Infrastrukturfinanzierung ist fad? Ganz und gar nicht, sagt Igor Mitschka, der Bereich ist ein zentraler Hebel zur Lösung der großen Herausforderungen. Seit September ist der Wiener zurück in der Heimat und bei der Kommunalkredit tätig.

Foto: Regine hendrich

Igor Mitschka (28) hat bei Goldman Sachs in New York und bei der IFG Capital in Usbekistan das Finanzgeschäft gelernt. Jetzt arbeitet er in der Infrastruktur-Finanzierung der Kommunalkredit. Warum er sich dafür entschieden hat und wie er darin seinen Beitrag zum Wandel sieht:

"Ich habe bewusst die Finanzbranche und darin die Infrastrukturfinanzierung gewählt, weil mich das Strukturieren von internationalen Geschäften und die Möglichkeit des gesellschaftlichen Gestaltens motivieren. Wir hören oft, dass man an Veränderungen nur in der Politik teilhaben kann. Es braucht aber ebenso die Finanzbranche, um Änderungen in der Praxis zu realisieren. Die großen Herausforderungen unserer Zeit schaffen wir nur, wenn privates Kapital dort investiert wird, wo die Lösungen zu Hause sind. Stichwort Klimawandel: Um die Pariser Ziele zu erreichen, müssen wir laut Schätzungen 600 Milliarden Euro pro Jahr in den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie stecken, und das bis 2050. Ein großer Brocken dieses Geldes kommt von privaten Anlegern über die Finanzbranche in den Energiesektor. In meinem jetzigen Job als Banker in der Kommunalkredit helfe ich genau dabei. Meine Projekte sind beispielsweise Finanzierungen von Wind- und Solarparks, sowohl am Primär- als auch Sekundärmarkt quer durch Europa. Dabei ist das Ziel, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird, also nicht in irgendwelche Energieprojekte fließt, sondern in jene, die möglichst viel und effizient erneuerbare Energien produzieren.

Es muss nicht Bitcoin sein

Ich weiß, dass die Infrastrukturfinanzierung innerhalb der Finanzwelt eine Nische ist. Viele meiner Studienkollegen aus Yale, wo ich meinen Bachelor machte, wollten nach unserem Abschluss in die Tech-Branche gehen, zu den klassischen Silicon-Valley-Namen oder ins Venture-Capital. In Moskau, wo ich nach Amerika einen Master in Energiewirtschaft machte, wollten meine Freunde zu Consultingfirmen oder Blockchain-Unternehmen. Mich hat Project-Finance von Beginn an gereizt. Da gibt es keine elendslangen Präsentationen, die in der Schublade verschwinden, oder Bitcoin-Bubbles. Wir finanzieren Projekte, die gebaut werden und dadurch, dass sie von der Bevölkerung gebraucht werden, stabile und inflationsangepasste Renditen abwerfen. Während manche keinen Kick darin sehen, Solarparks mit einer Laufzeit von mindestens 30 Jahren oder noch längerfristige Waste-to-Energy-Plants zu finanzieren, sehe ich es als Ansporn, internationale Geschäfte abzuwickeln und dabei am Energiesystem der Zukunft mitzuarbeiten.

Project-Finance finde ich als Europäer umso spannender, weil auch eine gewisse geopolitische Komponente mitspielt. In der Europäischen Union haben wir einen starken privaten Kapitalmarkt, den wir für internationale Infrastrukturprojekte nutzen, damit auch Europa mitmischt. Am Ende nützt das der europäischen Wirtschaft, der europäischen Geopolitik und den Empfängern, die sich hoffentlich über europäische Umwelt- und ArbeitsStandards freuen.

Ich kann beitragen

Aber auch in Europa direkt kann man als Banker dabei helfen, neue Industrien aufzubauen. Die normale Antwort ist jetzt natürlich, sich am Ausbau von Breitbandnetzen und 5G zu beteiligen. Ich möchte aber den Bergbau hervorheben, in dem ich eine Chance für Europa sehe. Um den Klimawandel zu bekämpfen, wollen wir Elektroautos; Elektroautos brauchen Lithiumbatterien. Europa hat große Lithiumreserven, etwa in Spanien, Portugal, Serbien, auch in Österreich. Jetzt könnte es Sinn machen, Lithium nicht aus Australien oder Südamerika zu importieren, sondern bei uns samt aller Umweltauflagen abzubauen. Als Infrastrukturbanker ist es unsere Aufgabe, diese Projekte zu sourcen, zu prüfen und bei ökonomischer Sinnhaftigkeit an den privaten Kapitalmarkt zu bringen.

Ein "open mind" und Aufrichtigkeit sind zwei Eigenschaften, die wahrscheinlich im Leben immer wichtig sind und die ich in der Finanzwelt für entscheidend halte. Wenn Anleger und Investoren beginnen, ihre Investitionen tatsächlich nach nachhaltigen ökologischen und sozialen Kriterien auszuwählen, dann sollten sie auch das bekommen, was ihnen wichtig ist, und nicht irgendein Greenwashing – und dabei möchte ich ihnen als Banker helfen. (14.1.2020)