Der Nachweis der Spin-Rotations-Kopplung gelang am Institut Laue-Langevin in Grenoble in Frankreich.

Foto: Laurent Thion/ILL

Wien – So ähnlich wie ein klassischer Kreisel besitzen auch quantenmechanische Objekte einen Drehimpuls: den sogenannten Spin. Forscher der Technischen Universität (TU) Wien konnten nun experimentell nachweisen, dass dieser, obwohl er nicht von der Masse der Teilchen abhängt, trotzdem ein gewisse Trägheit aufweist.

Was sich bewegt, bleibt so lange in Bewegung, bis eine äußere Kraft darauf einwirkt. Diese, als Trägheitssatz oder 1. Newtonsches Gesetz bekannte, physikalische Gesetzmäßigkeit erkannte Isaak Newton bereits vor über 300 Jahren. Erleben lässt sie sich etwa bei einer Vollbremsung im Auto: Während das Fahrzeug langsamer wird, möchte der Körper seine Geschwindigkeit noch beibehalten und wird erst durch die Kraft des (hoffentlich vorhanden) Sicherheitsgurtes abgebremst.

Unabhängig von der Masse

Ähnliches gilt für Drehbewegungen, wo der Schwung einer rotierenden Masse erhalten bleibt. Die entsprechende Erhaltungsgröße, der Drehimpuls, findet sich in einer etwas anderen Form auch in quantenmechanischen Objekten wie Neutronen wieder. Obwohl diese zwar auch über Massen verfügen, ist ihr Eigendrehimpuls beziehungsweise Spin davon unabhängig.

"In unseren Experimenten konnten wir nun jedoch zeigen, dass auch der Spin von Neutronen eine gewisse Art von Trägheit aufweist", sagt Stephan Sponar vom Atominstitut der TU Wien, einer der Autoren der im Fachjournal "Quantum Information" präsentierten Studie. Um das bereits 1988 postulierte Verhalten der Teilchen nachzuweisen, spalteten die Forscher einen Neutronenstrahl in zwei Teilstrahlen auf und schickten einen davon durch ein rotierendes Magnetfeld, das den Spin der Teilchen beeinflusst.

Klassisch nicht erklärbar

Durch die anschließende Wiedervereinigung der beiden Strahlen gelang es schließlich, den Effekt des Magnetfeldes auf die Teilchen zu eruieren und die dabei auftretenden Trägheitsphänomene nachzuweisen. "Dabei handelt es sich um einen reinen Quanteneffekt, der klassisch nicht erklärbar ist", sagt der Erstautor der Studie, Armin Danner, der ebenfalls am Atominstitut in Wien arbeitet.

Danner hat bereits in seiner Diplomarbeit das Herzstück des Experiments entwickelt: die Spulen, die das rotierende Magnetfeld erzeugen. Da sich das Feld mehrere tausend Mal pro Sekunde drehen muss, schieden massive Magnete, die mechanisch in Rotation versetzt werden, aus. "Das hätte zu stark vibriert und die empfindliche Messung gestört", so Danner.

Arbeit von vier bis fünf Jahren

Die Herausforderung bestand also darin, mehrere fix montierte Spulen miteinander zu kombinieren und so anzuordnen, dass ein Durchgang für den Neutronenstrahl offen bleibt. "Letztendlich haben wir vier bis fünf Jahre an dem Experiment gearbeitet, bis jetzt endlich der Nachweis gelungen ist", sagte der Leiter der TU-Gruppe für Neutroneninterferometrie, Yuji Hasegawa.

Für die Entwicklung des experimentellen Aufbaus nutzten die Forscher noch den Neutronenstrahl des Forschungsreaktors im Wiener Prater. Das eigentliche Experiment wurde dann aber am Institut Laue-Langevin in Grenoble (Frankreich) durchgeführt, das über einen wesentlich größeren Forschungsreaktor verfügt, und deshalb die für den Nachweis benötigte, hohe Strahlintensität erzeugen konnte. (red, APA, 23.2.2020)