Auf dem Luftweg kamen Pflegerinnen bereits nach Österreich. Ende März etwa wurden 250 Personen aus Rumänien und Bulgarien vom Land Niederösterreich eingeflogen.

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Karoline Edtstadler pocht auf die Verantwortung Bukarests.

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Kommen sie, oder kommen sie nicht? Darüber herrschte am Sonntag noch Unklarheit. EU-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat angekündigt, dass es ab Anfang Mai auch Sonderzüge geben wird, die dringend benötigte 24-Stunden-Pflegekräfte aus Rumänien nach Österreich bringen – und umgekehrt. Immerhin kommt mehr als die Hälfte der rund 70.000 24-Stunden-Betreuerinnen, die in Österreich tätig sind, aus Rumänien. Der dortige Transportminister Lucian Bode will von derartigen Korridorzügen aber nichts wissen.

Das wiederum versteht man im Büro von Edtstadler nicht. Denn das Innenministerium in Rumänien habe zuletzt klargestellt, dass Pflegerinnen nach Österreich ausreisen dürften. Ein Regierungsübereinkommen sei dafür, ebenso wie für Flüge aus Rumänien, nicht extra nötig. Die behördlichen Genehmigungen müssten demnach von der rumänischen Staatsbahn – die sich in Verhandlungen mit der ÖBB über den Transport befindet – besorgt werden. Am Sonntag wurde auf STANDARD-Anfrage aber eingeräumt, dass es in dieser Causa am Montag um zehn Uhr ein klärendes Gespräch zwischen dem rumänischen Minister Bode und Edtstadler geben werde.

Kein offizielles Ansuchen

Bode hatte zuvor erklärt, dass es keinerlei offizielles Ansuchen von österreichischen Behörden gegeben habe, dass ein Zug von Timisoara abfahre, der Pflegekräfte nach Österreich bringen solle. "Es gibt nichts Konkretes", so Bode. Und selbst wenn es eine Vereinbarung zwischen den Regierungen geben würde, werde man trotzdem "nicht in der Lage sein, nach Rumänien zu kommen und die Leute, die man wolle, auf dem Bahnhof zusammenzusammeln und sie wo auch immer hinzubringen", stellte er klar.

Bode sagte, dass man das Außenministerium, die Botschaft und das Innenministerium benachrichtigt habe, um in Erfahrung zu bringen, ob sie die Anfrage aus Österreich bekommen hätten. Angemessen sei jedenfalls nur ein Vorgehen, das die Einhaltung der Dringlichkeitsverordnungen vorsehe. Bode verwies auch darauf, dass Rumänien mindestens bis 15. Mai noch im Ausnahmezustand sei.

Dass ein Nachtzug aus Österreich wie angekündigt am 2. Mai Richtung Timisoara startet und am 4. Mai zurückkommt, steht ebenfalls noch nicht fest. Weder im Büro von Edtstadler noch auf Anfrage bei Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) konnte der Termin bestätigt werden. 300 bis 350 Pflegekräfte, die zu viert in Sechserliegewagen untergebracht werden, sollen in einem Zug transportiert werden können. Geplant sind vorerst wöchentliche Verbindungen.

Bei ihrer Ankunft in Österreich müssen sie entweder in eine 14-tägige Quarantäne oder einen positiven Test vorweisen. Aus dem Büro von Anschober heißt es zum STANDARD, dass die notwendigen PCR-Tests "von der Wirtschaftskammer bereitgestellt werden".

Angekratzter Ruf

Österreich hat aus mehreren Gründen bei manchen Rumänen einen angekratzten Ruf. Denn erstens versuchte Wien durchzusetzen, dass Leute, die in Österreich arbeiten, aber deren Kinder in Rumänien leben, weniger Familienbeihilfe bekommen sollen. Die EU-Kommission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein.

Zweitens sind auch heimische Firmen an Holzschlägereien in Rumänien beteiligt. Das macht jene wütend, die den Eindruck haben, dass sich Geschäftsleute zulasten der Natur und des öffentlichen Gutes in Rumänien bereichern. Sie haben das Gefühl, dass Rumänien als Reservoir für billige Arbeitskräfte und Rohmaterialien benutzt wird.

Dazu kommt, dass viele Rumänen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, mit dem Virus infiziert wurden und die Sorge um Bürger im Ausland, etwa in Italien, groß ist. Über 700 Rumänen im Ausland wurden mit dem Virus angesteckt, unter anderem auch in Österreich. Über 60 sind im Ausland verstorben.

In sozialen Medien werden seit Wochen Bilder von "Spargelstechern" veröffentlicht, die, ohne dass ihnen das Abstandhalten ermöglicht wurde, nach Deutschland ausgeflogen wurden. Rumänische Bürger sprechen in Kommentaren vom "Verrat der rumänischen Regierung", weil sie zugelassen habe, dass diese Leute trotz der Pandemie ausreisten, um als "Sklaven versklavt" zu werden.

Gleichzeitig sind die hunderttausenden Pandemierückkehrer – vor allem aus Italien – in ihrer Heimat unter Druck gekommen. Viele von ihnen wurden für das Einschleppen des Virus verantwortlich gemacht. Manche wurden in Hotels am Schwarzen Meer untergebracht, um zwei Wochen in Quarantäne zu bleiben.

Attacken auf die Diaspora

Die sozialdemokratische Abgeordnete Lia Olguț Vasilescu schrieb etwa kürzlich auf Facebook mehr als unfreundlich an die "Kolonie!"– gemeint sind die Auslandrumänen: "Wir haben Sie zwei Wochen lang mit Staatsgeldern in Quarantäne geschickt und wenn wir sicher sind, dass Sie gesund sind, schicken wir Sie zur Arbeit für andere." Die ausländischen Botschafter in Rumänien würden sich nicht um die Korruption kümmern, sondern darum, ob Rumänien Pflegekräfte habe oder Arbeitskräfte für ihre Plantagen, fügte sie hinzu. (David Krutzler, Adelheid Wölfl, 26.4.2020)