Foto: imago

PRO: Das richtige Zeichen

von Eric Frey

Es ist nicht überraschend, dass Vertreter der muslimischen Gemeinde gegen das geplante Kopftuchverbot bis 14 in der Schule Sturm laufen. Aber liberale Muslime, die sich möglichst viel Integration wünschen, sollten den Schritt eigentlich begrüßen.

Das Kopftuch benachteiligt junge Frauen in der Ausbildung und später am Arbeitsmarkt. Das mag zwar unfair sein, ist aber eine Realität. Wäre das Kopftuch tatsächlich eine völlig freiwillige Entscheidung, müsste man Mädchen dieses Recht dennoch zugestehen. Doch das ist es nur in seltenen Fällen. Anfangs kommt der Druck von den Eltern, später von Gleichaltrigen, vor allem von muslimischen Burschen, die sich gerne als Glaubenswächter aufspielen.

Frauen schützen

Davor sollte der Staat junge Frauen schützen, und das geht am besten, indem die Schule zur kopftuchfreien Zone erklärt wird. Damit wird in einer prägenden Lebensphase islamisierenden Tendenzen entgegengewirkt.

Dass einige Musliminnen vor dem Schultor das Kopftuch wieder aufsetzen und andere aus Trotz sich noch stärker der Religion zuwenden, lässt sich nicht vermeiden. Aber kopftuchfreie Klassen und Schulhöfe wären ein starkes Zeichen für eine Gesellschaft, in der nicht ein Geschlecht weniger Freiheiten genießt als das andere.

Idealerweise gäbe es in der Schule gar keine auffallenden religiösen Zeichen, auch keine Kreuze an der Wand. Ein Kopftuchverbot wäre zumindest ein erster Schritt dorthin. (14.1.2020)

KONTRA: Politik ohne Kopf und Herz

von Nina Weißensteiner

Keine eineinhalb Wochen angelobt, schon überakzentuiert die türkise Regierungsriege wieder ihr anvisiertes Kopftuchverbot für Schülerinnen bis 14 – als hätte die Republik keine drängenderen Agenden.

Dabei bleibt in der ständig neu angefachten Debatte selbst mit einem grünen Juniorpartner der alte Gleichheitsgrundsatz ungeklärt: Wenn Mädchen in der Unterstufe kein muslimisches Kopftuch tragen dürfen, warum schwindelt man sich darum herum, dass dann streng genommen auch jüdische Buben die Kippa als Ausdruck ihrer Religiosität ablegen müssten? Doch dazu herrscht – mit gutem Grund – Schweigen von Kurz, Raab und Co.

Kopfbedeckung in Verruf

Abgesehen davon macht man für Heranwachsende staatlich Verbotenes erst recht interessant, sodass sich nicht wenige Betroffene mit Vollendung des 14. Lebensjahrs wohl denken, dass sie eben ab jetzt mit der so in Verruf gebrachten Kopfbedeckung demonstrieren, wo sie sich angenommen fühlen.

Mit dem andauernden Problematisieren der Kopftücher spaltet die ÖVP eingeborene (Taufschein-)Christen und zugezogene Muslime – nur um rechts der Mitte weitere Achtungserfolge zu erzielen. Dabei wäre es langfristig klüger, darum kein großes Trara zu machen: So könnten möglichst viele Musliminnen von der Unterstufe bis zur Uni ohne familiären wie gesellschaftlichen Druck ihre Abschlüsse machen – um eines Tages selbstbestimmt zu entscheiden, von welchen religiösen Konventionen sie sich befreien wollen. (14.1.2020)