Banken können nicht dazu gezwungen werden, ein Sparbuch zu eröffnen – eine Freiheit, die sie offenbar vermehrt in Anspruch nehmen.
Foto: APA/dpa/Daniel Karmann

Wien – Die Finanzwelt steht Kopf. Wer sein Erspartes risikolos anlegen will, hat ein Problem: Man muss erst ein Kreditinstitut finden, das einem das Geld überhaupt als Einlage abnimmt. Während in Deutschland erste Banken mit Negativzinsen ab dem ersten Euro versuchen, sich vor neuen Kundengeldern zu schützen, geht man in Österreich einen anderen Weg: Wer ein Sparbuch eröffnen will, wird mitunter wieder weggeschickt.

Von mehreren derartigen Fällen berichtet die APA. Es sei das Recht einer Bank, es gebe keinen Kontrahierungszwang, heißt es dazu. Sprich, man kann ein Geldhaus nicht dazu zwingen, Sparbücher zu eröffnen. Warum sich die Institute dagegen wehren? "Es ist schon im Augenblick des Abschlusses defizitär", sagt ein Banker. Soll heißen, der Österreicher liebstes Anlageprodukt ist für viele Banken praktisch nur mehr ein Kostenfaktor. Zumal die Europäische Zentralbank (EZB) Banken für deren Einlagen 0,5 Prozent Strafzins aufbrummt, was die Institute ganz schön teuer kommt.

Karte statt Buch

In anderen heimischen Banken wird zwar versichert, dass ein herkömmliches Sparbuch bekomme, wer dies wolle. Als zeitgemäß gilt es aber nicht, klar bevorzugt wird der Verkauf von Sparkarten. Täglich verfügbar bringt man es bei klassischen Filialbanken zurzeit mit Spareinlagen oft nur auf 0,01 oder 0,02 Prozent nominellen Zins pro Jahr für täglich fälliges Geld. Kurzfristige Sparprodukte mit etwas mehr Zins sind in der Regel Online-Sparprodukte. Onlinebanken ohne kostenintensive Filialnetze oder vereinzelte Internetangebote von Filialbanken haben in Österreich auf Tagesgeld auch jetzt noch Zinsen bis zu 0,4 oder 0,5 Prozent variabel.

In einer großen Wiener Bank beginnt es am Schalter für klassische Sparbücher ab zwei Jahren. Andere bieten feste Sparbücher für ein oder zwei Jahre. Wieder eine andere Bank will, dass bei ihren Sparbüchern mit mehrjährigen Mindestlaufzeiten nur über Dauerauftrag angespart wird. Andere erklären, dass es beim klassischen kostenlosen Papiersparbuch bleibt, ohne Mindestlaufzeit, ohne Mindesteinlage.

"Sparbücher wollen wir nicht"

Österreicher sind Bargeld-Fans, das besagen alle Umfragen. Aber nur mehr eine absolute Minderheit nutzt die Bankschalter für Bareinzahlungen oder Abhebungen. Vor allem sind das ältere Bankkunden. Die meisten Geldinstitute haben in den vergangenen Jahren auch ihr Filialnetz gestutzt oder sie bauen ihre Standorte gerade um – mit Schwerpunkt auf höherwertige Anlageberatung oder Selbstbedienung. "Das Handling mit Sparbüchern wollen wir nicht mehr", heißt es aus einer Bank, die namentlich nicht genannt werden will.

Bargeld ist für Banken teuer und zeitaufwendig. Es braucht Personal, und das ist in den Filialen immer knapper. In den Geschäftsräumen der Bank sind für Sparbücher eigene Drucker vorzuhalten, wird ein Sparbuch verloren oder verlegt, ist der Umgang damit weitaus umständlicher als bei Verlust einer Sparkarte.

Umstieg auf andere Produkte

Kunden, die noch vergleichsweise hochverzinste, lange laufende Sparbücher haben, wird im herrschenden Niedrigzinsumfeld schon seit längerem in Einzelgesprächen der Umstieg auf höherrentierende Alternativen wie Investmentfonds schmackhaft gemacht. Wer in einer Bankfiliale nach einem herkömmlichen Sparbuch fragt, wird üblicherweise sofort gefragt, ob es "wirklich ein Sparbuch sein soll, und warum?" und ob es nicht besser eine Sparkarte mit ihren Zusatzfunktionen und Kontobindung sein soll, die mit diversen Spesen belegt sind.

Denn im Gegensatz zu Deutschland hat der Oberste Gerichtshof in Österreich dem Weiterreichen von Negativzinsen an Privatkunden einen Riegel vorgeschoben. Die Folge: Heimische Banken drehen kräftig an den Spesen und Gebühren, um die Mehrkosten durch die EZB-Geldpolitik auf diese Weise wieder hereinzuholen. (APA, red, 6.12.2019)