Der Erfolg der Streamingdienste hat in der Filmbranche zu einem drastischen Wandel geführt. Beäugten Kabelbetreiber und Hollywoodfirmen die neuen Mitbewerber anfangs skeptisch, so sind sie mittlerweile dazu übergegangen, das Konzept zu kopieren und ihre eigenen Plattformen aufzusperren.

Vielfalt am Markt gilt theoretisch zwar als Vorteil für Konsumenten, in der Praxis dürfte sie hier die Situation für das Publikum jedoch komplizierter und teurer. Waren die Lieblingsfilme und -serien für viele User lange bei einem Anbieter versammelt, scheint man künftig um mehrere Abos kaum herumzukommen. Wer frische Star Wars-Produktionen, die neue Hit-Serie Fleabag und die letzte Staffel von Bojack Horseman sehen will, muss sich bei Disney+, Amazon Prime und Netflix anmelden.

"All the Streams", hier gerade mit The Witcher auf Netflix.
Foto: Screenshot

Streaming à la Programmfernsehen

Dagegen protestiert nun das Künstlerkollektiv "MSCHF" (für "Mischief", also "Unfug"). Sie haben eine Website namens "All The Streams" gestartet. Mit dieser möchte man ein Zeichen gegen die Anbieterflut setzen. Dabei geht es nicht nur um Nachteile für die Konsumenten, sondern auch um das Überangebot an Unterhaltung.

Auf der Seite präsentiert man laufende Inhalte von sechs Anbietern – Hulu, Disney+, Netflix, HBO Now, Prime Video und Showtime – wie Kanäle im Programmfernsehen. Man kann nur sehen, was gerade über die Empfehlungsfunktion der Services an die Betreiber ausgespielt wird und keine anderen Inhalte aussuchen. MSCHF betont, dass man für jeden der Dienste ein bezahltes Abo hat.

Wenn Piratenportale die Anbieter ausstechen

"Wann immer Medien nicht mehr verfügbar gemacht werden, floriert die Piraterie", erklärt Kevin Wiesner, der für die kreativen Agenden der Gruppierung verantwortlich ist, gegenüber The Verge. "All The Streams ist eine Antwort auf die Fragmentierung und das Paradigma der goldenen Käfige, die sich bei den Streamingdiensten durchgesetzt haben", sagt er. Piratenseiten werden wieder "zum besten, zentralen Ort, um Medien zu finden".

Man ist sich allerdings bewusst, dass das Projekt wohl früher oder später die Rechtsabteilungen der Anbieter auf den Plan rufen wird. Daher, so Wiesner, bereitet man sich schon auf die zu erwartenden Takedown-Requests vor.

Umwege

Die Nutzer finden auch abseits illegaler Streamingplattformen und P2P-Downloads andere Wege, um sich kostenlos oder billiger Zugriff auf die Inhalte zu verschaffen. Laut den Analysten von MoffetNathanson verwenden alleine in den USA 14 Prozent der Netflix-User einen Account, der gar nicht zu ihrem Haushalt gehört.

Über verschiedene Webseiten verkaufen Nutzer aus verschiedenen Ländern zudem Zugänge zu ihren Familienaccounts zu Monatsbeträgen, die deutlich unter einem regulären Abo liegen. Hatte Netflix ursprünglich kein Problem mit Passwortsharing, so denkt man mittlerweile laut über Maßnahmen zur Einschränkung des Phänomens nach. (gpi, 11.03.2020)