Start einer Falcon-9-Rakete mit 60 Starlink-Satelliten an Bord im Jänner 2020. Das Unternehmen Space X plant, in den kommenden Jahren 12.000 Satelliten in den Erdorbit zu bringen, um einen besseren Internetzugang auf der Erde möglich zu machen.

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Die Starlink-Flotte am Himmel über Ungarn Ende 2019. Durch Langzeitbelichtung erscheinen die Satelliten hier als helle Linien.

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Kurz nach 10 Uhr vormittags (Ortszeit) am Montag startete eine Falcon-9-Rakete von Cape Canaveral in Florida aus ins All. Mit an Bord: 60 Satelliten des Starlink-Programms, mit dem die US-amerikanische Raumfahrtfirma Space X den Datenverkehr auf der Erde revolutionieren will. Das Unternehmen des Milliardärs Elon Musk hat damit bereits 302 Satelliten ins All geschossen, zumindest 12.000 sollen es insgesamt werden. Sollten weitere Anträge von Space X genehmigt werden, könnten es sogar 42.000 werden.

Ziel des Megaprojekts ist es, mithilfe des gigantischen Satellitennetzwerks das Internet zu verbessern und einen schnelleren Datenverkehr zu ermöglichen – auch abseits der Metropolen, die mit einem dichten Sendernetz ausgestattet sind. Astronomen haben mit der rasanten Verkehrszunahme im Orbit keine Freude: Für ihre Forschung bedeuten derartige Projekte eine große Herausforderung – und steigende Kosten.

Teure Folgen

Gerade erst nannte die Internationale Astronomische Union die Entwicklung solcher Satellitenkonstellationen "besorgniserregend". Indes macht eine Petition (abrufbar auf astronomersappeal.wordpress.com) die Runde, um die Bedenken von Astronomen gegenüber privaten Initiativen wie Starlink zu bündeln. "Safeguarding the Astronomical Sky" wurde bislang von rund 2000 Astronomen unterzeichnet. "Wir haben 6000 Sterne, die am freien Himmel sichtbar sind", sagt Stefan Kimeswenger, Professor für Astrophysik an der Universität Innsbruck. Mindestens doppelt so viele Signale kommen künftig also allein durch Starlink hinzu. Und weitere Unternehmen hegen ebenfalls Pläne, tausende Satelliten zu starten.

Schon jetzt zeigt sich: "Wenn man Aufnahmen vom Himmel macht, hat man am frühen Abend und frühen Morgen unweigerlich Satellitenspuren dabei. Für die Astronomen wird das ein massives Problem werden", sagt Wolfgang Kausch vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck. Nur mitten in der Nacht, wenn die Beobachtungen im Erdschatten durchgeführt werden, bleiben die Aufnahmen von den Satelliten unbeeinträchtigt. Die effektive Arbeitszeit von Teleskopen verringert sich daher um mindestens je eine Stunde zu Beginn und zum Ende der Nacht. Berücksichtigt man die hohen Betriebskosten von Großobservatorien, die laut Kimeswenger im Bereich von 10.000 Euro pro Stunde lägen, ergeben sich daraus beträchtliche finanzielle Verluste.

Wer weicht aus?

Die vielen umherziehenden Sender drohen aber auch die Radioastronomie zu beeinträchtigen: Radioteleskopobservatorien benötigen zwar keinen dunklen Himmel, werden aber durch die Funksignale der Satelliten gestört – und das rund um die Uhr. Hinzu kommt noch ein anderer Punkt, den Astronomen an Projekten wie Starlink kritisieren: Sie verursachen erheblichen Müll im Orbit, der bei Kollision mit Forschungsinfrastruktur enorme Schäden anrichtet. So hinterließ ein nur wenige Millimeter großes Weltraumschrottkörnchen im August 2016 einen 40 Zentimeter großen Einschlagkrater auf einer Solarzelle des Radarsatelliten Sentinel-1A.

Was ebenfalls zu Kosten und verringerten Laufzeiten von Weltraummissionen führt, ist die steigende Anzahl nötiger Ausweichmanöver. Im September des Vorjahres musste etwa ein Esa-Satellit einem Starlink-Satelliten ausweichen. "Eigentlich wäre Starlink an der Reihe gewesen, auszuweichen, doch das Unternehmen hat selbst auf die Kontaktaufnahme durch die U.S. Airforce nicht reagiert", berichtet Kimeswenger.

Ausweichmanöver im All bedeuten höheren Spritverbrauch. "Die Lebensdauer dieses Esa-Satelliten, der für die Beobachtung von Ernteerträgen und Katastrophenvorsorge zuständig ist, hat sich durch das Ausweichmanöver um einige Monate verkürzt", so Kimeswenger. "Projekte wie Starlink verursachen einen materiellen Schaden an wissenschaftlichen Einrichtungen." Die Astronomen plädieren für eine gesamtgesellschaftliche Diskussion zu Musks Satellitenflotte und ähnlichen Projekten. (Tanja Traxler, David Rennert, 17.2.2020)