Um die Schüler- und Pendlerzüge ab dem Winterfahrplan mit 15. Dezember in der Ostregion weiter zu sichern, musste das Verkehrsministerium zu einer Notlösung greifen.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Eigentlich wäre ja geplant gewesen, den Verkehrsdienstevertrag (VDV) zwischen dem Bund und den Ländern der Ostregion (also Wien, Niederösterreich und Burgenland) für zehn oder 15 Jahre abzuschließen. Der aktuelle Kontrakt läuft schließlich in wenigen Tagen ab. Eine Einigung über einen neuen langfristigen Vertrag konnte aber nicht unterfertigt werden: Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hatte das geplante Vergabeverfahren teils für nichtig erklärt. Angestrengt hatte den Nachprüfungsantrag der Direktvergabe für 15 Jahre der private ÖBB-Konkurrent Westbahn.

Um die Schüler- und Pendlerzüge ab dem Winter-Fahrplanwechsel mit 15. Dezember in der Ostregion aber weiter zu sichern, musste das Verkehrsministerium zu einer Notlösung greifen. So wurde seitens des Ministeriums entschieden, mittels Notvergabe die ÖBB-Personenverkehr AG für ein Jahr zu beauftragen. Der diesbezügliche VDV wurde am Donnerstag unterschrieben, wie eine Sprecherin des Verkehrsministeriums gegenüber dem STANDARD bestätigte. Über die bevorstehende Notvergabe hatte DER STANDARD bereits am 23. November berichtet.

Notvergabe über ein Jahr ist 500 Millionen Euro schwer

Die Notvergabe sei europarechtlich zulässig. Der Vertrag ist laut dem Büro von Bundesminister Andreas Reichhardt rund 500 Millionen Euro schwer. Das Verkehrsministerium "garantiert damit eine kontinuierliche Verfügbarkeit des Schienenpersonenverkehrs in der Ostregion in einer rechtskonformen Umsetzung des Urteils vom BVwG", wie es in einer Stellungnahme heißt.

Die Vorinformation für einen neuen VDV für die Ostregion ab Mitte Dezember 2020 wurde laut Ministerium fristgerecht "zur Veröffentlichung in der Beilage zum Amtsblatt der EU übermittelt". Dieser neue VDV läuft dann nur noch neun Jahre – bis zum Fahrplanwechsel 2029. Als Verfahren soll erneut eine Direktvergabe zur Anwendung kommen.

Westbahn kritisiert neuerlichen Plan zur Direktvergabe

Die Westbahn begrüßt in einer ersten Reaktion die Entscheidung zur Notvergabe, kritisiert aber gleichzeitig die Ankündigung einer neuerlichen Direktvergabe von Dezember 2020 bis Dezember 2029 "ohne Einholung von Vergleichsangeboten". Das sei "gerade im Bereich der Ostregion der völlig falsche Weg. Eine Direktvergabe zu machen, ohne den Preis für die Leistungen der Staatsbahn mit Angeboten weiterer Unternehmen zu vergleichen, kann niemand verantworten, der Rücksicht auf Steuerzahler nimmt." Die Westbahn will "in jedem Fall rasch ein Angebot legen".

Nacht-S-Bahn ab Mitte Dezember

Schon mit dem aktuellen Fahrplanwechsel am 15. Dezember treten zahlreiche Neuerungen in Kraft: So fährt die S-Bahn in Wien an Wochenenden künftig auch wieder in der Nacht. Zwischen Wien-Floridsdorf und Mödling in Niederösterreich gibt es in der Nacht auf Samstag und in der Nacht auf Sonntag sowie vor Feiertagen einen durchgehenden Betrieb, wobei hier ein 30-Minuten-Intervall geplant ist.

Auch zahlreiche weitere Taktverdichtungen bei der S-Bahn wird es geben: Auf der Stammstrecke zwischen Meidling und Floridsdorf sollen zu Stoßzeiten tagsüber künftig Drei-Minuten-Intervalle eingehalten werden.

Die S80 zwischen Hütteldorf und Aspern-Nord bekommt ab 15. Dezember einen durchgehenden Halbstundentakt. Auch das Intervall der S50 mit Start am Wiener Westbahnhof wird im Früh- und Abendverkehr verdichtet. Die erste Schnellbahn in Richtung Flughafen (S7) soll künftig schon um 4.06 Uhr von Floridsdorf abfahren. Der Beitrag Wiens für das erweiterte S-Bahn-Angebot beträgt 25 Millionen Euro für 2020, wie es aus dem Büro des Wiener Finanzstadtrats Peter Hanke (SPÖ) hieß.

Darüber hinaus haben sich Wien und die ÖBB vor wenigen Tagen darauf verständigt, die S-Bahn in und rund um Wien langfristig weiter zu attraktivieren. So soll etwa die Bahnstrecke zwischen Meidling und Mödling viergleisig ausgebaut werden. Auch zwei neue Stationen – Tullnertalgasse am Rosenhügel und Europaring in Brunn am Gebirge in Niederösterreich – sollen errichtet werden. Das Gesamtprojekt soll 1,2 Milliarden Euro kosten. Wie lange eine mögliche Umsetzung dauert, lässt sich aufgrund des zu erwartenden langwierigen UVP-Verfahrens schwer sagen.

Noch keine Verhandlungen

Noch wurden freilich nicht einmal Verhandlungen über die Finanzierung geführt. Laut dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) soll ein Schlüssel zur Anwendung kommen, der auf langjähriger Erfahrung bei ähnlichen Projekten beruht: 80 Prozent soll der Bund blechen, 20 Prozent die beteiligten Bundesländer: also Wien und Niederösterreich. Im Verkehrsministerium reagierte man verschnupft auf den "Alleingang" Wiens. Eine 80:20-Finanzierung sei "alles andere als in Stein gemeißelt und völlig unklar", wie es gegenüber dem STANDARD hieß. (David Krutzler, 5.12.2019)