Viele Gemeinden wüssten gerne, welche ihrer Bürger mit dem Coronavirus infiziert sind. Die Bezirkshauptmannschaften wissen es, dürfen den Bürgermeistern die Namen aber nicht nennen.

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Wien – Die Gemeinde Ardagger war schon früh ein kleiner Corona-Hotspot in Österreich. Urlauber seien aus einer kritischen Region nach Hause gekommen, die Sicherheitsmaßnahmen noch nicht zu allen durchgedrungen, erzählt Bürgermeister Johannes Pressl (ÖVP) dem STANDARD. So hat es sich ergeben, dass heute 35 der rund 250 Einwohner der niederösterreichischen Gemeinde mit Covid-19 infiziert sind.

Doch wer diese 35 angesteckten Ardaggerer sind, das weiß Pressl nur, weil sie sich selbst bei ihm gemeldet haben: Die zuständige Bezirkshauptmannschaft Amstetten darf dem Bürgermeister die Namen der Infizierten nämlich nicht nennen, wie orf.at berichtete. Pressl ärgert das, er würde sich gerne regelmäßig bei den Betroffenen melden und sich um sie kümmern. "Letztlich blockieren wir uns damit alle selbst", sagt er zum STANDARD. Bürgermeister Pressl ist Vizepräsident des Gemeindebundes und soll im Jahr 2021 Alfred Riedl als Präsident nachfolgen.

Doch der Datenschutz verbietet es den Bezirksbehörden, die Namen an die Bürgermeister weiterzugeben. Dabei würden sie die Ortschefs gerne informieren, wie ein Sprecher der Bezirksobleute zum ORF sagte.

Gespräche mit den Ministerien

Der Gemeindebund ist deshalb in Gesprächen mit Gesundheits- und Justizministerium, um eine rasche Gesetzesänderung zu bewirken. DER STANDARD hat im Justizministerium um eine Stellungnahme angefragt, aber noch keine Rückmeldung erhalten.

Ein anderer Aspekt aus dem Datenschutz-Corona-Komplex beschäftigt die Stadt Villach: Sie wüsste gerne, welche ihrer Bewohner mit dem Flugzeug aus dem Ausland nach Hause geholt worden sind. 30.000 Leute landeten auf diesem Weg in Österreich und sollten sich für zwei Wochen in häusliche Quarantäne begeben.

Die Gesundheitsbehörde müsste diese Maßnahme kontrollieren, könne das aber ohne die Namen nicht, sagt Alfred Winkler, Chefjurist der Stadt: "Ich habe tagelang versucht, an die Daten der Heimkehrerinnen und Heimkehrer zu kommen. Doch weder Airlines noch Gesundheitsministerium waren bereit, uns Namen zu übermitteln." Villach sieht darin eine gefährliche Ungleichbehandlung: Denn wer mit dem Auto über die Staatsgrenze einreise, werde der Stadt sehr wohl mit Name und Adresse gemeldet.

Erst seit Dienstag, nachdem die Stadt mit ihrer Kritik an die Öffentlichkeit gegangen ist, übermittelt ihr der Flughafen Wien-Schwechat die Namen, sagt Winkler. (Sebastian Fellner, 31.3.2020)