digitalen Bank bei Edenlab erfolgen. "Das Team in Wien wird aufgelöst."

Managerin bedauert

Was das für die Mitarbeiter bedeutet? Für die internen sollen zeitnah Alternativen gefunden werden, "wir wollen Sie in der Organisation halten". Auch um die externen will sich die Managerin kümmern, die im Schreiben die "herausragenden Fähigkeiten" der IT-Leute lobt und "diese Entwicklung persönlich sehr bedauert".

Ein Gemütszustand, der auch RBI-Mitarbeiter erfasst hat, die Belegschaftsvertreter sollen nicht beunruhigt sein. Auch RBI- Sprecherin Ingrid Krenn-Ditz erklärt auf Anfrage, dass niemand gekündigt werde und die Betroffenen für andere Projekte eingesetzt würden. Zudem werde es ja eine Kooperation mit Wien geben. Warum die Übersiedlung in die Ukraine, wo die RBI – wie in 14 anderen Ländern Osteuropas – eine Tochterbank hat und von wo der fürs Retailgeschäft zuständige RBI-Vorstand Andrii Stepanenko stammt? Dort verfüge man über eine hochqualifizierte IT-Mannschaft und das Projekt werde "in einer 100-prozentigen RBI-Tochter angesiedelt". Heißt das, dass die RBI Edenlab kauft? Das kommentiert die Sprecherin nicht. (Renate Graber, 7.6.2020)