Die Suche nach Vollzeitkräften auf dem Feld gestaltet sich schwierig.

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Um 6 Uhr in der Früh beginnt die Arbeit, bis mittags wird Spargel gestochen. Nach einer Pause geht es nachmittags weiter, und das, bis die gesamte Ernte eingebracht ist, für einen Bruttostundenlohn laut Kollektivvertrag von 7,34 bis 9,72 Euro – je nach Bundesland. Die Arbeit auf dem Feld ist körperlich anstrengend, gehört aber in den nächsten Wochen erledigt. Doch die Erntehelfer, die sonst Jahr für Jahr aus Osteuropa anreisen, können heuer aufgrund der Corona-Krise nicht kommen. Menschen, die in Österreich derzeit ohne Beschäftigung sind, sollen nun einspringen. Für Landwirte schafft das nur bedingt weniger Sorgen.

Eine ganze Flut von Anrufen und E-Mails habe sie erhalten, als Medien über gesuchte Erntehelfer berichteten, erzählt die Spargelbäuerin Christiana Edlinger-Theuringer. Den Großteil jener, die sich gemeldet haben, konnte der Betrieb gleich wieder abschreiben: "Es waren einfach unrealistische Szenarien", sagt die Landwirtin. Manche Bewerber wollten nur drei Stunden am Tag arbeiten, andere nur samstags.

"Das ist sehr harte Arbeit", sagt Landwirtin Edlinger-Theuringer zum Spagelstechen.
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Sie sei auf der Suche nach Menschen, die Vollzeit über die gesamte Saison anpacken können. Am Montag werden jedenfalls erste Bewerber aus Österreich im Marchfeld arbeiten. Die Landwirtin macht sich allerdings Sorgen, ob die Neo-Erntehelfer durchhalten werden. "Das ist sehr harte Arbeit." Je öfter die Helfer durchwechseln, desto höher sei der Aufwand für den Betrieb: Während die Saisonarbeitskräfte aus Bulgarien und Polen die Arbeitsabläufe seit Jahren kennen, müssten die neuen Mitarbeiter erst in puncto Ernte und Hygiene eingeschult werden. "Es ist ein organisatorischer Wahnsinn."

Online-Plattform soll helfen

Eine vom Landwirtschaftsministerium kürzlich eingerichtete Plattform soll Landwirten Abhilfe schaffen. Auf dielebensmittelhelfer.at werden Bauern mit potenziellen Erntehelfern in Österreich vernetzt. Im Ministerium spricht man von mehreren Tausend benötigten Arbeitskräften. Derzeit werde ein Fokus auf Bewerber gelegt, die möglichst mehr als 30 Stunden arbeiten möchten und Vorkenntnisse mitbringen. Das war bisher allerdings nur bei einem Fünftel der Fall.

Bisher haben sich auf der Plattform 420 Betriebe gemeldet, die einen Bedarf von rund 3.500 Arbeitskräften gemeldet haben. 40 Prozent davon suchen in den nächsten Wochen nach Unterstützung, der Rest erst im Laufe der Erntesaison.

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) will Landwirte auf einer Online-Plattform mit Arbeitskräften vernetzen.
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Joachim Reicher war einer jener Landwirte, der sich früh auf der Plattform angemeldet hat. Eine Woche lang habe er auf eine Rückmeldung gewartet und schließlich selbst ein Inserat auf seine Homepage gestellt, erzählt der steirische Spargelbauer. Auch sein Telefon lief heiß, und auch er schloss viele Bewerber aufgrund unrealistischer Zeitvorstellungen aus. Derzeit profitiert Reicher noch von der Grenznähe seines Betriebs, wie er sagt. Ein großer Teil seines Stammteams kommt aus Ungarn und Slowenien, die Saisonniers aus Polen bleiben jedoch bereits aus. Für sie sollen nun Erntehelfer aus Österreich einspringen.

Noch ist die Spargelsaison in Fehring nicht angebrochen, dann muss es aber schnell gehen: Bleibt der Spargel zu lange im Boden, sinkt die Qualität, erklärt der Landwirt. Das könnte auch für die Einspringer zur Herausforderung werden. Reicher schätzt, dass die Neulinge ein bis zwei Wochen Anlernzeit benötigen, um so schnell zu arbeiten wie das Stammteam.

In Deutschland werden demnächst 40.000 Erntehelfer aus Osteuropa eingeflogen.
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Ein wenig anders sieht die Situation in Leonding aus. Als absehbar wurde, dass er sein Stammteam nicht zur Spargelernte nach Oberösterreich bringen kann, hat der Landwirt Benedikt Leibetseder kurzerhand Ersatz gesucht. Sobald die Ernte anläuft, werden ihm mehrere Asylwerber auf dem Feld helfen. Die Bewilligungen umzuändern war relativ unkompliziert, erklärt der Landwirt. Dennoch fürchtet er, dass die Ernte heuer mühsamer vonstattengehen wird. Immerhin habe er über Jahre mit dem gleichen Team gearbeitet. Zudem dürften Abnehmer aus der Gastronomie heuer weitgehend ausfallen.

Große Bereitschaft

Der Tenor der Bauern ist jedenfalls quer durch das Land ähnlich: Zwar sei die Bereitschaft mit anzupacken in Österreich groß, Arbeitsvorstellungen würden aber vielfach an der Realität eines landwirtschaftlichen Betriebes vorbeigehen. Und der niedrige Lohn? Den würde der Handel vorgeben, weil er nicht mehr für heimische Erzeugnisse zahlt, heißt es in der Branche. Ähnliches ist auch seitens der Gewerkschaft ProGe zu hören. Dort hofft man, dass jene Arbeit, die bisher von Osteuropäern geleistet wurde, künftig mit mehr Wertschätzung und vor allem mehr Lohn versehen wird.

Einige Landwirte hoffen hingegen auf eine ähnliche Lösung wie in Deutschland: Dort sollen im April 40.000 Saisonniers aus Osteuropa eingeflogen werden. In Österreich setzt man unterdessen weiter auf die Plattform, wie das Ministerium in Bezug auf die Flüge bekräftigt. Man habe allerdings Verständnis für jene Bauern, die angesichts der Krise alle Möglichkeiten in Erwägung ziehen. Über die Flüge kann man in der ProGe nur schmunzeln, immerhin würde sonst jeder Cent in der Branche zweimal umgedreht werden. (Nora Laufer, 4.4.2020)