Eine Laborantin registriert Proben von potenziellen Opfern des neuartigen Coronavirus im Zentrum für Infektionskrankheiten an der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Thailand hat bisher 25 bestätigte Fälle des neuartigen Coronavirus entdeckt.

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Wien/Salzburg/Peking –Die Aufregung in den Salzburger Landeskliniken währte nur kurz. Jene 31-jährige Salzburgerin, die in der Nacht auf Mittwoch aus der Isolierstation verschwunden war, wurde zu Hause angetroffen, wie die Behörden mitteilten. Sie war am Dienstag wegen Verdachts einer Coronavirus-Infektion mit der Rettung in das Uniklinikum Salzburg gebracht und auf der Isolierstation aufgenommen worden. In der Nacht hatte sie das Spital aber ohne Absprache mit dem Personal verlassen.

Dr. Michael Haybäck und Primar Richard Greil sprechen im APA-Interview über die geflohene Patientin in Salzburg.

Die Frau aus dem Flachgau war nun polizeilich gesucht worden, informierte die Stadt Salzburg am Mittwoch in einer Aussendung. Die Salzburger Landeskliniken (Salk) teilten den Bezirksverwaltungsbehörden und der Polizei mit, dass die Patientin "vermutlich gegen 3 Uhr aus dem Krankenhaus entwichen ist". Der Coronavirus-Verdachtsfall ist nicht bestätigt – die Probe, die nach Wien geschickt wurde, wird nun prioritär untersucht.

Schon fast 500 Tote

Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen und der Toten durch das neuartige Virus ist in China wieder schneller gestiegen als in den Tagen zuvor. Bis Mittwoch kletterte die Zahl der Patienten mit der neuen Lungenkrankheit innerhalb eines Tages um 3.887 auf 24.324, gab die Gesundheitskommission in Peking bekannt. Die Zahl der Toten legte um 65 auf 490 zu. Das entspricht einem Anstieg der Neuinfektionen um 19 Prozent und einem Anstieg der Todesfälle um 15 Prozent. Beides liegt leicht unter dem Schnitt der vergangenen Tage.

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Die neuen Toten waren alle in der schwer betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina zu beklagen, wo die Infektion in der Millionenmetropole Wuhan ihren Ausgang nahm. Die Gesundheitskommission zählt noch mehr als 23.000 Verdachtsfälle.

Wie geht es Menschen, die in China leben, wo das Virus ausgebrochen ist? Der ORF hat mit dem Grazer Georg Warga gesprochen, der in der bedeutendsten Industriestadt Chinas – in Shanghai arbeitet.
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In der chinesischen Finanzmetropole Schanghai bleiben die Schulen mindestens bis Ende Februar geschlossen. Das teilt die Bildungsbehörde der Stadt mit. Betroffen seien alle Schularten. Man bemühe sich um Online-Unterricht für die Schüler, die vor einer Infektion mit dem Virus geschützt werden sollen.

Flüge gestrichen

Zahlreiche Airlines haben Flüge von und nach China gestrichen, darunter – wie der gesamte Lufthansa-Konzern – auch die AUA (Austrian Airlines). Viele haben die Flugpause verlängert. Anfang der Woche gab die AUA bekannt, zumindest bis 28. Februar nicht nach China zu fliegen. Auch chinesische Airlines canceln viele Flüge. China ist der zweitgrößte Luftfahrtmarkt der Welt. Millionen von Reisenden sind von den Streichungen betroffen bzw. haben ihre Pläne abgesagt.

Die Flugreisedatenplattform OAG Aviation Worldwide hat laut Reuters-Informationen ausgerechnet, dass diese Woche bei den drei großen chinesischen Anbietern Air China, China Eastern und China Southern mehr als 25.000 Flüge von und nach China sowie innerhalb des Landes nicht stattfinden; dies entspricht einem Verlust von 4,4 Millionen angebotenen Sitzen in den Fliegern. Der größte Teil sind chinesische Inlandsflüge.

In Wien landen derzeit in der Woche weiterhin rund 400 Passagiere aus Peking, Air China fliegt Schwechat weiter an. Air China ist ein Kooperationspartnerpartner der AUA. Sie bietet ihren Passagieren, deren Flug gestrichen worden ist, entweder eine Erstattung an oder kostenfrei auf Flüge zu einem späteren Zeitpunkt umzubuchen, oder eben auch auf Flüge des Joint-Venture-Partners Air China umzubuchen. Die AUA flog bis Ende Jänner 2020 wöchentlich fünfmal nach Peking und viermal nach Shanghai.

Mögliche neue Ansteckungen in Singapur und Thailand

Derweil gibt es neue Berichte über eine mögliche Ansteckung außerhalb von China. Wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtet, gibt es zwei neue Fälle aus dem Ausland zurückgekehrter Südkoreaner, die an dem Virus erkrankt sind. Einer der beiden sei nicht in China gewesen, aber kürzlich von einer Reise nach Singapur zurückgekehrt. Dort, im südostasiatischen Stadtstaat, waren am Vortag auch vier andere Fälle von Corona-Erkrankungen bekanntgeworden, wobei sich die Patienten zuvor nicht im Ausland aufgehalten hatten. Einen ähnlichen Fall gab es zudem am Dienstag schon in Korea: Da wurde die Erkrankung einer Touristin bekannt, die sich zwar nicht in China, dafür aber in Thailand aufgehalten hatte.

Tausende auf Kreuzfahrtschiff unter Quarantäne

Außerhalb von Festland-China gibt es in mehr als zwei Dutzend Ländern mehr als 230 weitere bestätigte Infektionen. In Hongkong und auf den Philippinen sind drei Patienten gestorben, ein in der Nacht auf Mittwoch Verstorbener in Hongkong stellt den dritten Todesfall außerhalb der Volksrepublik dar.

Die Sonderverwaltungszone, deren chinafreunliche Regierung lange gezögert hatte, setzte am Mittwoch auch einen drastischen Schritt. Regierungschefin Carrie Lam gab bekannt, dass sich alle Besucher aus der Volksrepublik nach ihrer Einreise 14 Tage in Quarantäne begeben müssten.

Die Diamond Princess liegt vor dem Hafen von Yokohama vor Anker, nachdem zehn Personen auf dem Kreuzfahrtschiff positiv auf das Coronavirus getestet worden sind.
Foto: reuites/kyung-hoon

Tausende von Menschen müssen die nächsten zwei Wochen auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff verbringen, das vor dem japanischen Hafen von Yokohama unter Quarantäne gestellt wurde. Grund ist, dass zehn Passagiere positiv auf das neuartige Coronavirus getestet wurden. Die Diamond Princess mit mehr als 3.700 Passagieren und Besatzung an Bord wurde am Montag am Auslaufen gehindert, nachdem ein 80-jähriger Passagier, der Ende letzten Monats auf dem Schiff gereist war, nach seiner Ankunft zu Hause in Hongkong positiv getestet worden war. In Österreich haben sich mehrere Verdachtsfälle bisher nicht bestätigt.

Russen in sibirischem Lager untergebracht

Auch die ersten russischen Staatsbürger sind per Flugzeug aus Wuhan in ihre Heimat zurückgekehrt. Bei den 78 Passagieren sei keine Infektion festgestellt worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Sie würden zwei Wochen lang in einem Lager in Sibirien unter Quarantäne gestellt und auf das Virus getestet. Insgesamt will Russland 144 Menschen aus der Provinz Hubei ausfliegen.

Dienstagfrüh flog Usbekistan 84 Staatsbürger aus Wuhan zurück in die Heimat. Nach der Ankunft in der Hauptstadt Taschkent würden die Passagiere unter Quarantäne gestellt, teilte die Fluggesellschaft Uzbekistan Airways mit. An Bord der Maschine seien Ärzte und Spezialisten, um sich um die Fluggäste zu kümmern.

Olympia-Organisatoren von Tokio 2020 "extrem besorgt"

Unterdessen beginnen die Nerven auch in anderen Bereichen zu flattern. Der Chef des Organisationskomitees der Olympischen Sommerspiele in Tokio (24. Juli bis 9. August) ist "extrem besorgt" wegen des sich weiter ausbreitenden Coronavirus. "Wir sind sehr in Sorge, dass die Ausweitung des Virus wie eine kalte Dusche auf die Spiele wirken könnte", sagte OK-Chef Toshiro Muto am Mittwoch vor einem Treffen mit dem Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) in der japanischen Hauptstadt.

Er hoffe, so Muto weiter, "dass das Virus so schnell wie möglich ausgerottet wird. Wir werden mit dem Internationalen Olympischen Komitee, dem IPC, der Regierung und der Stadt Tokio kooperieren, um die Epidemie zu stoppen."

Hilfe aus Österreich

Im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie setzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Hilfe aus Niederösterreich. Ein Team der Donau-Universität Krems wurde mit der Zusammenfassung von Studien zur neuartigen Lungenkrankheit beauftragt. Die "Rapid Response Team" genannte Notfalleinheit besteht aus zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden, teilte die Universität mit.

Angeführt wird die Truppe von Gerald Gartlehner, dem Leiter des Departments für evidenzbasierte Medizin und Evaluation an der Kremser Donau-Uni. Als Ziel wurde ausgegeben, der WHO anhand evidenzbasierter Zusammenfassungen von wissenschaftlichen Studien belastbare Fakten und Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Verschwörungstheorien und Falschinformationen soll so entgegenwirkt werden. Dabei ist für das Kremser Notfallteam die Zeit ein entscheidender Faktor: Berichte zu Fragen über das Coronavirus sollen gesichtet und binnen 24 Stunden analysiert sowie zusammengefasst werden.

Gartlehner versprach die "bestmögliche Unterstützung" der WHO. "Information für Entscheidungsträger und die Bevölkerung aufzubereiten und zu prüfen ist das Spezialgebiet des Departments, und unsere jahrelange Erfahrung macht uns zu Experten auf diesem Gebiet", hielt der Wissenschafter fest. (APA, dpa, red, 5.2.2020)