"Geschlossen" – Schilder mit dieser Information prangen derzeit an vielen Geschäften. Auch Selbständige wurden von den Corona-Schutzmaßnahmen teils hart getroffen.

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Hoteliers, Gastwirte, Selbstständige und viele andere (Einpersonen-)Unternehmer teilen derzeit ein Schicksal. Sie mussten ihr Geschäft schließen – zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus. Seitdem wurden viele Hilfsmaßnahmen verkündet – vom Härtefallfonds bis hin zur Stundung von Kreditraten bei Banken. Doch nicht jeder kann und wird gleichermaßen profitieren. Viele bleiben auf ihren Verlusten sitzen. Als Rettungsanker galt vielen ihre Betriebsunterbrechungsversicherung. Diese, so die Idee, müsste doch zahlen, wenn der Betrieb – so wie jetzt – unterbrochen ist. So einfach geht diese Rechnung aber nicht auf, wie Betroffene dem STANDARD berichten.

15 Prozent auf Kulanz

Die gewerbliche Masseurin Jasmin M. etwa. Sie ist von den Corona-Schutzmaßnahmen betroffen und darf ihrer Tätigkeit derzeit nicht nachgehen. Ihre Versicherung hat ihr jedoch mitgeteilt, dass ihre Betriebsunterbrechungsversicherung hier nicht zum Tragen kommt. Diese gelte nur, wenn sie selbst krank geworden wäre und deswegen ihre Tätigkeit hätte unterbrechen müssen. Nachdem Frau M. weder erkrankt ist noch in Quarantäne sein musste, läge hier kein Versicherungsfall vor. Die Versicherung bietet ihr aber kulanterweise 15 Prozent ihres Ausfalls an. Dafür muss sie aber unterschreiben, dass sie im Nachhinein keine Ansprüche aus der Seuchenbetriebsunterbrechungsversicherung erheben wird. Nachsatz der Versicherung: Frau M. soll sich an den Härtefallfonds wenden.

Das Problem von Frau M. diesbezüglich: Sie war in den Vorjahren in Karenz, hatte also kein Einkommen. Beim Härtefallfonds fällt sie damit durch, erklärt sie, weil sie für die Vorjahre keine Angaben zum Einkommen machen kann. Ihr Kind ist seit Winter bei der Tagesmutter gut eingewöhnt, die neuen Aufweichungen beim Fonds machen ihr jetzt Hoffnung.

Kopf schütteln

Ähnlich ergangen ist es einem Hotelier, der sich an seine Betriebsunterbrechungsversicherung klammerte. Auch ihm wurden von seiner Versicherung 15 Prozent des Betriebsaufalls für 30 Tage angeboten, wenn er sich bereiterklärt, im Nachhinein keine Ansprüche aus der Seuchenbetriebsunterbrechungsversicherung zu erheben. Die Betroffenen schütteln den Kopf: "Da zahlt man 20 Jahre in den Vertrag ein, und wenn man etwas braucht, bekommt man nichts", sagt Jasmin M.

Die Versicherungen erklären die Sachlage so: Die Betriebsunterbrechungsversicherung gelte nur, wenn der Versicherte selbst krank wird und seinen Betrieb daher unterbrechen muss oder wenn von dem Betrieb eine Seuchengefahr ausgehe. Müsse etwa ein Gasthof vorübergehend zusperren, weil es zu Salmonellenfällen gekommen ist, gehe von dem Betrieb eine Gefahr aus, eine behördliche Schließung folge. Dann würde die Versicherung für bis zu 30 Tage 100 Prozent des Nettoumsatzes zahlen. Die Geschäfte seien jetzt aber geschlossen, weil es gilt, die Ausbreitung des Coronavirus zu unterbinden. Eine Pandemie ist zudem in den meisten Verträgen für eine Betriebsunterbrechung ausgeschlossen. Dieses Risiko zu versichern, sei zu groß. Ebenso wie das Risiko durch Krieg oder Terror.

Risiko der Pandemie zu groß

Würde man diese Risken ernsthaft in einer Risikogemeinschaft abdecken wollen, wären die Prämien sehr hoch. Damit würde das Produkt niemand mehr kaufen, heißt es. Der Versicherungsverband VVO hat mitgeteilt, dass die Versicherungen mit einer freiwillige Hilfsaktion Unternehmern mit bestehender BUFT (Betriebsunterbrechung für Selbstständige und Freiberufler) oder Seuchenbetriebsunterbrechungsversicherung unter die Arme greifen und 15 Prozent einer Tagesentschädigung für die Dauer von maximal 30 Tagen zahlen. Die Versicherungen gehen laut eigenen Angaben davon aus, dass über die staatlichen Hilfspakete Betroffene rund 70 Prozent ihrer Ausfälle decken können. Von den verbleibenden 30 Prozent wollen die Versicherer 15 Prozent übernehmen. (Bettina Pfluger, 27.4.2020)