Rauer Wind gegen Donald Trump im US-Kongress.

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Den Sturm, in dem man sich heute wiederfinde, habe Präsident Donald Trump ausgelöst, sagt Jerrold Nadler, nachdem er die Sitzung mit dem Schlag eines Hämmerchens eröffnet hat. Er habe sich eine solche Lage für das Land nicht gewünscht, betont der Chef des Justizausschusses im Abgeordnetenhaus. "Aber wir alle haben geschworen, die Verfassung zu schützen, und die Fakten liegen klar auf der Hand." Trump habe eine fremde Macht angestiftet, sich in eine US-Wahl einzumischen. "Wenn wir ihn jetzt nicht in Schach halten, wird er es wieder tun."

Schon klar, in der Hauptsache geht es um Gesetze, an die sich auch ein Präsident zu halten hat. Es geht um Machtmissbrauch. Es geht um die Begründung einer eventuellen Amtsenthebung, die der Justizausschuss zu formulieren hat, nachdem der Geheimdienstausschuss Zeugen befragte, um die Fakten zu Trumps Ukraine-Affäre zu sammeln. Es geht aber im Hintergrund auch um die Fehde Nadlers mit Trump; um einen Zwist, dessen Anfänge bis in die 1980er-Jahre zurückreichen.

Schroffer Ton

Beide sind New Yorker, geprägt durch eine Stadt, deren Bewohner mit grimmigem Stolz von sich behaupten, so ziemlich jedem Streitgespräch gewachsen zu sein. Entsprechend schroff ist der Ton zwischen den beiden – auch in der Sache. Als der Immobilienunternehmer Trump 1985 den Bau eines Hochhaus-Ensembles an der Upper West Side plante, stellte sich ihm Nadler, der den Stadtteil im New Yorker Stadtparlament vertrat, in den Weg. Trump wollte ein Statussymbol am Hudson River, 150 Stockwerke hoch, in dessen Penthouse er selber zu wohnen gedachte. Dazu sechs eher gewöhnliche Hochhäuser, eine Shopping-Mall, Fernsehstudios. Television City sollte das Areal heißen.

Nadler, ein linker Demokrat, dem mehr an sozialem Wohnungsbau als an Statussymbolen gelegen war, machte dem Tycoon in enger Kooperation mit Nachbarschaftsinitiativen einen Strich durch die Rechnung. Trump veränderte das Projekt, die Türme wurden niedriger. Gegen Pläne für die Verlegung einer Schnellstraße setzte sich Nadler auch zur Wehr. Steuerzahler so Nadler, sollten dafür nicht bezahlen müssen.

Donald gegen "Fat Jerry"

Trump ließ schließlich doch bauen. Was blieb, war ein ständiges Sticheln. "Er muss etwa 200 Pfund abnehmen", spottete der Geschäftsmann über seine Nemesis. Bis heute, obwohl sich der Politiker den Magen verkleinern ließ und an Gewicht verlor, verhöhnt er ihn als "fetten Jerry".

Nadler also, 72 Jahre alt, übernimmt den Stab von Adam Schiff, dem Chef des Geheimdienstausschusses, um in der zweiten Phase des Verfahrens zu dirigieren. Bei ihm werden keine Zeugen auftreten, die brisante Details enthüllen könnten. Stattdessen hat der Justizausschuss vier Rechtsprofessoren renommierter Unis eingeladen. Sie sollen erklären, was genau gemeint ist, wenn die Verfassung "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen" als mögliche Gründe für ein Impeachment nennt. Und wie Trumps Verhalten einzustufen ist.

Am Abend zuvor hatte Schiffs Intelligence Committee mit den Stimmen der Demokraten einen 300-Seiten-Bericht angenommen, der keinen Zweifel daran lässt, dass die Opposition eine Amtsenthebung für gerechtfertigt hält. Trump habe seine persönlichen über die Interessen der Nation gestellt. Zudem, schreiben die Autoren, sei er der erste Präsident der US-Geschichte, der Impeachment-Ermittlungen komplett blockiere. Während die 13 Demokraten des Ausschusses den Bericht geschlossen absegneten, lehnten ihn die neun Republikaner geschlossen ab. Stimmen aus Trumps Partei wären im Senat aber für seine Absetzung nötig. (Frank Herrmann aus Washington, 4.12.2019)