Áron Demeter musste ein Weilchen suchen. Immerhin liegt der jüngste Eintrag mehr als vier Monate zurück. "Die staatliche Nachrichtenagentur MTI hat zum letzten Mal im Oktober 2019 über ein Statement von uns berichtet", erklärt der Programmdirektor von Amnesty International Ungarn im Gespräch mit dem STANDARD. Seither habe die Menschenrechtsorganisation in den ungarischen Staatsmedien keine Stimme mehr – bei der MTI genauso wenig wie im staatlichen Radio oder Fernsehen.

Áron Demeter, Programmdirektor von Amnesty International Ungarn.
Foto: Amnesty International Ungarn

Rückblickend ist der Zeitpunkt für Demeter nicht weiter verwunderlich: Im November vorigen Jahres hatte die ungarische Tageszeitung "Népszava" geschrieben, sie habe geleakte Mails aus Staatsmedien erhalten. Deren Inhalt: Amnesty International (AI) und auch die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch (HRW) seien aus der Berichterstattung staatlicher Medien verbannt worden.

Themen auf dem Index

Diese Woche hatte das Online-Magazin "Politico" den Fall wieder aufgegriffen und berichtet, dass Beiträge über gewisse Themen genehmigungspflichtig seien – darunter Migration oder EU-Agenden. Texte über die Klimaaktivistin Greta Thunberg müssten sich Journalistinnen und Journalisten demnach sogar bereits im Vorfeld bewilligen lassen.

Die MTVA, Dachorganisation der Staatsmedien, spricht von normalen redaktionellen Vorgängen, wie sie auch in anderen Medienhäusern üblich seien. Demeter sieht das anders: "Das ist ein schwerer Schlag gegen die Presse- und Meinungsfreiheit. Er behindert den Fluss von Informationen, die aus anderen Quellen kommen als von der Regierung selbst."

Zuletzt habe AI etwa gewarnt, die Regierung würde die Unabhängigkeit der Justiz untergraben. In den Staatsmedien verhallen derlei Vorwürfe nun ungehört. Wirklich unabhängige Medien würden sie zwar aufgreifen, doch deren Reichweite sei bescheiden: "Der Großteil der ungarischen Medien ist von der Regierung kontrolliert", so Demeter. (Gerald Schubert, 4.3.2020)