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Die internationale Klimapolitik sorgt in Madrid für Proteste. Österreichs Fahrplan ist noch offen.

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Gut Ding braucht Weile. Die Veröffentlichung der Stellungnahmen zum Entwurf des nationalen Energie- und Klimaplans, dessen Begutachtungsfrist am Montag zu Ende ging, brauchte jedoch lange – und die bisherigen Anmerkungen fielen auch nicht sehr positiv aus. Rund 50 Rückmeldungen sind nach Angaben des Umweltministeriums eingetroffen, veröffentlicht wurden bis Redaktionsschluss nur zwölf. Zwar sollten alle Wortmeldungen möglichst bis Mittwochmittag hochgeladen werden, wie ein Sprecher am Dienstag meinte. Geschehen ist das allerdings nicht.

Die bisher verfügbaren Einschätzungen von Experten, Interessenvertretungen und NGOs fielen mitunter durchaus kritisch aus – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während Wirtschafts- und Industrievertreter vor zu starken Zusatzbelastungen für den Standort warnten, kritisierten Umweltorganisationen und Wissenschafter die mangelnde Ambition des Entwurfs.

"Zu viele Verbote"

Die Wirtschaftskammer (WKO) etwa kritisierte, dass das Papier – dem man in Summe zustimmen würde – "zu viele Verbote und zu wenige Anreize" enthält, um eine Erneuerung des Energiesystems in Gang zu setzen. Lob gab es seitens der Interessenvertretung für die österreichischen Wasserstoffpläne, Kritik hingegen für die mögliche Streichung der "vermeintlich klimaschädlichen Förderungen". Hier würden "falsche Begriffe falsche Schlussfolgerungen induzieren", gab die Kammer zu bedenken. Details zu der Stellungnahme wurden allerdings nicht veröffentlicht – dazu war der Text zu umfangreich. "Ziel war, einen informativen und guten Überblick" zu geben, hieß es dazu aus dem Ministerium.

Der Flugverkehr soll nicht zusätzlich belastet werden, meint die Industriellenvereinigung.
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Die Industriellenvereinigung (IV) forderte ihrerseits, erneuerbare Energie so effizient und wirtschaftlich wie möglich zu erzeugen. Grüner Wasserstoff solle hierbei auf der Prioritätenliste stehen. Die IV regte zudem an, die Regierung solle eine fahrleistungsabhängige Maut des Pkw-Verkehrs prüfen. In der eigenen Branche fürchtet man hingegen eine Doppelbelastung. Die Industrie würde bereits im Rahmen des Emissionshandelssystems ihren Beitrag leisten, hieß es. Von Gratiszuteilungen war in der Stellungnahme allerdings keine Rede. Die Vereinigung begrüßt jedenfalls fehlende Verbote im Bereich der Mobilität und warnte davor, den Flugverkehr zusätzlich zu belasten.

Folgenabschätzung fehlt nach wie vor

Viel Kritik gab es für die nach wie vor ausständige Folgenabschätzung geplanter Maßnahmen und Politiken. Das Fehlen der Ergebnisse würde eine objektive und sachliche Bewertung erheblich erschweren, monierte die Wirtschaftskammer. Greenpeace nannte die noch nicht eingebrachte Abschätzung "ein klares Versäumnis". Die NGO sieht die von der EU-Kommission eingebrachten Kritikpunkte am Erstentwurf nicht ausreichend eingearbeitet und kritisierte fehlende Sektorenziele in der Land- und Abfallwirtschaft.

Die NGO wie auch die Umweltanwaltschaft Oberösterreich und der Dachverband Erneuerbare Energie gehen davon aus, dass weder die nationalen Klimaziele noch jene des Pariser Abkommens mit den geplanten Maßnahmen erreicht werden können. Der Umweltdachverband forderte die Regierung auf, den Plan "fundamental nachzubessern". Auch die ausstehenden Finanzierungspläne ernteten harsche Kritik. Dort, wo konkrete Eurobeträge genannt wurden – wie etwa im Ausbau des Fahrradverkehrs –, seien die Mittel zu gering angesetzt, meinte beispielsweise die Radlobby.

Kritik kam auch seitens der Wissenschaft: WU-Ökonomin Sigrid Stagl schätzte den aktuellen Entwurf als "zu wenig ambitioniert und daher unzureichend" ein. Und auch die SPÖ forderte in einer Aussendung "dringende Nachbesserungen".

Fehlendes Einverständnis

Gründe für die verzögerte Veröffentlichung der Stellungnahmen gibt es gleich mehrere, wie DER STANDARD in Erfahrung bringen konnte. Zum einen holte das Ministerium erst nach Ende der Begutachtungsfrist das Einverständnis zur Veröffentlichung ein. Einige davon seien noch ausständig, hieß es am Mittwoch.

Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer und Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger bei der Präsentation der "Mission 2030" – diese diente als Grundlage für den Klimaplan.
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Außerdem wurden auch Angaben zum gewünschten Format der Veröffentlichungen offenbar erst nach Ende der Begutachtungsfrist kommuniziert. Einige Stellungnehmende wurden erst am Dienstag und Mittwoch darüber informiert, dass sie die Stellungnahme auf zwei A4-Seiten zusammenfassen, oder aber ein – auch längeres – barrierefreies PDF-Dokument erstellen müssten. Dieses soll Menschen mit Sehbeeinträchtigung das Lesen erleichtern.

Zu Beginn der Begutachtungsfrist war von all dem allerdings nicht die Rede. Auf der Ministeriumshomepage wurde die Öffentlichkeit lediglich dazu eingeladen, Rückmeldungen per E-Mail an das Umweltressort zu schicken. Die entsprechende Seite ist mittlerweile nicht mehr abrufbar.

Dabei drängt die Zeit durchaus: Wie berichtet, soll bereits am 18. Dezember im Ministerrat über den Klimaplan abgestimmt werden. Bis dahin muss auch die bisher noch ausstehende Folgenabschätzung nachgereicht werden. (Nora Laufer, 5.12.2019)