Am Dienstag nach Ostern dürfen kleinere Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 400 Quadratmeter sowie Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen – unter strengen Hygienevorschriften. So darf etwa nur ein Kunde pro 20 Quadratmeter in den Shop, Masken müssen sowohl vom Personal wie auch von den Kunden getragen werden. Ende April dürfen dann größere Läden und Friseure aufsperren. In einem Stufenplan werden die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie gelockert.

Am längsten bleibt die Gastronomie geschlossen. Vor Mitte Mai dürfen Lokale, Restaurants, Gasthäuser oder Bars keinesfalls Kundschaft empfangen. Dass sie dann aufsperren dürfen ist jedoch nicht fix. Die Maßnahmenlockerung würde laufend evaluiert, heißt es von der Bundesregierung. Und: Sollten die Zahlen der Infizierten wieder steigen, dann wolle man die "Notbremse" ziehen, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an.

Rotraut Schöberl: Amazone statt Amazon!
Foto: Andy Urban

Buchhandlung: Von der Schockstarre zur Überraschung

Grinsend und quirlig sitzt Rotraut Schöberl im Innenhof hinter der Buchhandlung Leporello gleich beim Stephansdom. Dabei sei ihr das Grinsen und auch das Schlafen vor drei Wochen gehörig vergangen, wie sie erzählt. Doch vom ersten Moment an lief sehr viel über Online-Bestellungen. Anfangs dachte sie an Solidaritätsbekundungen, aber der Strom riss nicht ab. Also wurden Adressen gedruckt, Packerln geschnürt, literarische Geschenkkörbe, schriftliche Grüße ausbaldowert und Facebook aktiviert. Die Kampfansage: "Lasst uns eure Amazonen sein, anstatt bei Amazon zu kaufen." Es blieb Leben im Geschäft in der Singerstraße. Und Umsatz! Heute ist Schöberl freudig erregt über die bevorstehende analoge Wiederauferstehung.

Eine Kundin hätte geschrieben, sie brächte kommende Woche Mundschutz und Champagner mit. Schöberl sagt, sie brauche keinen Champagner. Ihr genüge die Dankbarkeit der Menschen, dass sie nun wieder Buchhandlungsluft schnuppern können. "Es ist ein bisschen, als wäre man sehr krank gewesen und dürfe sich plötzlich wieder an Dingen erfreuen, die zuvor selbstverständlich schienen."

Ob das auch in einem Jahr noch so sein wird? Schöberl hebt die Schultern und grinst. (Michael Hausenblas)

Simone Jungwirth ist im Mai so gut wie ausgebucht.
Foto: Regine Hendrich

Friseur: Alle wollen aufgehübscht aus der Krise

Der Mai wird heftig. Ein Glück! "Viele Kunden haben schon vor Wochen bei mir Termine fürs Färben und Schneiden reserviert – als noch gar nicht klar war, ob ich überhaupt öffnen darf", sagt Simone Jungwirth, "Schön war das, weil es mir gezeigt hat, wie wichtig meine Arbeit für viele Menschen ist."

Seit feststeht, dass auch Friseure wieder aufsperren dürfen, bimmelt ihr Telefon quasi ohne Unterbrechung. Jetzt muss sie reinholen, was ihr im letzten Monat entgangen ist. Noch sind die Auflagen dafür nicht fix. Maske, klar. Sicherheitsabstand: Geht in ihrem kleinen Salon Jungwirth im 8. Bezirk auch, die Frisierstühle stehen weit auseinander. Und mehr als zwei Kunden zeitgleich nimmt sie als One-Woman-Show sowieso nicht an. Aber Handschuhe beim Haareschneiden? Nun: Man wird sehen, Jungwirth ist da ziemlich pragmatisch. "Es ist, wie es ist" – mit dieser Einstellung hat sie auch die Krise durchgestanden, Jammern ändert ja nix. "Zum Glück habe ich eine Mietreduktion für den Laden bekommen und immer einen Notgroschen auf der Seite. Und beim Einkaufen habe ich mehr als sonst auf den Preis geachtet." Sorge macht ihr nur, wo sie Tochter Lotti (eineinhalb Jahre) ab Mai unterbringen soll. "Ganz klar ist das mit den Kindergärten noch nicht." (Nana Siebert)

Patrick und Andreas Pingitzer, die sturen Eisenwarenhändler.
Foto: Pingitzer

Eisenwaren: Altmodisch durch die Krise geschrammt

Dass die Brüder Pingitzer aus Mattersburg die Corona-Krise mit nur ein paar Schrammen überstehen werden, liegt in der Hauptsache daran, dass sie so altmodisch sind. Oder stur. Auf ökonomistisch: krisenresilient. Sie verkaufen, reparieren und servicieren Garten- und Landwirtschaftsmaschinen für Private und Kommunen. Da war zuletzt eh was zu tun: auswintern. Das Herzstück ist freilich der weit über den Bezirk Mattersburg hinaus als Geheimtipp gehandelte Eisenwarenladen, wie es sie früher überall gegeben hat. Die Baumärkte haben diese Geschäfte aus dem Markt gerempelt.

"Der Großvater", erzählt Patrick Pingitzer, der mit Bruder Andreas das Geschäft betreibt, "hat in den Siebzigerjahren die Lagerbestände der in Konkurs gegangenen Eisenhandlungen gekauft." Davon zehren Hand- und Heimwerker bis heute. Beim Pingitzer, heißt es, gibt es nichts, was nicht in diesem Geschäft auf Lager wäre. "Einmal hat einer ein Ersatzteil für die alte Mischmaschine gebraucht. Nicht einmal der Hersteller hatte das mehr. Wir schon." Die Pingitzer sind mit ihrer Verachtung der Just-in-time-Ideologie der Großen quasi ein Rückgriff auf die Zukunft nach der Krise, wo dann vielleicht – hoffentlich – das ökonomisch Allwettertaugliche gebraucht werden wird. (Wolfgang Weisgram)

Michael Lanmüller: Boom bei Kochern und Gaskartuschen.
Foto: Robert Newald

Outdoor: Steppenwolf durchläuft eine Welt der Exteme

Anfang März feierte Michael Lanmüller mit seinen Mitarbeitern den Geburtstag seines Outdoor-Spezialisten Steppenwolf. Eine Woche später kam der Shutdown – auf die Party folgte Endzeitstimmung. "Unter den Kunden herrschte Pessimismus wie zur Jahrtausendwende, sie deckten sich ohne Ende mit Kochern und Gaskartuschen ein", erzählt der Wiener Unternehmer. Auch bei ihm breitete sich nach der behördlichen Schließung seines Geschäfts Panik aus. Die gesamte Sommerware war finanziert, sein Shop zum Bersten voll. Die Fixkosten liefen weiter, der Umsatz zerbröselte. Lanmüller räumte in den vergangenen zwei Wochen auf, nahm jedes einzelne Teil in die Hand. "So schön wie jetzt war der Laden seit 20 Jahren nicht mehr."

Seine Erleichterung, nach Ostern wieder aufsperren zu dürfen, ist groß. An Masken und Desinfektionsmitteln fehlt es ihm nicht. Mit einem Ansturm an Kunden rechnet er aber nicht. Der Bedarf an Ausrüstung für Bergsport, Abenteuer und Reisen hält sich in Zeiten von Corona naturgemäß in Grenzen. Lanmüller hofft, zumindest einen Teil des verlorenen Umsatzes wettmachen zu können.Die Krise habe ihm gezeigt, was trotz der Widrigkeiten alles möglich sei, sagt Lanmüller – ob im Miteinander der Menschen oder bei der Unterstützung regionaler Händler. So viele Leute hätten an ihrem Schicksal Anteil genommen. "Das gibt Mut und Motivation weiterzumachen." (Verena Kainrath)

Brigitte Hajny verschenkte vor der Schließung alle Blumen.
Foto: privat

Blumengeschäft: Weniger Hochzeiten, weniger Sträuße

Das Schließen der Geschäfte war ein "Schock" für Brigitte Hajny, Inhaberin des gleichnamigen Blumenladens Hajny in der Innsbrucker Altstadt. Kurz zuvor hat sie eine große Lieferung erhalten: "Das ist verderbliche Ware, ich musste alle Blumen verschenken, und nach der Schließung muss ich das ganze Geschäft neu ausstatten." Ein riesiger Schaden.

Sieben Angestellte wurden in Kurzarbeit geschickt, schnell ein Lieferservice und der langgeplante Onlineshop eingerichtet. "Das rentiert sich zwar nicht, aber wir bleiben bei den Kunden präsent, und Blumen sind ja Nahrung für die Seele", sagt die Floristin. Verkauft werden heimische Pflanzen, wegen der geringen Mengen sei es unmöglich, in Holland zu bestellen.

Den Unmut über die Supermärkte, die Blumen verkaufen, verstehe sie. Ihr Laden sei wegen anderer Ware und Klientel weniger betroffen. Nach Ostern sperrt sie ihr 45 Quadratmeter großes Geschäft wieder auf, zwei Kunden dürfen dann maximal hinein. Nur zu zweit werden sie arbeiten und auf die Einhaltung achten. Denkbar sei für Hajny, auch an einem Tisch vor dem Eingang zu verkaufen.

Mehr Gedanken habe sie sich noch nicht gemacht: "Mal sehen, wie viele überhaupt kommen." Denn: "Wir Floristen können aufsperren, aber es gibt kaum Hochzeiten, womit wir in diesen Monaten normalerweise unser Geld verdienen", sagt die Berufsgruppensprecherin der WK Tirol. (Selina Thaler)

Die Laufke-Wirte liefern unter dem Motto #eingrext.
Foto: Heldentheater

Gasthaus: Es wird sich wieder einrexen, aber es dauert

Zur großen Jubiläumsparty am 14. März ist es nicht gekommen, die Pandemie hat den Feierlichkeiten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit 1923 gibt es das Wirtshaus Laufke in Graz. 2011 musste die Institution zusperren, 2018 hauchten die drei Jungwirte Markus Neuhold, Herbert König und Jakob Schönberger dem Lokal wieder Leben ein. Mit Witz, Gastlichkeit, super Weinkarte und feinem Essen.

Dementsprechend groß war der Aufschrei, als 2019 die Insolvenz des Laufkes bekannt wurde. "Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Aber wir sind ein gesunder Betrieb, sonst hätten wir die Insolvenz nicht überlebt", sagen die Wirte. Deshalb bleiben sie auch jetzt zuversichtlich, selbst wenn die Zweijahresfeier abgesagt ist, die Tische im Lokal leer sind. Statt Party rexen sie Kartoffelgulasch und Bœuf Stroganoff ein, liefern auf Bestellung. Der Zusammenhalt zwischen Gastronomen und die Unterstützung der Kunden trägt sie durch die Krise: "Es ist eine Zeit, in der jeder auf jeden angewiesen ist." Daher haben sie auch eine Aktion für das Marienstüberl, eine Speiseeinrichtung der Caritas, gestartet.

Wer bei Laufke kauft, kann gleich auch noch für das Marienstüberl mitbestellen. Von 650 Gläsern waren das bisher 200 Stück. (Nina Wessely)

Auch nach Ostern darf nur ein Kunde in Chloé Thomas’ Shop.
Foto: Andy Urban

Papeterie: Postkarten und Papierwaren fürs Homeoffice

Papier in allen Formen und Farben findet man im kleinen Sous-Bois in der Wiener Neustiftgasse. Postkarten, Briefpapier, Hefte und Kalender etwa. Die Papeterie lebt von Laufkundschaft. Daran, dass diese nach Ostern vorbeispaziert, glaubt Besitzerin Chloé Thomas nicht ganz. Raus soll man nur für Notwendiges, nicht zum Flanieren.

Darum wird die Jungmama ihren Laden auch nur stundenweise öffnen. Der Verkaufsraum ist so klein, dass sowieso nur ein Kunde auf einmal ins Geschäft darf. Thomas und ihren Mann Yusuf Shaker traf die Schließung vor rund einem Monat doppelt. Gemeinsam verkaufen sie nicht nur Papier, sondern betreiben auch das gleichnamige Café nebenan. Dieses bleibt bis Mitte Mai jedenfalls zu. "Wir haben uns gegen Essenslieferungen entschieden, weil wir befürchten, dass wir mehr Verlust machen, als wir einnehmen. Das Café ist ein Ort, wo Leute zusammenkommen", erzählt Thomas.

Seit rund einem Monat kommt bei der Familie darum kaum Geld aufs Konto – zwar gibt es ein paar Bestellungen über den Onlineshop, aber das reicht nicht. Laufende Kosten fallen an, auch der eigene Lebensunterhalt muss finanziert werden. Die Mitarbeiter der Papeterie und des Cafés mussten daher gekündigt oder in Kurzarbeit geschickt werden.

Ihre Zukunft sieht Thomas "sehr stressig". Alles sei knapp, die Sorge, keinen Verdienst zu haben, dafür umso größer. (Oona Kroisleitner)

Nicolaus Lachmayer nutzte die Zwangspause zum Umbau.
Foto: Musikladen / Arne Müseler

Musikladen: Überaktionismus und treue Vinylliebhaber

Der Musikladen in der Salzburger Linzergasse hatte zwar geschlossen, Geschäftsführer Nicolaus Lachmayer blieb dennoch umtriebig. "Ich war jeden Tag herinnen und habe einen Umbau gestartet." Die anfänglichen Sorgen wegen der Schließung hätten bei ihm zu Überaktionismus geführt. "Es war echt anstrengend, weil ich vor lauter Panik mehr gearbeitet habe." Vormittags betreute Lachmayer als Hauslehrer seine zwei Kinder, nachmittags werkte er als Bauarbeiter im eigenen Laden.

Der erste Stock, wo im Wohnzimmerflair Hi-Fi-Anlagen getestet werden können, ist bereits fertig. "Ich wollte eigentlich unten auch noch umbauen und umräumen. Aber das geht sich jetzt nicht mehr aus." Denn am Dienstag sperrt der Musikladen wieder auf. Er werde auf Mindestabstand achten, selbst eine Maske tragen und Desinfektionsmittel besorgen. Drei bis vier Kunden hätten gleichzeitig Platz in dem 150-Quadratmeter-Geschäft. Seinen Mitarbeiter wird er Anfang Mai wieder aus der Kurzarbeit holen.

Lachmayer glaubt nicht, dass nächste Woche viele Kunden kommen. "Das wird erst langsam wieder losgehen. Alle haben nun andere Sorgen." Die Stammkunden blieben auch in der Pause dem Plattenladen treu und fragten wegen Vorbestellungen an. "Viele haben nun zu Hause Lust und Zeit zum Musikhören, aber das nötige Equipment fehlt." Neue Hi-Fi-Anlagen, Boxen oder Plattenspieler waren daher besonders gefragt. (Stefanie Ruep)

Die Uhls verkaufen ihre Produkte auch im Hofladen.
Foto: David Krutzler

Mostschank: Regionalität wird wieder mehr geschätzt

Seit knapp einem Monat darf hier kein Hausmost oder Traubensaft mehr ausgeschenkt werden. Kein Bratlfettnbrot und keine Brettljause, kein Bauerngeselchtes und keine Selchwürsteln werden in der Gaststube serviert. "Und dabei bleibt es noch ein ganzes Monat." Für Christian und Monika Uhl, die Inhaber der gleichnamigen Jausenstation im oststeirischen Rohrbach an der Lafnitz, ist die verpflichtende Corona-Pause wie für alle Gastronomen zu Ostern erst zur Hälfte vorbei.

Der Mostschank ist normalerweise fast ganzjährig geöffnet, es gibt alleine indoor 150 Sitzplätze. "Wir mussten fünf Angestellte auf Kurzarbeit schicken", sagt Christian Uhl. Die hauseigene Landwirtschaft gilt es im Familienbetrieb aber weiter zu betreuen. Schweine und Rinder müssen am Hof geschlachtet und verarbeitet werden, das Bauernbrot wird selbst gebacken. "Wir können uns da ganz gut ablenken."

Und hier zahlt sich in Corona-Zeiten der Hofladen mit dem Direktverkauf der frischen bäuerlichen Produkte besonders aus. "Das geht echt gut", erzählt Uhl. "Die Verluste lassen sich so abfedern. Und wir merken, dass Regionalität wieder mehr geschätzt wird. Hoffentlich bleibt das nachhaltig auch nach der Corona-Krise so." (David Krutzler)

Mario Sieber will Rechtssicherheit.
Foto: Privat

Spielzeug: Spielewelt wehrt sich im Ländle gegen Riesen

Corona sei menschlich wie wirtschaftlich ein Schlag ins Gesicht gewesen, sagt Mario Sieber. Vor sieben Jahren gründete er mit seiner Frau ein Spielzeuggeschäft in Feldkirch, die Spielewelt. Es war das einzige seiner Art der Stadt und lief so gut, dass er mit zwei weiteren Filialen expandieren konnte. Die Covid-19-Krise fraß alles weg, was sich der kleine Betrieb seither finanziell aufgebaut hatte. Seine Mitarbeiter meldete Sieber zur Kurzarbeit an, gekündigt hat er keinen. "Alle zu halten war uns sehr wichtig."

Der Vorarlberger wehrte sich gegen Supermärkte, die Spielwaren bewarben, während Händler wie er keinen einzigen Kunden in ihr Geschäft lassen durften. Im Visier der Anzeigen des jungen Unternehmers waren die Big Five des Lebensmittelhandels: Rewe, Spar, Hofer, Lidl und Metro. "Ich will keinen bestrafen, sondern Rechtssicherheit schaffen." Die Spielwarenbranche erzielt gut ein Viertel ihres Jahresumsatzes vor Ostern. Dieses Geschäft sei weg, seufzt Sieber, der Osterhase komme nicht zweimal.

Er ist dennoch zuversichtlich, dass er auf lange Sicht die Verluste ausbügeln kann. Sein Büro hielt er die vergangenen Wochen durchgehend besetzt, sein Onlineshop lief auf Hochtouren. Die daraus verbuchten Umsätze decken zumindest die Fixkosten. Als größte Herausforderung für den Neustart sieht Sieber die Einhaltung aller Schutzvorkehrungen. "Masken und Desinfektionsmittel sind nach wie vor Mangelware." (Verena Kainrath, 12.4.2020)