Pühringer legt ihre Funktionen bei Arbeit plus und der Armutskonferenz ab sofort zurück.

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Wenn man Menschen danach fragt, was sie eigentlich machen, dann nennen die meisten ihren Brotberuf. Judith Pühringers Antwort ist komplizierter. Weil sie findet, die Definition der Arbeit müsse umformuliert und Arbeit an sich neu verteilt werden, spricht sie lieber von verschiedenen Dimensionen der Arbeit: Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Freiwilligenarbeit und sogar der Arbeit an sich selbst. Ersteres, nämlich ihre Position als Geschäftsführerin des Netzwerks Arbeit plus, legte Pühringer zurück, nachdem sie am Samstag von den Wiener Grünen auf Listenplatz drei für die Wien-Wahl im Herbst gewählt worden war – womit ihr ein Mandat sicher ist.

Der Wunsch nach politischer Gestaltung sei "sehr langsam gereift", wie sie sagt, dieser traf nun auf "offene Türen bei den Grünen" und ein "ernstes Angebot" von Vizebürgermeisterin Birgit Hebein. Pühringer ist damit Quereinsteigerin, wurde aber, so sagt sie, schon früh gesellschaftspolitisiert: bei der Jungschar in Wien-Währing nämlich, jenem Bezirk, in dem sie aufgewachsen ist. In der Pfarre St. Gertrud war sie erst Jungscharkind, dann -leiterin. Damals stellte sie sich, so sagt Pühringer heute, die Frage, warum Chancen so ungleich verteilt seien.

Die Antwort darauf suchte sie aus zwei Perspektiven. Einerseits im BWL-Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien, das sie in den Neunzigern absolvierte, andererseits im zivilgesellschaftlichen Engagement: etwa im Projekt Herklotzgasse 21, bei dem überlebende jüdische Kindergartenkinder ausfindig gemacht wurden. 15 Jahre lang engagierte Pühringer sich außerdem in der Armutskonferenz, auch diese Tätigkeit legt sie nun zurück.

Für Wien plant die Neue bei den Grünen eine "zukunftsfähige Arbeitsmarktpolitik, in der das soziale Menschenrecht auf gute Arbeit für alle verwirklicht ist". Konkret heißt das: ein Wiener Mindestsicherungsgesetz, das "weggeht von Almosendenken hin zu Würde und Respekt", wie sie sagt. Die bekennende Befürworterin der Aktion 20.000, dem Herzstück der Kanzlerschaft von Christian Kern (SPÖ), will außerdem einen Ausbau der Aktion 50 plus, bei der Jobs für ältere Arbeitslose geschaffen werden sollen.

Die zweite Dimension der Arbeit, die Sorgearbeit für ihre zwei Töchter, teilt die 44-Jährige in der Familie auf. Privat beschreibt Pühringer sich als Reisende, Lesende, Kunst- und Kulturfreundin und Genussmensch. (Gabriele Scherndl, 16.2.2020)